In diesem Jahr laufen drei der wichtigsten Förderinstrumente für die Beschäftigung von hochqualifiziertem Bordpersonal am Schifffahrtsstandort Deutschland aus. Dies betrifft sowohl den vollständigen Lohnsteuereinbehalt als auch die Zuschüsse zur Senkung der Lohnnebenkosten. Gleiches gilt für die Anpassung der Schiffsbesetzungsverordnung an den europäischen Standard. Vor diesem Hintergrund hat der Verband Deutscher Reeder (VDR) bei der Beratungsgesellschaft PwC Deutschland eine Studie in Auftrag gegeben, um diese Maßnahmen zu evaluieren. Gleichzeitig ließ auch das Bundesministerium für Verkehr die Förderung unter die Lupe nehmen.

Alfred Hartmann, Präsident des VDR, kommentiert die nun vorliegenden Ergebnisse: „Es ist sehr erfreulich zu sehen, dass die Förderung geholfen hat, Ausbildung und Beschäftigung trotz stark geschrumpfter Handelsflotte weitestgehend zu stabilisieren. Das stellt auch klar: Die an die Beschäftigung hochqualifizierten Personals geknüpften Maßnahmen sind keine „Reederförderung“ einzelner Unternehmen, sondern sie dienen der Sicherung maritimen Know-hows sowie der Beschäftigung und Ausbildung am Standort insgesamt.“ Ohne das Maßnahmenpaket, so Hartmann weiter, wäre die Anzahl der Schiffe unter deutscher Flagge sowie einheimischer Seeleute weiter erheblich gesunken, mit substanziellen Folgen für das maritime Cluster.

Das Paket zur besseren Förderung der Beschäftigung einheimischen Seepersonals war beschlossen worden, nachdem im Zuge der auf die Finanzkrise folgenden Schifffahrtskrise zahlreiche der Unternehmen der Branche in schweres Fahrwasser geraten waren und damit der maritime Standort insgesamt bedroht war. Zudem sollte deutschen Reedereien der Einsatz von hochqualifiziertem Bordpersonal und das Führen der deutschen Flagge zukünftig unter ähnlichen Voraussetzungen wie an anderen EU-Schifffahrtsstandorten ermöglicht werden. Als die drei Maßnahmen in den Jahren 2016 und 2017 in Kraft traten, war eine Evaluierung bereits mit vereinbart worden.

Die wesentlichen Ergebnisse der PwC-Evaluierung:

  • Zwar ist die Anzahl der Schiffe der deutschen Handelsflotte in den vergangenen Jahren insgesamt deutlich zurückgegangen – immer noch eine Folge der weltweiten Wirtschaftskrise nach der Lehman-Pleite. Auch die Anzahl der Schiffe, die unter deutscher Flagge fahren, hat sich reduziert. „Durch das bestehende Maßnahmenpaket ist es jedoch gelungen, den Anteil der Tonnage unter deutscher Flagge deutlich zu stabilisieren“, heißt es in der Studie. Die Abschwächung des negativen Trends lässt sich klar erkennen, zuletzt entwickelte er sich sogar positiv: Im Vergleich zu 2016 ist der Anteil der deutschen Flagge an in deutschen Seeschiffsregistern registrierten Schiffe bis Ende 2019 um drei Prozentpunkte gestiegen.
  • Die Anzahl der inländischen oder am Standort ansässigen Seeleuten konnte durch die Krise hindurch annährend stabil gehalten, die besetzten Ausbildungsplätze pro Schiff sogar gesteigert werden. Dies zeigt: das Know-how um den Betrieb von Schiffen konnte in Deutschland gesichert werden, trotz schwieriger Lage und einer schrumpfenden Flotte. Und dies ist dank der Förderung auch weiterhin zu erwarten: 78 Prozent der befragten Reedereien gaben etwa an, dass sie ohne die Maßnahmen nicht ausgebildet hätten.

Fazit der PwC-Studie: „Für das Fortbestehen des maritimen Knowhows am Standort Deutschland ist es unbedingt notwendig, die existierenden Maßnahmen fortzuführen, um dafür Sorge zu tragen, dass die Ausbildung von Seeleuten am Standort Deutschland sowohl qualitativ als auch quantitativ weiterhin auf einem hohen Niveau erfolgt. Zudem müssen die Voraussetzungen dafür erhalten bleiben, dass Seeleute auch nach Abschluss der Ausbildung Beschäftigung in der Seeschifffahrt finden.“

Fast parallel zu PwC Deutschland evaluierte auch die Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) im Auftrag des Bundes die Maßnahmen auf ähnliche Weise und kam zu denselben Ergebnissen. Das Bundesministerium für Verkehr (BMVI) stellte entsprechend im Dezember eine Verlängerung der Maßnahmen durch die Bundesregierung um sechs Jahre in Aussicht.

VDR-Präsident Hartmann erwartet vor diesem Hintergrund eine baldige Umsetzung der Verlängerung: „Dies ist für Planungssicherheit in den Unternehmen hierzulande wichtig. Ganz entscheidend wird in den kommenden Monaten die Ausgangsposition sein, von der man ins Rennen der Post-Corona-Zeit geht“. Die aktuelle Wettbewerbssituation des Schifffahrtsstandorts Deutschland im Vergleich mit anderen EU-Staaten soll auch wichtiges Thema auf der nächsten Nationalen Maritimen Konferenz im Mai sein. Hartmann abschließend: „Wir sind gern bereit, gemeinsam mit allen Akteuren dort weitere Maßnahmen zur Sicherung und zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit zu erarbeiten.“

Über Verband Deutscher Reeder (VDR)

Der Verband Deutscher Reeder (VDR) vertritt die gemeinsamen wirtschafts- und sozialpolitischen Interessen der deutschen Reedereien auf der Ebene des Bundes und der Länder sowie gegenüber europäischen und internationalen Instanzen. Der VDR wurde 1907 gegründet und hat sich 1994 mit dem Verband der Deutschen Küstenschiffseigner zusammengeschlossen. Mit rund 200 Mitgliedern vertritt der VDR den größten Teil der deutschen Handelsflotte. Mehr Informationen unter www.reederverband.de.

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