Die Vorsitzende des AWO-Präsidiums Barbara Höckmann appelliert: „Armut ist nicht selbstverschuldet und geht uns alle an. Die wachsende Spaltung der Gesellschaft in arm und reich ist für uns als AWO nicht hinnehmbar und lässt sich dauerhaft nur durch eine Veränderung der Verhältnisse beseitigen. Eine entschlossene und wirksame Bekämpfung von Armut bestimmt maßgeblich unsere tägliche Arbeit. Die AWO in Sachsen-Anhalt unterstützt landesweit Familien mit Hilfebedarf, sei es in Beratungsstellen, der Kita, der Kinder- und Jugendhilfe, in Tafeln, der offenen Jugend- und Jugendsozialarbeit. Wie unverzichtbar ein funktionierendes Gemeinwesen mit einer sozialen Infrastruktur für die Menschen ist, hat sich in der Coronakrise mit der Schließung sozialer und Bildungs-Einrichtungen im Lockdown nochmals besonders deutlich gezeigt. Die materiellen und psychosozialen Folgen der Corona-Pandemie sind gravierend, treffen arme Menschen besonders hart und verfestigen soziale Ungleichheit. Kinder und Jugendliche mit Hilfebedarf werden noch stärker als bisher von Bildung abgehängt und Teilhabe- und Verwirklichungschancen werden ihnen genommen.
Aber auch eine soziale Infrastruktur allein kann ausreichende Transferleistungen nicht ersetzen. Will man Armut dauerhaft beseitigen, sind eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung, die Einführung einer Kindergrundsicherung sowie Reformen von Arbeitslosen- und Rentenversicherung nötig.
Wir brauchen eine nachhaltige Armutsprävention mit sozialpolitischen Instrumenten, die materielle Armut verhindern. Und wir brauchen auch eine verlässlich finanzierte und konzeptionell abgestimmte soziale Infrastruktur, die für alle Kindern und Jugendlichen Bildungs- und Teilhabechancen gewährleistet und Eltern in ihrer Sozialisationsaufgabe unterstützt. Es braucht einen gemeinsamen Kraftakt, einen ressortübergreifenden ganzheitlichen Weg zur wirksamen Armutsbekämpfung in Sachsen-Anhalt und auf Bundesebene.“
In einem umfassenden Positionspapier erläutert die AWO, dass Armut ein Zusammenspiel von strukturellen Benachteiligungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wohnen, sozialer Teilhabe und materieller Versorgung ist. Das zeigen zudem die Ergebnisse der AWO-ISS-Langzeitstudie zu Kinderarmut und den Folgen für junge Menschen, in der seit 1999 bis 2019 1000 Kinder in fünf wichtigen Entwicklungsphasen wiederholt befragt wurden. Eine wesentliche Erkenntnis ist, dass besonders Übergänge im Lebensverlauf junger Menschen Scheidewege in der Entwicklung sind. Wenn Übergänge, wie z. B. von der Schule in den Beruf, durch funktionierende soziale Netze und Unterstützungsstrukturen begleitet werden, steigen die Chancen für ein Entkommen aus Armutsschleifen.
Die AWO schlägt vor, dass im Sinne einer Landes-Gesamtstrategie alle Landkreise und kreisfreien Städte regional maßgeschneiderte Präventionsketten entwickeln, die durch eine Landeskoordination unterstützt und begleitet werden. Hier werden qualitativ hochwertige und armutssensible Angebote der Bildung, Betreuung, Erziehung, Begleitung und gesundheitlichen Versorgung verbunden und sinnvoll aufeinander abgestimmt. Gleichzeitig bedarf es bundesweit deutlich verbesserter Rahmenbedingungen in der Sozial-Arbeits-, Wohnungs- und Familienpolitik.
"Armut kann nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene mit guter Koordination überwunden werden. Das Herumdoktern an individuellen Armutssymptomen löst die strukturellen Probleme nicht und ist allenfalls Augenwischerei. Ein gutes Aufwachsen von allen Kindern und Jugendlichen muss in unserer Gesellschaft Priorität haben.", so Barbara Höckmann abschließend.
Die vollständige Position der AWO ist als Anlage beigefügt und im Internet hier zu finden.
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