In dem groß angelegten CRADA-Forschungsprogramm der FDA sollen in Kooperation mit der Firma Emulate bestehende Organ-Chips mit menschlichen Zellsystemen für besonders relevante Forschungsbereiche eingesetzt werden. Zum Einsatz kommen neben Gehirn-Chips für die Alzheimer-Forschung, Leber-Chips für Giftigkeitstestungen und Darm-Chips für die Untersuchung der Darmflora vor allem auch Lungen-Chips für die Corona-Forschung. Anhand der Lungen-Chips, die die Eigenschaften der menschlichen Lunge beeindruckend widerspiegeln, soll die Wirkung von Corona-Impfstoffen untersucht werden sowie die Immunreaktion gegen das Virus SARS-CoV-2.
Im Vordergrund steht die Frage, warum infizierte Menschen ein derart breites Spektrum an Symptomen aufweisen und warum Krankheitsverläufe sich so stark unterscheiden. Konkret werden die Lungen-Chips, die komplexe menschliche Lungenzellmodelle enthalten, mit verschiedenen SARS-CoV-2-Stämmen infiziert und die Immunreaktionen untersucht. Das System soll vor allem auch der zuverlässigen Wirksamkeits- und Sicherheitstestung von Impfstoffen im Rahmen ihrer Zulassung dienen.
Ein grundsätzlicher Vorteil der Organ-Chips liegt darin, dass sie personalisierbar sind. Das heißt, die komplexen Lungenmodelle können basierend auf Zellen verschiedener Spender (gesunder und erkrankter) generiert werden und konservieren in vitro – also im Reagenzglas – die individuellen Eigenschaften des jeweiligen Spenders.
Im CRADA-Programm sollen eine ganze Reihe an Organ-Chips untersucht werden, um im Rahmen des Medikamenten-Zulassungsprozesses der FDA die Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln daran zu testen, sowie deren Wirkmechanismen. Bei dem aktuell verabschiedeten Forschungsprogramm handelt es sich bereits um die Fortsetzung des ersten erfolgreich abgeschlossenen Kollaborationsprojektes, das im Jahr 2017 gestartet wurde. Die FDA begründet das Programm mit einer Verbesserung der Vorhersagekraft für humanrelevante Sicherheits-Anwendungen, die man sich von den neuen humanbasierten Testsystemen verspreche und weist darauf hin, dass Tierversuche hier erhebliche Nachteile aufweisen.
Grundsätzlich wird den modernen tierversuchsfreien Forschungsmodellen wie Organ-Chips in den USA ein deutlich höherer Stellenwert für regulatorische Anwendungen zuerkannt als hierzulande. Institutionen wie die FDA oder auch die NIH (National Institutes of Health) kooperieren regelmäßig mit entsprechenden Entwicklern, was zu einer progressiven und zielgerichteten Optimierung der Modelle führt. Das kürzlich von der EPA (US-Behörde für Umweltschutz und zum Schutz der menschlichen Gesundheit) verabschiedete Strategiepapier zum Ausstieg der USA aus Tierversuchen für gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitstestungen von Chemikalien bis 2035 wird die Förderung der tierversuchsfreien Forschungsmethoden sicherlich zusätzlich anfeuern. „Wir fordern von der Bundesregierung und auch von der EU eine konkrete politisch verankerte Strategie zum Ausstieg aus den Tierversuchen“, sagt Dr. Tamara Zietek, Wissenschaftskoordinatorin bei Ärzte gegen Tierversuche. „Eine proaktive Förderung moderner tierversuchsfreier Forschungsmethoden wie es die FDA vormacht, wünschen wir uns auch von den deutschen und den EU-Behörden.“
Quellen:
Emulate Signs Collaborative Agreement with the FDA to Apply Lung-Chip to Evaluate Safety of COVID-19 Vaccines and Protective Immunity Against SARS-CoV-2. Emulate Inc., 29.10.2020
https://www.emulatebio.com/press/fda-organ-chip-crada-2020
Repurposing approved drugs for COVID-19 at an accelerated pace. WYSS Institute, 16.06.2020
https://wyss.harvard.edu/news/repurposing-approved-drugs-for-covid-19-at-an-accelerated-pace/
FDA to Use Lung Chip Model for Covid-19 Testing. Science & Enterprise, 30.10.2020
https://sciencebusiness.technewslit.com/?p=40206
Weitere Informationen:
Corona und Tierversuche – News und Infos >>
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