In der Getränkebranche herrscht derzeit eine nie gesehene Dynamik bei der Entwicklung neuer Verpackungsformen. Denn Kunststoffflaschen sind trotz ihrer vielen Vorteile unter Generalverdacht gelangt, früher oder später in der Natur zu landen. Verbraucher greifen deshalb vermehrt zu Glasflaschen. Wie das Aktionsforum Glasverpackung meldet, ist der Absatz von Behälterglas in Tonnen in der ersten Jahreshälfte 2020 um 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen. Ein deutliches Absatzwachstum von 27,8 Prozent verzeichnete die Branche vor allem bei nicht-alkoholischen Getränken wie Wasser, Milch und Saft.
Der Branchenriese Coca-Cola hat die Zeichen der Zeit erkannt, und hat in Deutschland in zwei Glasabfüllungen investiert. Beim Absatz kann sich der Konzern neben dem Umweltgedanken auch auf die Nostalgie der Kunden verlassen, die die bauchigen Colaflaschen noch aus ihrer Kindheit oder aus Filmen kennen. Am Verpackungsmix mit Glas- und PET-Flaschen hält das Unternehmen aber weiter fest. denn auch PET-Flaschen können über Mehrwegsysteme gesammelt, gereinigt und mehrfach verwendet werden. Durch ihr geringeres Gewicht und weniger energieaufwändiges Recycling macht das Material in der Umweltbilanz Boden gut im Vergleich mit Glas.
Bei Flaschenkonzepten mit PET können die Hersteller aber noch einiges herausholen, wie das Schwarzwälder Verpackungsunternehmen Karl Knauer zeigt. Gemeinsam mit dem Systemlieferanten Krones hat das Unternehmen „LitePac Top“ entwickelt und ist damit im Finale für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2021 gesprungen. Statt der sonst üblicherweise eingesetzten Kunststoffschrumpffolie, die zum Konfektionieren der Gebinde benutzt wird, kommt bei „LitePac Top“ ein Kartonträger zum Einsatz. Gemeinsam mit einer Papierbanderole ersetzt der Kartonträger die Folienumverpackung. Die ökologischen Vorteile liegen laut Jury in Material- und Energieeinsparungen, die dadurch erzielt werden. Die darin eingebunden Flaschen bestehen allerdings weiterhin aus PET.
Flaschen sind prädestiniert für die Kreislaufwirtschaft
PET-Flaschen werden nur dann zum Problem, wenn sie nicht zu hochwertigen Produkten wiederverwertet werden können oder aus anderen Gründen aus dem Stoffkreislauf verschwinden, z. B. durch thermische Verwertung in Müllverbrennungsanlagen. Im Idealfall wird aus einer alten PET-Flasche einfach eine neue. PepsiCo Deutschland hat sich dieses Ziel auf die Fahnen geschrieben und will bis Ende 2021 als erstes Getränkeunternehmen hierzulande ausschließlich 100 Prozent recyceltes Plastik (rPET) für seine Flaschen verwenden. In den Umstieg auf recycelten Kunststoff will das Unternehmen sieben Millionen Euro investieren und dadurch 15.000 Tonnen Neuplastik pro Jahr einsparen. Damit übertrifft PepsiCo seine vorherige Ankündigung, bis 2030 in der gesamten Europäischen Union 50 Prozent rPET zu verwenden.
Politik macht Druck bei Einwegverpackungen
Nicht jede Pfandflasche ist auch Teil eines Mehrwegsystems. Einmal benutzt werden sie über die Sammelstellen in den Wertstoffkreislauf für PET zurückgeführt. Damit dieser Anteil noch größer wird, hat sich der Bundesrat im März 2020 dafür ausgesprochen, die Pfandpflicht auf alle Einwegflaschen für Getränke auszudehnen. Der Rat hat dabei die Bundesregierung aufgefordert, bei der zur Umsetzung der europäischen Einweg-Kunststoff-Richtlinie (2019/904/EU) anstehenden Novelle des Verpackungsgesetzes entsprechende Regelungen aufzunehmen. Die mögliche Neuregelung würde neben Kunststoffen auch bestimmte Getränkedosen betreffen, auf die noch keine Pfandpflicht besteht.
Denn viele Getränkehersteller setzen auch weiterhin auf Aluminium- oder Weißblechdosen, die, was den Produktschutz angeht, unschlagbare Eigenschaften mitbringen. So nutzen beispielsweise Brauereien Metallverpackungen gerne, weil das Bier durch Licht an Geschmack einbüßt. Das Problem: Die Dosen können nicht einfach wieder zu neuen Getränkedosen recycelt werden, da es zu Qualitätsverlusten kommt. Diesem Nachteil hat sich das Unternehmen Ball Corporation mit ihrer „Infinity Aluminium Bottle“ angenommen. Dabei handelt es sich um eine Flaschenverpackung, die sich unendlich oft recyceln lässt. Die Flasche besteht aus fließgepresstem Aluminium, das sich neben Getränken auch für Shampoos und Pflegespülungen, Seifen, Körpercremes, Spirituosen, Energy-Shots, Joghurts, Dressings, Sirups, Gewürzen und andere Produkte eignet.
Mit einem völlig neuen Konzept ist die Großbrauerei Carlsberg im letzten Jahr an den Start gegangen: einer Papier-Bierflasche aus nachhaltig gewonnen Holzfasern. Derzeit wird für die innere Beschichtung eine Kunststofffolie verwendet und die Flasche ist damit eigentlich eine Verbundverpackung, mit allen Nachteilen, die dadurch beim Recycling entstehen. Der dänische Konzern hat aber angekündigt, auf eine Lösung ohne Kunststoffe hinzuarbeiten.
Während es sich bei einigen Entwicklungen eher um Nischenprodukte handelt, zeigen die Anstrengungen doch, wie viel sich in der Branche bewegt. Neben den genannten Unternehmen arbeitet jedes Großunternehmen an neuen, nachhaltigeren Verpackungskonzepten – seien es nun Danone, Nestlé und andere. Dabei können die Hersteller auf das Know-how der Anbieter von Packmitteln, Verpackungsmaschinen, des Designs und der Logistik zurückgreifen, die auf der FACHPACK im September 2021 sicher einige überraschende Neuentwicklungen für nachhaltige Getränkeverpackungen in petto haben werden. Eine Möglichkeit, sich mit der Getränkebranche über Innovatives und Inspirierendes zum Thema Verpackungen auszutauschen, ist die neue und ganzjährig verfügbare digitale Dialogplattform myBeviale.com, die bereits Anfang November 2020 startet.
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