Im Corona-Pandemie-Jahr 2020 zeigt sich, dass eine große Mehrheit in Deutschland das liberale demokratische Gesellschaftsmodell trägt und unterstützt. In der aktuellen Leipziger Autoritarismus-Studie ist mit Dreiviertel der Befragten die Zustimmung zur Demokratie "wie sie in der Verfassung festgelegt ist" auf einem hohen Niveau. Knapp 6 von 10 Befragten befürworten die "Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert" – ein Anstieg im Vergleich zu 2018. Dabei zeigen sich vielfältige regionale Unterschiede. Diese Zufriedenheit kann gestärkt werden, wenn Demokratie als gestaltbar erlebt wird.

"Autoritäre Dynamiken. Alte Ressentiments – neue Radikalität" heißt die Untersuchung der Universität Leipzig, die in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung (Berlin) und der Otto Brenner Stiftung (Frankfurt/Main) erstellt worden ist. Sie ist heute von den Projektleitern Prof. Dr. Oliver Decker und Prof. Dr. Elmar Brähler in Berlin vorgestellt worden.

Manifeste ethnozentrische Einstellungen sind von 23,4 auf 16,5% gesunken, trotzdem sind sie wie Chauvinismus und Ausländerfeindlichkeit hoch und damit ein Problem. Autoritäre, extremistische Einstellungen bleiben eine Bedrohung für die offene, demokratische Gesellschaft. Auch wenn sich die Verbreitung manifester rechtsextremer Einstellungen insgesamt reduziert hat (4,3%), haben sich gerade bei rechtsextrem eingestellten Personen neonazistische Ideologien verfestigt, wie sie etwa in der Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur oder von Antisemitismus zum Ausdruck kommen.

Dr. Ellen Ueberschär, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, erklärt zum heutigen Erscheinen der Studie: "Die Heinrich-Böll-Stiftung steht für eine inklusive politische und aktivierende Bildungsarbeit und für eine Verteidigung der offenen Gesellschaft. Demokratische Akteurinnen und Akteure vor Ort, in urbanen wie in ländlichen Kontexten, müssen gestärkt und zugleich befähigt werden, sich auch mit Gegnern der offenen Gesellschaft auseinanderzusetzen. Lebendige Demokratie bedeutet, sich aus der eigenen Komfortzone hinauszubewegen, neue Allianzen mit demokratischen Kräften einzugehen und sich thematisch breit aufzustellen."

Für Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung, ist die Frage von großer Bedeutung, wie den neuen autoritären Dynamiken etwas entgegengesetzt werden kann. In diesem Zusammenhang ist die Erkenntnis der Untersuchung von besonderer Relevanz, dass "positive Erfahrungen der Beteiligung, Solidarität und Anerkennung wesentliche Bausteine einer demokratiestärkenden Arbeit sind. Viele Enttäuschungen in einer Demokratie sind deshalb auch im Kontext der Umwälzungen in der Arbeitswelt zu sehen. So kann die Studie erstmals zeigen, dass demokratische Enttäuschungen – aber auch demokratische Resilienzen – eng mit Partizipations- und Beteiligungserfahrungen (oder deren Ausbleiben) am Arbeitsplatz zusammenhängen."

Zur Studie: Die Leipziger Studien zu autoritären und rechtsextremen Einstellungen in Deutschland werden seit 2002 alle zwei Jahre von einer Arbeitsgruppe um Oliver Decker und Elmar Brähler der Universität Leipzig durchgeführt. Die aktuelle Leipziger Autoritarismus-Studie basiert auf einer repräsentativen Erhebung mit 2.503 Befragten. Rechtsextremismus wird entlang von sechs Dimensionen erfasst: Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus. Zunächst als "Mitte"-Studien der Universität Leipzig bekannt geworden, liegt seit 2018 der Schwerpunkt auf der Untersuchung autoritärer Dynamiken. Die Studie der Uni Leipzig wurde 2020 von der Heinrich-Böll-Stiftung und der Otto Brenner Stiftung unterstützt.

Weitere Informationen mit Links

Das komplette zweite Kapitel der Studie, das alle Ergebnisse und deren Langzeitverlauf anhand von zahlreichen Grafiken beschreibt sowie die Methode der Erhebung erklärt

"Autoritäre Dynamiken. Alte Ressentiments – neue Radikalität. Leipziger Autoritarismus-Studie 2020" erscheint im Psychosozial-Verlag und kostete 24,90 Euro

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Die Autoren: Prof. Dr. Oliver Decker, Universität Leipzig, Mobil: 0176 24821940, E-Mail: oliver.decker@uni-leipzig.de

Prof. Dr. Elmar Brähler, Universität Leipzig, Mobil: 0151 527 37 886, E-Mail: elmar.braehler@medizin.uni-leipzig.de

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