Waldflächen liegen brach, die dürren, toten Reste abgestorbener Fichten ragen in den Himmel und auch Baumarten wie Buchen und Birken sind sichtbar beschädigt. „Erst kam im Januar 2018 Friederike, dann folgten Hitze und Trockenheit, und fortan reihte sich Kalamität an Kalamität – nun bereits drei Jahre infolge“, fasst Michael Gerst, Leiter des Landesbetriebs HessenForst die Chronologie jener Ursachen zusammen, die dem Wald so arg zusetzen. Die Schäden sind nicht mehr übersehbar. Gerst geht davon aus, dass Jahre mit Wetter-Extrema im fortschreitenden Klimawandel immer häufiger auftreten.
Umso dringender entwickelt HessenForst Konzepte für den Umgang mit den Schadflächen, denn hier sollen möglichst bald wieder Bäume wachsen und das Treibhausgas CO2 speichern. Ein vielfältiger, widerstandsfähiger und anpassungsfähiger Wald soll entstehen, der gleichzeitig auch in Zukunft hochwertiges Trinkwasser sowie den nachhaltigen Rohstoff Holz liefert und den Bürgerinnen und Bürgern Erholung bietet. Darum soll auf den Schadflächen ein Mischwald mit mindestens drei unterschiedlichen klimastabilen Baumarten heranwachsen, von denen jede Art mindestens zehn Prozent Anteil am künftigen Waldbestand hat.
„Wir setzen auf Risikostreuung. Wir wissen nicht genau, wie sich das Klima entwickeln wird, und welche Baumarten sich unter welchen Klimabedingungen tatsächlich als widerstandsfähig erweisen werden. Das hängt maßgeblich von der Verfügbarkeit von Nährstoffen und Wasser am jeweiligen Standort ab“, so Gerst weiter.
Die Ausgangssituation für die Wiederbewaldung ist ebenso vielfältig, wie der Wald von Morgen. Für jede Fläche entscheiden die Forstleute situativ und auf wissenschaftlichen Grundlagen, welcher Weg zu einem zukunftsfähigen Wald führt. Die jeweils standortgerechte Strategie von HessenForst gründet im Prinzip auf drei Elementen:
1. Die Natur machen lassen
Überall dort, wo bereits jetzt rund um eine Schadfläche Bäume stehen, die auch ihrer Mischung im Klimawandel standortgerecht sind, lassen die Forstleute der Natur freien Lauf. Die unterschiedlichen Mutterbäume liefern Samen für die nächste Waldgeneration. Je kleiner die Fläche ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass es aus dem umliegenden Mischwald zum Samenanflug in der gewünschten Vielfalt und Qualität kommt.
2. Wiederbewaldung auf ganzer Fläche
Damit der Wald von Morgen nicht so aussieht wie der von Gestern, werden insbesondere große Kahlflächen, auf denen bisher fast ausschließlich Fichten standen, neu begründet. Ohne aktive Pflanzung wüchsen dort sonst wieder risikobehaftete Fichten. Die neuen Bäume sind Eichen, Ahorne, Linden, aber auch Tannen und Douglasien. Eichenpflanzungen sind besonders aufwendig und teuer. Zäune sind oft noch nötig, um Reh- und Rotwild fernzuhalten. Die jungen Bäume müssen jahrelang immer wieder freigeschnitten, die Zäune auf Schäden kontrolliert werden.
3. Ergänzen, damit es vielfältig wird
In einem ehemaligen Fichtenwald hat sich hier und da bereits die neue Waldgeneration aus Birken, Lärchen und Fichten eingefunden. Aber an manchen Stellen tut sich die natürliche Verjüngung schwer. Hier hilft HessenForst nach und ergänzt beispielsweise mit Douglasien, Weißtannen oder Buchen, damit der Wald der Zukunft klimarobuster wird.
Vor den Forstleuten liegt eine Mammutaufgabe. All die Flächen mit ihrem vielfältigen Jungwuchs müssen insbesondere in den frühen Jahren intensiv begleitet werden, sei es durch Schutz vor Wildverbiss, zurückdrängen von Gräsern und Brombeerhecken oder auch durch das Herauspflegen der zukunftsfähigen Baumarten.
Insgesamt gibt es in Hessen rund 892.000 Hektar Waldfläche – inklusive Waldwiesen und Waldwege. HessenForst kümmert sich um 342.000 Hektar Staatswald und einen Großteil der Kommunal- und Privatwaldfläche. Davon galten Ende 2020 mindestens 25.000 Hektar als Schadflächen, 1.500 Hektar wurden 2020 im Staatswald wieder aufgeforstet.
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