Das Naturdenkmal „Wilde Saudeck“ liegt nördlich von Sichenhausen am 670 Meter hohen Rehberg, der wie ein Vulkankegel über dem Tal aufragt. Die heutige Form des Rehberges wurde durch Verwitterung der Kraterfüllung herauspräpariert, obwohl man aus der Ferne meinen könnte, dass die Bergkuppe ein einzelner Vulkankegel sei. Der Name „Wilde Saudeck“ soll darauf zurückzuführen sein, dass die Klippen in ihrem Aussehen dem borstigen Rücken von Wildschweinen ähneln.
Am Fuß des Rehbergs entspringt die Nidder. Ganz in der Nähe lag einst die Wüstung Alt-Sichenhausen, die erstmals 1335 erwähnt und 1550 aufgegeben wurde. Der Forstwirtschaftsweg, auf dem auch die Bonifatiusroute verläuft, quert die noch junge Nidder, nach 250 Metern biegt er rechts ab.
Nur mit leichter Steigung führt der Weg etwa einen Kilometer bergan, linker Hand ragen die bizarren Felsklippen im Abhang hervor und stellen eine der wenigen natürlichen Aufschlüsse im Vogelsberg dar, die durch explosiven Vulkanismus entstanden sind.
Auffällig ist, dass der Geotop „Wilde Saudeck“ aus einem anderen Gestein als der Rehberg selbst besteht, der ein massiver vulkanischer Basanitkörper ist. Basanite gehören zu den jüngeren vulkanischen Produkten des Vogelsbergs mit einem Alter von etwa 16 Millionen Jahren. Eine Schautafel erläutert die Entstehungsgeschichte dieser beeindruckenden Felsklippen und der umgebenden Natur.
Bei den Klippen handelt sich um eine Tuffbrekzie (vom italienischen breccia: Schotter), die durch eine sehr starke Explosion (phreatomagmatische Eruption) im Untergrund entstand, ausgelöst durch das Aufeinandertreffen von aufsteigendem Magma mit einer wasserführenden Grundwasserschicht. Hierbei entstehender Wasserdampf und die Vergrößerung der Oberfläche um das Tausendfache entwickelte eine hohe Sprengkraft. Aufsteigendes Magma und auch das Nebengestein wurden zertrümmert und mitgerissen. Die in der Wilden Saudeck enthaltenen basaltischen Blöcke haben eine Größe bis zu 1,5 Metern und zeigen die Wucht der Explosion. Ein großer Krater entstand. Dieser wurde im Laufe der Zeit als Lavasee wieder mit Basanit verfüllt und erstarrte.
Die entladene Energie lässt sich auch aus der weiteren Zusammensetzung des Gesteins erkennen, denn die Fragmente sind sehr unterschiedlich: Es gibt sowohl große, eckige Stücke aus Basalt als auch helle trachytische Lapilli (nussgroße Lavabröckchen), entstanden aus Glutlawinen bei verheerend großen, früheren Ausbrüchen. Alle Gesteinsarten aus dem Untergrund, die mit der Forschungsbohrung des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie von 2007 nachgewiesen wurden, finden sich in der Schlotbrekzie wieder. Eine geologisch gesehen explosive Zeitepoche, die man im Vulkaneum in Schotten nacherleben kann.
Heute ist es hier ruhig, und rund um das Naturdenkmal hat sich ein großes Vorkommen des Silberblattes (Lunaria rediviva) etabliert, das im Juni fliederfarbig blüht und nachts stark duftet. Die Pflanze liebt den nährstoff- und basenreichen, lockeren Steinschuttboden sowie die hohe Luftfeuchtigkeit in diesem Eschen- Ahorn-Schluchtwald. Vielleicht sind sie schon dort gewachsen, als der Leichenzug mit Bonifatius im Juli 745 hier auf dem Weg von Mainz nach Fulda vermutlich vorbeigekommen ist. Die „Rechte Nidderstraße“ war ein viel begangener Handelsweg im Frühmittelalter und wurde gewählt, weil sie einen besonders flachen Anstieg und den niedrigsten Pass zur Überquerung des Vogelsberges bietet. Im Volksmund wurde sie auch „Frankfurter Straße“, die „Alte Straße“ oder einfach die „Stroaß“ genannt.
Mehr Informationen gibt es auf den Seiten:
Geopark Vulkanregion Vogelsberg e.V. unter:
https://www.geopark-vogelsberg.de/
oder Bonifatiusroute e. V. hier:
https://www.bonifatiusroute.de/
Alle bisherigen Porträts der neuen Naturdenkmal-Geotope sind zum Nachlesen auf der Startseite des Vogelsbergkreises gesammelt www.vogelsbergkreis.de.
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