Bislang stand zumeist die Stadt im Vordergrund der Raumplanung. Doch immer klarer wird, dass die ländlichen Regionen, die die Stadt umgeben, einen wichtigen Einfluss auf urbane Räume haben, etwa beim Klima, bei der Energieversorgung, beim Wassermanagement oder bei der Verkehrsplanung. Wie auf diesen Gebieten die Zusammenarbeit zwischen Städten und ländlichen Räumen aussehen könnte, steht im Zentrum der Konferenz "Sustainable & Resilient Urban-Rural Partnerships", zu der im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) am 26. und 27. November online und in Leipzig zusammenkommen.

Nachhaltig und resilient – das sind die Anforderungen, die künftig noch drängender als bislang an das intakte Miteinander von Stadt und Land gestellt werden. Nachhaltigkeit ist gefordert, weil es gilt, zum Beispiel Umweltverschmutzung durch eine intelligente Verkehrspolitik zu vermeiden, vorhandene Gebäude und Räume effizient zu nutzen oder den Energie- und Ressourcenverbrauch zu minimieren. Resilienz brauchen die Städte mitsamt den sie umgebenden Regionen, damit sie bei großen Krisen wie beispielsweise Pandemien, Hochwasserereignissen oder ökonomischen Schieflagen ihre Funktionsfähigkeit erhalten können. "Ziel der Konferenz ist, dass sich nationale und internationale Wissenschaftler, Politiker und Praktiker dazu auf Augenhöhe austauschen, damit faktenbasierte Entscheidungen getroffen werden", sagt die UFZ-Stadtsoziologin Prof. Sigrun Kabisch, die gemeinsam mit Dr. Stephan Bartke vom Umweltbundesamt die Konferenz verantwortet.

Wie sich das Verhältnis zwischen Stadt und Umland verändern kann, zeigt sich zum Beispiel in Folge der Corona-Pandemie. Junge Familien zieht es mit ihren Kindern vermehrt aus den Städten ins Grüne, weil sie dort ein eigenes Haus samt Garten oder zumindest mehr Natur in der Umgebung haben. "Die alleinige Forschungsperspektive auf die Stadt, die stark auf die Folgen der Verdichtung der Bausubstanz, der Luftverschmutzung oder den Mangel an Grünflächen ausgerichtet war, reicht nicht mehr aus. Weil das Umland immer wichtiger wird, um Probleme zu lösen, sind neue regionale Entwicklungs- und Kooperationsmuster gefragt. Der Anspruch, verstärkt über die Stadtgrenze hinaus zu denken, ist neu", sagt Sigrun Kabisch auch als Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats der EU-Joint Programming Initiative (JPI) "Urban Europe".

Vorgestellt wird auf der zweitägigen Konferenz, auf der Bundesforschungsministerin Anja Karliczek, der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer und Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung sprechen werden, auch die Neuauflage der Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt, deren erste Version im Jahr 2007 von den für Stadtentwicklung zuständigen Ministern aller EU-Mitgliedstaaten beschlossen wurde. Sie forderte Strategien, um integrierte Stadtentwicklungsansätze mit Blick auf die quartiersbezogene Stadtentwicklung zu stärken. 13 Jahre später soll die Leipzig-Charta während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft aktualisiert werden. Die neue Leipzig Charta schließt ein, dass nachhaltige und resiliente Stadtentwicklung als Teil integrierter Regionalentwicklung gedacht werden muss. Die Städte samt ihren Regionen stehen vor neuen Herausforderungen wie zum Beispiel dem Umgang mit Pandemien, darauf müssen sie reagieren", sagt Sigrun Kabisch. Die zuständigen EU-Minister werden die neue Leipzig-Charta Anfang Dezember unterzeichnen.

Einen der sechs Hauptvorträge auf der Konferenz hält Maria Vassilakou, die als ehemalige Wiener Vizebürgermeisterin das Ressort für Stadtentwicklung leitete und damit maßgeblich den nachhaltigen Umbau der österreichischen Hauptstadt zu einer der lebenswertesten Metropolen weltweit verantwortete. Ein weiterer renommierter internationaler Gast ist Prof. David Simon von der Royal Holloway University of London. Er spricht anhand konkreter Beispiele darüber, wie Städte und ländliche Räume gemeinsam nachhaltige Partnerschaften zum gegenseitigen Nutzen aufbauen können. Ergänzt werden diese Vorträge durch Sessions, auf denen aktuelle Forschungsthemen wie regionale Kreislaufwirtschaft, Landnutzungsmanagement, Digitalisierung und Umgang mit Extremereignissen im Kontext von stadtregionaler Entwicklung präsentiert werden. In einer von den UFZ-Forschern Prof. Christian Kuhlicke und Dr. Mariana M. de Brito geleiteten Session wird das Thema Paradoxien der Resilienz aufgegriffen. Ein Beispiel aus Deutschland dafür ist, dass die Politik in hochwassergefährdeten Gebieten unbeabsichtigt das Katastrophenpotenzial erhöht. So veranlasst beispielsweise der Bau von Hochwasserschutzdeichen die Eigentümer dazu, mehr in ihr Eigentum zu investieren, wodurch sich das Schadenspotenzial im Falle eines Deichbruchs erhöht. In einer anderen, von der UFZ-Stadtgeographin Dr. Ellen Banzhaf geleiteten Session werden Ergebnisse aus deutsch-chinesischen Forschungsprojekten vorgestellt und gezeigt, wie dort soziotechnische und naturbasierte Lösungen in den Bereichen Luftverschmutzung, Lärm, Abfallmanagement, ökologische Nahrungsmittelproduktion oder Ökotourismus an der Schnittstelle zwischen Stadt und Land zum Einsatz kommen.

Die Konferenz URP2020 wird veranstaltet vom Begleitvorhaben der Forschungsinitiative "Stadt-Land-Plus" in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und der Stadt Leipzig. Die URP2020 wird finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Link zum Programm: www.urp2020.eu

Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.
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Über Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
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