89 Prozent aller Europäer sagen, die EU sollte eine größere Rolle in der Bekämpfung der Pandemie spielen und 91 Prozent sind der Meinung, die Mitgliedstaaten müssten in der Krise enger zusammenarbeiten. 90 Prozent der Europäer geben laut der eupinions-Studie an, sich an die Verhaltensregeln ihrer Regierungen zu halten. 70 Prozent sagen, dass sie eine Maske tragen, wenn sie von vielen Menschen umgeben sind.
Europaweit nur schwach ausgeprägt ist die Tendenz, einem einzelnen Land die Schuld am Ausbruch der Pandemie zuzuschreiben. Im Gegensatz zur Eurokrise, in der die zerstörerische Kraft von Schuldzuweisungen pragmatisches Krisenmanagement lange Zeit verhindert hat, sind die Europäer dieses Mal nicht geneigt, mit dem Finger auf andere zu zeigen. 72 Prozent von ihnen wollen nicht einen einzelnen Staat für das Virus verantwortlich machen.
Zusätzlichen Schub bekommt der europäische Gedanke durch eine weitere Erkenntnis der im Juni 2020 durchgeführten eupinions-Befragung: Europäer mit einem hohen Empathie-Level sind noch stärker bereit sich an einer gemeinschaftlichen Kraftanstrengung zu beteiligen. Das gilt sowohl für ihren individuellen Einsatz als auch für einen gemeinschaftlich europäischen. 93 Prozent der Europäer mit hohem Empathie-Level sagen, dass sie sich an die Verhaltensempfehlungen halten, bei den schwach-Empathischen sind es 86 Prozent. 76 Prozent der stark-Empathischen sagen, dass sie konsequent Masken tragen. Bei den schwach-Empathischen liegt der Wert bei 64 Prozent.
Politiker:innen tragen eine besondere Verantwortung
Für europäische Staats- und Regierungschefs bedeutet dies, dass sie für ihre weitreichende europäische Krisenpolitik auch weiterhin auf die Unterstützung einer großen Mehrheit der Europäer bauen können. „Empathie ist eine wertvolle Ressource, wenn es darum geht, die Bürger Europas für gemeinsame europäische Politik zu gewinnen“, sagt Isabell Hoffmann, Co-Autorin der Studie und Gründerin von eupinions.
In der gesamten EU gibt es etwas mehr Menschen mit hohem Empathie-Level (55 Prozent) als Menschen mit niedrigem Empathie-Level (45 Prozent). Menschen, die weiblich (65 Prozent), oder älter sind (61 Prozent der 56-70-Jährigen) oder sich politisch links der Mitte verordnen (61 Prozent), sind empathischer als Menschen, die jünger oder wohlhabender sind oder sich politisch rechts der Mitte verorten.
Einfühlungsvermögen, das zeigt die wissenschaftliche Forschung, ist eine Eigenschaft, die individuell unterschiedlich ausgeprägt ist, die aber auch durch das Umfeld gestärkt oder geschwächt werden kann. „Politiker:innen tun daher gut daran, diesen Effekt klug einzusetzen“, sagt Hoffmann. „Sie tragen eine besondere Verantwortung, denn sie haben die Wahl, mit ihrem Stil und ihrer Rhetorik den Ton der öffentlichen Debatte zu setzen und damit auch die Haltung der Bevölkerung maßgeblich zu beeinflussen.“ Viele Menschen seien nur allzu bereit zu glauben, dass die Welt voller Egoismus sei, aber „die Pandemie zeigt uns, dass Menschen durchaus bereit sind, sich für das Allgemeinwohl persönlich einzusetzen.“
Zusatzinformationen
„eupinions“ ist das europäische Meinungsforschungs-Instrument der Bertelsmann Stiftung, das zusammen mit Prof. Dr. Catherine de Vries, Bocconi Universität Mailand und Dalia Research Berlin entwickelt wurde. Damit werden vier Mal pro Jahr EU-Bürger zu europäischen Themen befragt. Die aktuelle Befragung fand im Juni 2020 statt und ist mit 12.956 Befragten repräsentativ für die EU und die sieben Mitgliedstaaten: Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Spanien, die Niederlande und Belgien. Ausführliche Informationen zur Methodik der Umfrage finden Sie im Methodenanhang der Studie.
Die Studie und weitere europaweite Umfragedaten finden Sie unter www.eupinions.eu
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