Am 9. Dezember 2020 nahmen rund 270 Interessierte an der C.A.R.M.E.N.-WebKonferenz über die Planung und Realisierung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen teil. Insbesondere Planungsunternehmen, Landwirtinnen und Landwirte, sowie kommunale Akteurinnen und Akteure nutzen das Informationsangebot und tauschten sich intensiv im Live-Chat aus.

Die Veranstaltung startete mit einer Videobotschaft des Bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger, der die herausragende Bedeutung der Photovoltaik für die Energiewende vor Ort betonte. Die Erweiterung auf jährlich 200 mögliche Zuschläge bei PV-Ausschreibungen im benachteiligten Gebiet sei eine richtige und wichtige Entscheidung gewesen. Gleichzeitig sehe Aiwanger noch ein großes Potenzial, um Ökonomie und Ökologie noch stärker als bisher in Einklang zu bringen: „Wie können wir Photovoltaik-Freiflächen nicht nur für die Energienutzung sinnvoll einsetzen, sondern auch ökologisch aufwerten oder mit Agri-PV doppelt nutzen?“ richtete er sich an die anwesenden Expertinnen und Experten.

Moderiert wurde die C.A.R.M.E.N.-Veranstaltung von Emil Gehring vom Bayerischen Bauernverband, der sogleich zum einleitenden Fachvortrag von Christian Dürschner (Ingenieurbüro Dürschner) überleitete. Dieser gab einen Überblick über den Status Quo der Freiflächenanlagen in Bayern. Im Vergleich zu anderen Flächennutzungen seien Solarparks effizient und umweltschonend, betonte Dürschner zu Beginn. Aufgrund der ausgereifteren Technik könnte mittlerweile auch mit einer Ost-West-Ausrichtung oder senkrechtaufgeständerten Modulen sinnvoll Strom erzeugt werden. Auch in der Doppelnutzung mit Agri-PV sehe er zukünftig neue Möglichkeiten für Anlagenbetreibende. 

Eine ökologische Sichtweise brachte Gerhard Suttner vom Bayerischen Landesamt für Umwelt in die Diskussion ein. In Bezug auf das Landschaftsbild plädierte Suttner dabei für kleinere Anlagen bis 750 kW und die begleitende Pflanzung von Gehölzsäumen. Mit wenigen Ausnahmen sei der Bau von Freiflächenanlagen aus ökologischer Sicht zu befürworten, insbesondere dann, wenn vormals landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen auf diesem Wege extensiviert würden.

Die praktische Umsetzung ökologischer Maßnahmen innerhalb von PV-Freiflächenanlagen verdeutlichte Andreas Engl (regionalwerke GmbH & Co. KG) in seinem Vortrag. Unter anderem stellte er das „EULE-Projekt“ vor. Gemeinsam mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf entwickele die regionalwerke GmbH & Co. KG aktuell ein Auditierungssystem für die Bewerbung ökologischer Maßnahmen. Eine entsprechende Vermarktung des so erzeugten Stroms könne die umweltfreundliche Energieerzeugung fördern.

Den rechtlichen Fragestellungen rund um den Bau und Betrieb von Solarparks widmete sich die Rechtsanwältin Dr. Bettina Hennig (von Bredow Valentin Herz). Aktuell müssten sowohl Freiflächen- also auch Dachanlagen über 750 kWp erfolgreich an einer Ausschreibung teilnehmen, um eine Vergütung zu erhalten. Im aktuellen Gesetzesentwurf zum EEG 2021 ändere sich dabei für Freiflächenanlagen nur wenig. Den Prozess zur Entwicklung der EEG-Novelle bewertete Dr. Henning insgesamt als sehr kurzfristig und kritisch.

Tim Boldt (Moeller Operating Engineering) konzentrierte sich im Anschluss auf die planungsrechtlichen Details. Für viele Freiflächenanlagen sei eine Zertifizierung notwendig, bevor sie in das öffentliche Stromnetz einspeisen dürften. Der rechtliche Rahmen werde dabei im Wesentlichen in Normen und technischen Anschlussregelungen vorgegeben. Dabei existieren EU-weite Regelungen, die jedes Land individuell in nationales Recht umzusetzen habe.

Von der Baugenehmigung über den Bebauungsplan bis hin zum Umweltbericht berichtete die Projektiererin Corinna Vogt (greenovative GmbH). Zunächst sei die Eignung der Fläche umfassend zu bewerten. Neben allen weiteren erforderlichen Schritten empfehle es sich stets, die Öffentlichkeit frühzeitig mit einzubeziehen, um die Akzeptanz vor Ort zu fördern. Während der eigentliche Bau der Anlage etwa zwei bis drei Monate in Anspruch nehme, könne man laut Vogt für das gesamte Prozedere rund sechs bis zwölf Monate ansetzen.

Zwei Praxisbeispiele und eine abschließende Diskussionsrunde vervollständigten das Tagungsprogramm. Katharina Habersbrunner (Bürgerenergiegenossenschaft eG „BENG“) und Florian Weh (renergie allgäu e.V.) berichteten von ihren Energiewende-Projekten vor Ort. Mit einem 2011 realisierten PV-Park-Projekt von insgesamt 3 MWp PV-Leistung habe die Bürgerenergiegenossenschaft ein positives Beispiel für die Region geschaffen, fasst Habersbrunner zusammen.

Der renergie allgäu e.V. plane dagegen aktuell Stromlieferverträge, sogenannte Power Purchase Agreements zu nutzen. Diese Finanzierungsmöglichkeit von Erneuerbare-Energien-Anlagen gewinne im Zuge des auslaufenden Förderzeitraums sowie sinkender Einspeisevergütung aktuell an Bedeutung.

Die vorgestellten Praxisbeispiele verdeutlichten die vielen Vorteile der Freiflächen-Photovoltaik: Die ausgereifte Technologie hat nur einen geringen Flächenanspruch, erhöht die lokale Wertschöpfung und ermöglicht landwirtschaftliche wie ökologische Zweitnutzungen. Gut geplant und umgesetzt, können die Freiflächenanlagen damit nicht nur als Gewinn für die Region, sondern auch für Umwelt und Klima gelten – darin waren sich die anwesenden Expertinnen und Experten einig. Die hohe Nachfrage nach dem Thema zeige jedoch auch, dass es noch einige rechtliche und planerische Unsicherheiten gebe, fasst Clemens Garnhartner von C.A.R.M.E.N. e.V. zusammen. Das Netzwerk plane daher weitere Veranstaltungen, in denen die verschiedenen Aspekte vertiefend aufgegriffen werden. 

Über den C.A.R.M.E.N. e.V.

C.A.R.M.E.N. e.V., das Centrale Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk, wurde 1992 gegründet und ist die bayerische Koordinierungsstelle für Nachwachsende Rohstoffe, Erneuerbare Energien und nachhaltige Ressourcennutzung.

C.A.R.M.E.N. e.V. bündelt Informationen und bietet kostenfreie, neutrale Beratung für alle Interessengruppen. Das Netzwerk ist Teil des Kompetenzzentrums für Nachwachsende Rohstoffe (KoNaRo) in Straubing.

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