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– RICS veröffentlicht Global Commercial Property Monitor Q3 2020
– Indizes zur Stimmung auf Immobilienmärkten weltweit weiterhin im negativen Bereich
– Einzelhandels- und Bürosegment stehen vor Disruption, Industriesegment zeigt sich widerstandsfähig
– 64 Prozent der Befragten erwarten negative Marktentwicklung, nur 6 Prozent sehen Talsohle erreicht

Die Ergebnisse des RICS Global Commercial Property Monitor (Miet- und Investitionserwartungen zusammengefasst) für das dritte Quartal 2020 zeigen, dass die Lage auf den Immobilienmärkten angespannt bleibt. Dies ist auf die wirtschaftlichen Auswirkungen durch die COVID-19-Pandemie zurückzuführen. Im Vergleich zum Vorquartal fallen die aktuellen Zahlen für Office weiter, aber insgesamt gibt sich der Markt  etwas weniger pessimistisch, die wichtigsten Stimmungsindikatoren befinden sich aber sowohl auf globaler als auch auf regionaler Ebene weiterhin deutlich im negativen Bereich. Ungeachtet dessen, befindet sich die Weltwirtschaft in einer Phase struktureller Veränderungen, was zu immer größeren Unterschieden zwischen den Assetklassen führt. Büro- und Einzelhandelsimmobilien sind wohl am stärksten von der negativen Entwicklung betroffen, während Industrieobjekte und Rechenzentren eine höhere Widerstandsfähigkeit an den Tag legen. 

Erholung der Weltwirtschaft anfällig für Rückschläge 

Angesichts der erneuten Verschärfung von Kontaktbeschränkungen in weiten Teilen der Welt drohen in vielen Ländern Rückschläge bei der wirtschaftlichen Erholung. Der IWF betont zwar, dass die Prognosen aufgrund der aktuellen Lage mit einer relativ großen Unsicherheit behaftet sind, rechnet aber mit einem Rückgang des weltweiten BIP von -4,4 Prozent, für Industrienationen liegt der Wert sogar bei -5,8 Prozent. Für das nächste Jahr wird laut aktuellen Schätzungen eine Erholung der globalen Wirtschaft von 5,2 Prozent erwartet. Die Industrieländer können die Erwartungen nach der diesjährigen Rezession jedoch nicht vollständig ausgleichen, hier liegt die erwartete konjunkturelle Erholung bei 3,9 Prozent. Europa dürfte von der negativen Entwicklung am stärksten betroffen sein, doch auch die US-Wirtschaft wird im Jahr 2021 voraussichtlich nicht an das Vorkrisenniveau anknüpfen können. 

Die ungünstigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen trüben die Stimmung auf den Gewerbeimmobilienmärkten weiterhin deutlich ein. Der RICS Global Commercial Property Sentiment Index verzeichnet im dritten Quartal einen Wert von -31. Damit liegt der Index zwar leicht über dem Ergebnis von -37 im Vorquartal, es handelt sich aber erneut um einen der schlechtesten Werte seit der weltweiten Finanzkrise. Auf regionaler Ebene verzeichnete die Region Asien-Pazifik im Vergleich zum weltweiten Durchschnitt eine etwas deutlichere Entspannung: Hier stieg der Wert von -38 auf -28. Die übrigen Regionen (Mittlerer Osten, Afrika, Nord- und Südamerika und Europa) lagen im dritten Quartal im Bereich zwischen -32 und -34 und damit nur leicht über den zuvor gemessenen Werten. 

Rückgang der Mieten und Kapitalwerte zu erwarten 

Auf globaler Ebene rechnen im Nettosaldo -31 Prozent der Befragten im kommenden Jahr mit einem Rückgang der Mietpreise in allen Marktsegmenten (Q2: -37 Prozent). Die entsprechende Kennzahl für die Kapitalwerte liegt aktuell bei -27 Prozent, was einem deutlichen Unterschied gegenüber -36 Prozent im Vorquartal entspricht. 

Im regionalen Vergleich liegen die Prognosen in Europa leicht unter dem globalen Durchschnitt. In Ländern wie Spanien, den Niederlanden und Rumänien wird in den kommenden 12 Monaten eine deutlich negative Entwicklung erwartet. In der Region Asien-Pazifik haben sich die Prognosen für die nächsten12 Monate im Vergleich zum Vorquartal leicht eingetrübt, dies gilt insbesondere für Hongkong, Japan, Malaysia und Singapur. In China sind die negativen Erwartungen bezüglich der Miet- und Kapitalwertentwicklung etwas weniger pessimistisch und beschränken sich größtenteils auf die Sekundärmärkte. 

In Nord- und Südamerika fiel der Anteil der Befragten, die rückläufige Mieten und Kapitalwerte erwarten, von -40 bzw. -43 Prozent im zweiten Quartal auf -26 Prozent bzw. -22 Prozent im dritten Quartal. Diese leichte Stimmungsaufhellung gilt insbesondere für die USA, während sich die Prognosen in Brasilien von negativ zu weitestgehend neutral entwickelten. 

Auch im Raum Mittlerer Osten und Afrika ergibt sich ein relativ neutrales Stimmungsbild mit Nettosalden von +2 Prozent und -9 Prozent bei der Miet- bzw. Kapitalwertentwicklung. Dies ist insbesondere auf positive Aussichten in Saudi-Arabien und Teilen von Afrika zurückzuführen, während sich die Prognosen in Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar weiterhin tief im negativen Bereich befinden. 

Deutliche Unterschiede zwischen Marktsegmenten 

Bei der Betrachtung der einzelnen Marktsegmente ergibt sich im Vergleich zu den segmentübergreifenden Durchschnittswerten ein deutlich vielfältigeres Bild. Das Einzelhandelssegment, das vielerorts schon vor der COVID-19-Pandemie vor großen Herausforderungen stand, verzeichnete in den letzten Quartalen einen beschleunigten Anstieg der Leerstandsraten. Auf globaler Ebene liegt das Nettosaldo der Befragen, die einen Anstieg der verfügbaren Einzelhandelsflächen vermeldeten, im dritten Quartal bei +43 Prozent. Zwar ist der Anstieg in Nord- und Südamerika sowie Europa am deutlichsten spürbar, aber auch die Regionen Asien-Pazifik sowie Mittlerer Osten und Afrika verzeichnen eine signifikante Zunahme der Leerstandsraten. Folglich wird ein Rückgang der Mieten für erstklassige Einzelhandelsobjekte um 6 Prozent in den kommenden 12 Monaten erwartet (weltweiter Durchschnitt). Die Prognosen für Einzelhandelsmieten in B-Lagen liegen bei -10 Prozent. 

Die COVID-19-Pandemie hat zudem eine Phase tiefgreifender Veränderungen im Bürosegment eingeläutet, was insbesondere auf die Zunahme von Heimarbeitsplätzen zurückzuführen ist. In den vergangenen zwei Quartalen lag das Nettosaldo der Befragten, die mit einem Nachfragerückgang bei Bürovermietungen rechnen, jeweils bei -69 Prozent. Dabei handelt es sich um die schlechtesten Werte seit der ersten Befragung im Jahr 2008. In den kommenden 12 Monaten wird ein Mietrückgang von -3 Prozent für erstklassige Büroobjekte und -6 Prozent für zweitrangige Büroobjekte erwartet (weltweiter Durchschnitt). 

Im Gegensatz dazu verzeichnete das Industriesegment im dritten Quartal einen Anstieg der Mieternachfrage weltweit. Dies ist insbesondere auf das starke Wachstum in Nord- und Südamerika sowie auf eine solide Erholung in Europa zurückzuführen. Bislang war die Nachfragedynamik im Industriesegment in den Regionen Asien-Pazifik und Mittlerer Osten/Afrika eher verhalten. Die Zahlen für dieses Segment sind demnach weitaus stabiler als für die Segmente Büro und Einzelhandel. Im weltweiten Durchschnitt wird ein Anstieg der Mieten für erstklassige Industrieflächen von 2 Prozent im kommenden Jahr erwartet. Die Prognosen für zweitrangige Objekte liegen jedoch mit -1 Prozent leicht im negativen Bereich. 

Auch die Aussichten für die weitere Assetklassen sind laut den Umfrageteilnehmern uneinheitlich. Am unteren Ende des Spektrums steht das Hotelsegment, für das im nächsten Jahr weltweit eine deutlich negative Miet- und Kapitalwertentwicklung erwartet wird. Am anderen Ende der Skala sind die Prognosen für Rechenzentren durchweg positiv. Das Marktsegment dürfte langfristig von der wachsenden Bedeutung digitaler Plattformen profitieren. Für Mehrfamilienhäuser wird in den nächsten 12 Monaten von einer stabilen Entwicklung der Mieten und Kapitalwerte ausgegangen. Demgegenüber sind die Prognosen für Pflegeeinrichtungen und Studentenunterkünfte erneut leicht im negativen Bereich. 

Befragte rechnen mehrheitlich mit negativer Marktentwicklung 

Ein Anteil von 64 Prozent der Befragten geht davon aus, dass sich ihr lokaler Markt jeweils in einer Abschwungphase des Immobilienzyklus befindet. Dieser Wert liegt mehr oder weniger auf dem Niveau des zweiten Quartals (63 Prozent). Nur 6 Prozent der Befragten halten die Talsohle für erreicht. Im Vorquartal lag dieser Wert noch bei 9 Prozent.

RICS Special Report: Nachhaltigkeit im Gewerbeimmobiliensektor

Im Rahmen des RICS Global Commercial Property Monitor Q3 2020 wurden die Teilnehmer auch dazu befragt, inwieweit sich die Präferenzen hinsichtlich nachhaltiger Bauweisen im vergangenen Jahr verändert haben, wie sich dies auf die Mieten und Kapitalwerte auswirkt und welche Bedeutung ESG-Faktoren für Investitionsentscheidungen haben. 

Steigende Nachfrage nach „Green Buildings” 

Die Umfrageergebnisse deuten im gesamten Gewerbeimmobiliensektor darauf hin, dass die Mieter- und Investorennachfrage nach nachhaltigen Gebäuden in den vergangenen 12 Monaten weiter gestiegen ist. Auf globaler Ebene geben knapp 40 Prozent der Befragten an, dass die Mieternachfrage nach Gebäuden mit Umweltzertifizierung im letzten Jahr moderat gestiegen ist. In Europa liegt dieser Anteil mit  ca. 43 Prozent der Teilnehmer etwas höher. Die Region Asien-Pazifik scheint sich hingegen zum Vorreiter zu entwickeln. Hier haben über 50 Prozent der Befragten einen Anstieg festgestellt. 

Insgesamt ist jedoch festzuhalten, dass ein verhältnismäßig hoher Anteil der Befragten weltweit und in allen Regionen keinen Anstieg der Mieternachfrage nach Gebäuden mit Umweltzertifizierungen wahrgenommen hat. Insbesondere in Nord- und Südamerika geben knapp 60 Prozent der Teilnehmer an, dass die Mieternachfrage nach nachhaltigen Immobilien auf Vorjahresniveau liegt. Andererseits haben weniger als 5 Prozent der Befragten weltweit einen Rückgang der Mieternachfrage in diesem Bereich beobachtet. 

Auf Investorenseite haben ca. 47 Prozent der Befragten weltweit einen Anstieg der Investorennachfrage nach Gebäuden mit der Umweltzertifizierung „Green Building” wahrgenommen, während ein ebenso großer Anteil keine Veränderung festgestellt hat. Dennoch haben mehr als die Hälfte der Befragten aus Europa und dem Raum Asien-Pazifik einen Anstieg des Interesses an nachhaltigen Gebäuden beobachtet. In Nord- und Südamerika ist der Anteil der Befragten, die diese Sichtweise vertreten, am geringsten. Hier haben ca. ein Drittel der Befragten ein erhöhtes Investoreninteresse an nachhaltigen Immobilien festgestellt, während mehr als 50 Prozent keine Veränderung sehen.  

Deutschland: Wachsende Trennung zwischen Mieter- und Investorenverhalten

Die Stimmung unter den Immobilienexperten in Deutschland ist insgesamt zwar negativ, aber nicht so stark wie in anderen Ländern. So verharrt  der Mietmarktindex „Occupier Sentiment Index (OSI)” im dritten Quartal 2020 weiterhin bei -36 Punkten (Vorquartal -36 Punkte), während der Investmentmarktindex „Investment Sentiment Index (ISI)” sogar eine Erholung verzeichnete und bei -13 liegt (Vorquartal -19). Damit wird eine wachsende Trennung zwischen Mieter- und Investorenstimmung verzeichnet.

Susanne Eickermann-Riepe FRICS, Vorstandsvorsitzende der RICS Deutschland: „Der Downturn setzt sich fort, auch wenn die Daten in Deutschland im globalen Vergleich zu den besseren gehören. Die Einschätzung zur Nachfrage nach Büroflächen ist weiter im Sinkflug, aber der Markt wird trotzdem als teuer beurteilt. Erstmals deutet sich eine Trennung zwischen Mieter- und Investorenverhalten an. Während Investoren weiterhin investieren und sich die Einschätzung geringfügig verbessert hat, sehen Mieter einen deutlich geringeren Bedarf. Je weiter sich diese Schere auseinander entwickelt, umso dramatischer kann das Erwachen der Investoren werden, wenn Mietverträge sukzessive auslaufen und sich der dann erforderliche Flächenbedarf reduziert. Kommen dann noch die steigenden Nachhaltigkeitsforderungen hinzu, könnte das eine oder andere Asset ´stranden´. Allerdings ist bei den Ergebnissen der Befragung festzustellen, dass Investoren dieses bereits ahnen und daher die gestiegenen Nachhaltigkeitsanforderungen mit rund 62 Prozent (13 Prozent deutliche Änderung / 48 Prozent geringe Änderung) stärker auf die Kriterien achten als Mieter, die hier noch hinterher hinken mit 5 Prozent bei deutlicher Änderung (51 Prozent geringe Änderung).“

Die Büronachfrage ist weiter rückläufig, was sich auch in der Befragung mit -64 Prozent im dritten Quartal gegenüber -55 Prozent im zweiten Quartal zeigt, wobei die Erwartungen an die Spitzenmieten unverändert bleiben und der Rückgang der prognostizierten Mieten für Sekundärstandorte von -3,3 Prozent im zweiten Quartal auf -4 Prozent im dritten Quartal weiter fortschreitet. Die Kapitalwerterwartungen zeigen ein unterschiedliches Bild bei den Assetklassen. Sie sind am stärksten für Rechenzentren, Mehrfamilien- und Logistikimmobilien, am schwächsten für Hotels und den sekundären Einzelhandel. Zudem ist die Nachfrage ausländischer Investoren laut RICS-Umfrage im dritten Quartal in allen Assetklassen rückläufig. Rund die Hälfte der Befragten beurteilt den Markt im Abschwung, dennoch schätzen rund 80 Prozent ihn als immer noch teuer an. In einer zusätzlichen Befragung zum Thema Nachhaltigkeit gaben 55 Prozent der Befragten in Deutschland an, dass die Mieternachfrage nach Gebäuden mit Green Building-Zertifizierung im vergangenen Jahr gestiegen ist (weltweit 41 Prozent). Drei Viertel der Umfrageteilnehmer geben jedoch an, dass Investoren, die Interesse an ESG-bezogenen Faktoren bekunden, ihre Entscheidungen aber immer noch auf der Grundlage traditioneller Finanzdaten treffen.

„Investoren reagieren stärker auf steigende Nachhaltigkeitsanforderungen bei ihren Investments als die Mieter bei ihrer Nachfrage nach Flächenbedarf. Global ist deutlich zu erkennen, dass Nachhaltigkeit in den Fokus und das Handeln aufgenommen wurde. Die ESG-Anforderungen sind gekommen, um zu bleiben. Gut beraten ist, wer sich darauf vorbereitet“, so  Eickermann-Riepe abschließend.

Über RICS Deutschland

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