Nicht nur für die Landwirte, auch für die Molkereien ist die aktuelle wirtschaftliche Lage sehr herausfordernd: Denn beide Seiten kämpfen mit Kostensteigerungen, die am Markt nicht honoriert werden. Hinzu kommt, dass die Pandemie die Rentabilität der Molkereien deutlich geschmälert hat: „Die Organisationsaufwendungen sind durch Corona enorm gestiegen und Pandemiepläne kostenintensiv“, erklärt Peter Stahl, Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes.
Was kann und muss aus Sicht des MIV getan werden?
Demonstrationen – wie die in der vergangenen Woche – tragen nicht dazu bei, das Problem zu lösen. Vielmehr müssen die Molkereien und die Landwirte gemeinsam darauf hinarbeiten, die Vermarktung und damit einhergehend auch die Kommunikation für die Milch zu stärken. Hinzu kommt, dass jeder seinen Einfluss auf die Agrarpolitiker geltend machen kann. Wenn Änderungen gewünscht werden, muss man seine Mehrheiten finden. Die Endverhandlungen zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2023 laufen gerade. Der MIV setzt sich weiterhin für einen marktwirtschaftlichen Ansatz ohne staatliche Mengensteuerung ein.
Aus Sicht des MIV ist ein Baustein, um die Situation zu entspannen, Exporte weiter zu fördern, um Märkte zu sichern und damit auch langfristig einen guten Milchpreis sicherzustellen. Gerade die andauernden Handelskriege mit den USA oder Russland schaden der Milchvermarktung. Erschwerend hinzu kommt der drohende Brexit. Mengenbeschränkende Maßnahmen sind nur zielführend, wenn von Anfang an klargestellt wird, welche Länder ihre Produktion drosseln sollen. Leider zeigen die aktuellen Entwicklungen eine andere Tendenz: Alle großen Milchländer dehnen derzeit die Produktion aus. „Die Politik kann der Milchbranche auch substanziell helfen, indem sie dafür sorgt, dass die Molkereien nicht von Kostensteigerungen erdrückt werden, wie zum Beispiel durch Änderungen im Verpackungsrecht oder Kennzeichnungsrecht“, sagt Stahl. „Das alles kostet Geld.“
Geforderten Preiserhöhungen nicht realistisch
Die Molkereien kennen die wirtschaftlichen Verhältnisse auf den Höfen sehr gut. Eine plakative Forderung von "mindestens 15 Cent mehr pro Liter Milch" (plus 40 Prozent) hilft jedoch nicht. Denn die Marktpreise der Rohmilch richten sich nach Angebot und Nachfrage. Hinzu kommt, dass die Märkte untereinander verbunden sind: Ca. 15 Prozent der europäischen Milch werden am Weltmarkt zu Weltmarktpreisen abgesetzt. Auch diese schwanken und dies bei volatilen Devisenkursen. 50 Prozent der deutschen Milcherzeugnisse werden im Ausland verkauft, das meiste im EU-Binnenmarkt. Darüber hinaus ist Deutschland ein großer Importeur von Milcherzeugnissen. Die geforderte Preiserhöhung ist aus unserer Sicht nicht einfach so zu realisieren. Außerdem ist der Protest für eine nationale Preiserhöhung in den Augen des MIV der falsche Ansatz. Der MIV erwartet kurzfristig keine drastischen Preissteigerungen, die eine Preiserhöhung wie die geforderten 40 Prozent folgen lassen könnten. Der deutsche Milchpreis liegt meistens im Durchschnitt der europäischen Nachbarn und voraussichtlich wird sich das auch nicht ändern. Zu Bedenken ist, dass einige Kostenpositionen auf den Höfen dem Berufsstand selbst zuzuschreiben sind: Höhere Pacht/ Landpreise werden zwischen den Landwirten direkt verhandelt.
Die protestierenden Organisationen fordern außerdem, dass alle Molkereien gleichzeitig ihre Preise gegenüber den Abnehmern anheben sollen, um die Forderungen erfüllen zu können. Preisabsprachen sind aber nach deutschem und europäischem Kartellrecht streng verboten.
Molkereien und Landwirte müssen sich in einem schwierigen Marktumfeld behaupten. Dies gelingt nur, wenn beide Seiten in einen gemeinsamen Dialog treten. Dazu tragen Forderungsschreiben, die in den Betriebsstätten unser Mitgliedsunternehmen abgegeben werden, leider nicht bei.
Weitere Informationen rund um Milch finden Sie unter:
milchindustrie.de | milkipedia.de | milch-im-blut.de
Der Milchindustrie-Verband e.V. (MIV) repräsentiert etwa 80 leistungsstarke, mittelständische Unternehmen der deutschen Milch- und Molkereiwirtschaft. Mit rund 27 Milliarden Euro Jahresumsatz ist die Milchindustrie der größte Bereich der deutschen Ernährungsbranche.
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