Automatisierte Pkw können sich sehr unterschiedlich auf den Energieverbrauch auswirken. Entscheidend ist, wie sehr bei der Entwicklung von Technologie und Rahmenbedingungen auf Energieeffizienz geachtet wird. Das zeigt eine Analyse des Thinktanks Agora Verkehrswende.

Langfristig sei es möglich, dass computergestützte Autos pro Kilometer mehr Energie durch harmonisiertes Fahren und einen besseren Verkehrsfluss sparen, als sie für den Austausch von Daten verbrauchen. Der Effizienzgewinn könnte im Jahr 2050 bei 4 bis 10 Prozent liegen. Dieser Gewinn ginge jedoch schnell verloren, wenn die Autos mehr gefahren werden. Bereits ab einem Anstieg der Pkw-Fahrleistung von 1 bis 2,6 Prozent pro Jahr wäre die Gesamtenergiebilanz des automatisierten und vernetzten Fahrens im Jahr 2050 negativ.

„Die Diskussion über die Energiebilianz der Digitalisierung im Straßenverkehr steht erst am Anfang“, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. „Bisher überwiegt die vage Hoffnung, dass verkehrsbedingte Emissionen gesenkt werden können. Dabei werden meist allein das Fahrzeug an sich und der Verkehrsfluss berücksichtigt. Mit unserer Analyse wollen wir Hersteller und Entwickler sowie die Politik darauf aufmerksam machen, alle relevanten Faktoren in den Blick zu nehmen. Das automatisierte Auto tankt Strom – nicht nur an der Ladesäule, sondern gewissermaßen auch über das Internet, und dieses hat ebenfalls einen Auspuff. Je klarer wir die Herausforderungen jetzt erkennen, desto besser können wir die Entwicklung in Richtung Klimaschutz lenken.“

Energieeffizienz vom Bordcomputer bis zur Datenplattform

Agora Verkehrswende empfiehlt auf Basis der Analyse, die das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI im Auftrag erstellt hat, in allen Bereichen des automatisierten Fahrens auf energieeffiziente Technologien und Abläufe zu setzen. Im Fahrzeug gelte das vor allem für die Prozessoren und Speicher, die die Daten verarbeiten. Je weniger Strom diese Komponenten verbrauchten, desto weiter käme das Fahrzeug mit einer Batterieladung.

Bei der Vernetzung sei es auch aus Sicherheits- und Kostengründen sinnvoll, wenn die Fahrzeuge weitgehend unabhängig von Datenverbindungen mit Schildern, Ampeln und Straßen fahren können. Die Datenübertragung, die zum Beispiel für die Aktualisierung von Karten unerlässlich ist, sollte möglichst über lokale Funknetze (Wireless Local Area Network, WLAN) anstatt über Mobilfunknetze abgewickelt werden.

Ein kritischer Faktor ist der Analyse zufolge die Datenmenge, die aus dem Fahrzeug heraus übertragen werden muss. Pro automatisiertem Fahrzeug könnten in Zukunft 1,4 bis 19 Terabyte pro Stunde (TB/h) anfallen. Sobald davon mehr als 0,8 TB/h übertragen würden, wären die Effizienzgewinne aufgebraucht. Deshalb sieht Agora Verkehrswende Pkw-Hersteller, Zulieferer und Softwareentwickler in der Verantwortung, die übertragene Datenmenge möglichst niedrig zu halten und effiziente Verfahren zu entwickeln.

Differenzierte Regulierung und gemeinschaftliche Nutzung

Bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen sei es wichtig zu differenzieren. Zum einen sollten die europäischen Flottengrenzwerte von einer CO2-Emissionsmetrik auf eine Energieeffizienzmetrik umgestellt werden und dabei auch den Energiebedarf zusätzlicher Komponenten im Fahrzeug berücksichtigen.

Zum anderen brauche es einen gesonderten Regulierungsrahmen für eine energieeffiziente digitale Infrastruktur. Damit beide Bereiche gleichermaßen Fortschritte machen, dürften Effizienzgewinne bei Fahrzeugen und in der Infrastruktur nicht miteinander verrechnet werden.

Schließlich empfiehlt Agora Verkehrswende, automatisierte Fahrzeuge in erster Linie gemeinschaftlich zu nutzen und gut in den öffentlichen Verkehr zu integrieren. Nur so ließe sich ein Anstieg der Pkw-Fahrleistung und des damit verbundenen Energieverbrauchs vermeiden. „Das Auto der Zukunft ist Teil eines integrierten Verkehrssystems“, sagt Marena Pützschler, Projektmanagerin bei Agora Verkehrswende. „Es ergänzt das Angebot von Bussen und Bahnen. Energie und Daten nutzt es so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Das sollte das Leitbild für die Entwicklung des autonomen Fahrens sein.“

Zur Analyse „Auto tankt Internet“

Die Analyse beleuchtet die Auswirkungen des automatisierten und vernetzten Fahrens auf den Energieverbrauch sowohl in den Fahrzeugen als auch in den Netzwerken, die am Datenaustausch beteiligt sind – von WLAN und Mobilfunk bis zu dezentralen Rechnerstationen (Mobile Edge Computing, MEC) und Infrastrukturanlagen.

Untersucht wurde die Entwicklung bis 2050 anhand von zwei Szenarien: Im Szenario Minimalvernetzung tauschen die Fahrzeuge so wenig Daten wie möglich und überwiegend in ihrem näheren Umfeld aus und beanspruchen nur zum Aktualisieren von Karten eine Mobilfunkverbindung. Das Szenario Effiziente Vernetzung geht weit darüber hinaus und nimmt an, dass eine eigene MEC-Infrastruktur fortlaufend die Verbindung mit Datenplattformen im Verkehr gewährleistet. Auch Schilder, Ampeln und Straßen sind mit Sensoren und Radaren versehen.

Die Analyse „Auto tankt Internet. Auswirkungen des automatisierten und vernetzten Fahrens auf den Energieverbrauch von Fahrzeugen, Datenübertragung und Infrastruktur“ (34 Seiten) steht kostenlos zum Download zur Verfügung unter https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/.

Agora Verkehrswende ist eine gemeinsame Initiative der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation.

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