Schwache Beschäftigung, mehr Schulden, weniger Eigenkapital und daher ein höheres Insolvenzrisiko: Unternehmen, die von Finanzinvestoren aufgekauft werden, entwickeln sich in den Jahren nach der Übernahme vergleichsweise schlecht. Das zeigt eine Studie des Finanzierungsexperten Dr. Christoph Scheuplein vom Institut Arbeit und Technik (IAT), die das Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat. Unternehmen seien nach der Übernahme durch einen Finanzinvestor "deutlichen Belastungen" ausgesetzt, schreibt der Wissenschaftler. Besonders betroffen seien Firmen, die von einem Investor zum nächsten weiterverkauft werden, was häufig passiert. Ein solcher Secondary Buyout nach wenigen Jahren erzeuge zusätzlichen Druck – nicht selten verbunden mit erneuten Veränderungen von Unternehmensstrategien, Geschäftsfeldern, Standorten und mit zusätzlichen Schulden.

Der Experte des IAT an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen/Bocholt/Recklinghausen hat die wirtschaftliche Entwicklung von Unternehmen in Deutschland untersucht, die 2013 von einer Private-Equity-Gesellschaft übernommen worden sind. Insgesamt waren das in dem Jahr 156 Unternehmen. Für 103 dieser Firmen waren über Geschäftsberichte und Unternehmensdatenbanken detaillierte Informationen verfügbar. Jedem dieser Unternehmen stellte der Wissenschaftler ein Unternehmen ohne Finanzinvestor gegenüber, das in seiner Ausrichtung und Größe vergleichbar ist. So konnte er herausarbeiten, wie sich unter anderem Wachstum, Beschäftigung und Finanzlage in den zwei Jahren vor und in den Jahren nach der Übernahme bis 2017 im Vergleich zu Unternehmen ohne Private Equity entwickelt haben.

Unternehmen als Handelsware 
Private-Equity-Gesellschaften gelten als besonders aktive Finanzinvestoren. Ihr Geschäftsmodell besteht aus dem Kaufen und Verkaufen von Unternehmen. Der Kauf wird größtenteils mit Fremdkapital finanziert, das anschließend nicht selten den übernommenen Firmen als neue Verschuldung aufgeladen wird. Das Engagement ist meist kurzfristig angelegt. Ein Grund: Die Gesellschaften beschaffen Kapital überwiegend über Fonds, in denen institutionelle Investoren und vermögende Privatpersonen ihr Geld anlegen. Die Laufzeit dieser Fonds ist in der Regel begrenzt, in dieser Zeit muss eine möglichst hohe Rendite erzielt werden. Nach der Veräußerung von Vermögenswerten, dem Abstoßen von vermeintlichen Randbereichen, Outsourcing, Aufspaltung und Stellenabbau werden die Unternehmen häufig weiterverkauft.

Einen Sonderfall stellen Private-Equity-Gesellschaften dar, die eine Buy-and-Build-Strategie verfolgen. Sie kaufen ein Unternehmen, das sie als Plattform nutzen, um es innerhalb kurzer Zeit durch weitere Zukäufe zu einem dominierenden Konzern auszubauen. Seit der Finanzkrise hat diese Strategie an Bedeutung gewonnen – beispielsweise im deutschen Gesundheitssektor, wo Finanzinvestoren in den vergangenen Jahren verstärkt Pflegeheime, Pflegedienste oder Facharztpraxen gekauft und zu großen Ketten zusammengeschlossen haben. Die Unternehmen, die Teil einer Buy-and-Build-Strategie waren, wiesen in den Jahren nach der Übernahme ein sehr hohes Umsatz- und Beschäftigungswachstum auf, was jedoch in erster Linie durch Zukäufe und nicht durch organisches Wachstum erreicht wurde.

13 Prozentpunkte Rückstand bei der Beschäftigung 
In seiner Studie hat Scheuplein daher die Beschäftigungsentwicklung der Buy-and-Build-Unternehmen separat betrachtet. Ein direkter Vergleich mit Unternehmen ohne Beteiligung von Private Equity war nur bei Firmen möglich, die nach der Übernahme weiterhin eigenständig geblieben sind. Und bei diesen Firmen zeigt sich eine negative Entwicklung: Vor allem im Jahr der Übernahme sank die Zahl der Beschäftigten bei den eigenständigen Unternehmen im Besitz von Private Equity, danach stagnierte sie bis 2017. Im gleichen Zeitraum, der geprägt war von einer guten allgemeinen Wirtschaftslage, legte die Beschäftigung in den Vergleichsunternehmen ohne Finanzinvestor zu. Am Ende hatte sich die Gesamtbeschäftigung in den Unternehmen im Besitz von Private Equity knapp 13 Prozentpunkte schlechter entwickelt als in den anderen Unternehmen (siehe auch Grafik 1 in der pdf-Version dieser PM; Link unten).

Eigenkapitalquote um 14 Prozentpunkte niedriger
Nach dem Einstieg von Finanzinvestoren verschlechterte sich auch die Finanzlage der Unternehmen, und zwar unabhängig von der jeweiligen Strategie. 2017, vier Jahre nach der Übernahme, wiesen sie eine durchschnittliche Eigenkapitalquote von rund 28 Prozent auf. Demgegenüber kamen die Vergleichsunternehmen auf eine Quote von circa 42 Prozent (Grafik 1). Unternehmen, die im Rahmen eines Secondary Buyouts an den nächsten Finanzinvestor weiterverkauft wurden, hatten sogar eine noch niedrigere Eigenkapitalquote, sie betrug 2017 im Schnitt nur rund 15 Prozent. Dies sei ein Beleg dafür, dass "insbesondere ein wiederholter Verkauf an eine Private-Equity-Gesellschaft die Eigenkapitaldecke eines Unternehmens deutlich verringert", schreibt Scheuplein. Hinzu kommt, dass mit der Verschuldung auch die Zinsbelastung der Unternehmen im Jahr der Übernahme und den beiden Folgejahren deutlich zunahm, während die Vergleichsunternehmen von der Niedrigzinsphase profitierten und ihre Zinsbelastung senken oder stabil halten konnten.

Die höhere Verschuldung der Firmen im Besitz von Private Equity führte häufiger zu Pleiten. Bis September 2019 mussten 14 der 156 untersuchten Unternehmen Insolvenz anmelden, also rund neun Prozent. Dabei handelte es sich überwiegend um eher kleine, lange etablierte Unternehmen, die zuvor von einem deutschen Familieneigentümer geführt worden waren. Etwas mehr als die Hälfte der Firmen kam aus dem Verarbeitenden Gewerbe. Die Insolvenzquote der von Finanzinvestoren geführten Unternehmen lag insgesamt doppelt so hoch wie beim Durchschnitt der deutschen Unternehmen.

Schneller Weiterverkauf, oft an den nächsten Finanzinvestor
Laut Scheuplein geht mit dem Einstieg von Private Equity häufig ein Wandel der Unternehmenskultur einher: von "geduldigem" zu "ungeduldigem Kapital". Vorher zählten strategische Investoren und Familien zu den wichtigsten Eigentümern. Sie seien in der Regel auf Stabilität bedacht gewesen. Nach ihrem Ausstieg kehrten die Familieneigentümer nicht wieder zurück. Finanzinvestoren etablierten sich dauerhaft als größte Eigentümergruppe – selbst nach dem Weiterverkauf. Häufig wurden Unternehmen von einem Finanzinvestor zum nächsten weitergereicht. Von den untersuchten Unternehmen, die 2013 übernommen worden waren, hatten bis 2019 fast zwei Drittel schon wieder einen neuen Eigentümer – in vielen Fällen war dies erneut ein Finanzinvestor. "Durch die einander abwechselnde Eigentümerschaft verschiedener Finanzinvestoren werden kurz- und mittelfristige Zeithorizonte bei einer strikten Renditeorientierung und einer geringen Bindung an Branchen-Gepflogenheiten etabliert", schreibt der Forscher. Außerdem ließ sich eine Internationalisierung der Eigentümer beobachten: Die neuen Besitzer stammten in den meisten Fällen aus dem Ausland, meist aus den USA, Großbritannien oder anderen europäischen Ländern. Nur gut 13 Prozent der Unternehmen, die bis September 2019 weiterverkauft worden waren, hatten einen Eigentümer mit Sitz in Deutschland (Grafik 2 in der pdf-Version).

*Christoph Scheuplein: Wie entwickeln sich Unternehmen mit Private-Equity-Eigentümern in Deutschland? Study der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 447, Oktober 2020. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=9137 

Die PM mit Grafiken (pdf): https://www.boeckler.de/pdf/pm_imu_2021_01_13.pdf 

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