Kurz nach ihrem Amtsantritt als Präsidentin der Europäischen Kommission im Jahr 2019 hat Ursula von der Leyen einen „Green Deal“ für Europa ausgerufen. Bis 2050 soll die Gemeinschaft demnach klimaneutral sein. Die Kreislaufwirtschaft nimmt dabei eine zentrale Rolle der Maßnahmen ein. So sollen in der EU bis 2030 nur noch wiederverwendbare oder recycelbare Verpackungen hergestellt werden. Außerdem soll ein neuer Rechtsrahmen für biologisch abbaubare und biobasierte Kunststoffe geschaffen werden. Wo Abfall nicht vermieden werden könne, müsse dessen wirtschaftlicher Wert zurückgewonnen und seine Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel verhindert oder minimiert werden.
Im Wesentlichen haben schon andere EU-Richtlinien diese Marschrichtung vorgegeben. Doch mit dem Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft wurden im März 2020 neue verbindliche Anforderungen an Verpackungen angekündigt, die auf dem EU-Markt zugelassen sind – einschließlich der Verringerung von „übertrieben aufwendigen“ Verpackungen. Die EU beziffert den Verpackungsabfall in Europa mit 174 kg pro Kopf. Diese Menge soll reduziert werden, bzw. gewährleistet sein, dass das Material auf umweltfreundliche Weise neu genutzt oder recycelt werden kann.
Deshalb hat sich die EU die Förderung des recyclingfreundlichen Verpackungsdesigns auf die Fahnen geschrieben. Dazu gehört ausdrücklich auch die Option, die Verwendung von Verpackungsmaterialien für bestimmte Anwendungen zu beschränken, insbesondere dort, wo alternative wiederverwendbare Produkte oder Systeme möglich sind oder Konsumgüter sicher ohne Verpackung gehandhabt werden können. Und schließlich soll die Komplexität von Verpackungsmaterialien, einschließlich der Anzahl der verwendeten Materialien und Polymere, gegebenenfalls reduziert werden.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnte davor, dass sich zwar für einige Betriebe hieraus ein Anreiz ergeben möge, in eine klimaschonendere Energieversorgung oder Produktionsprozesse zu investieren. Andere stünden hingegen vor der Herausforderung, dass technologische Möglichkeiten noch fehlen oder dass deren Einsatz wirtschaftlich nicht darstellbar sei. Letzteres gelte insbesondere für Unternehmen, die sich im globalen Wettbewerb befinden. Davon, dass diese ambitionierten Ziele auch technologisch durch moderne Recyclingverfahren und alternative Materialien machbar sind, zeigte sich die Kommission in ihrem Positionspapier allerdings überzeugt.
Bundesregierung zieht mit Novellierung des Verpackungsgesetzes nach
Konkrete Auswirkungen hat die Taktvorgabe aus Brüssel über die EU-Abfallrahmenrichtlinie bereits auf nationaler Ebene. So hat das Kabinett der Bundesregierung – auch auf Basis der EU-Richtlinien – im Januar 2021 Neuregelungen beim Verpackungsgesetz beschlossen. Mit den Maßnahmen wird das zum Jahresbeginn 2019 in Kraft getretene Verpackungsgesetz novelliert und erhält einen stärkeren Fokus auf Mehrwegverpackungen.
Ab Juli 2021 werden Wegwerfprodukte aus Plastik wie Einwegbesteck, Wattestäbchen, Strohhalme und Rührstäbchen verboten. Auch der Verkauf von To-go-Bechern und Einweg-Behältern aus Styropor wird dann nicht mehr erlaubt. Die entsprechende Verordnung soll am 3. Juli 2021 in Kraft treten. Ab 2023 werden Caterer, Lieferdienste und Restaurants verpflichtet, neben Einweg- auch Mehrwegbehälter für Essen und Getränke zum Mitnehmen anzubieten. Eine Ausnahme soll es für kleine Betriebe geben – etwa Imbissbuden – mit maximal fünf Beschäftigten und maximal 80 Quadratmetern Verkaufsfläche. Sie sollen ihrer Kundschaft Speisen und Getränke auch in mitgebrachte Behälter abfüllen können. Auf diese Möglichkeit sollen sie ihre Kundschaft deutlich hinweisen.
Dass sich die Umwelteinflüsse von Verpackungen allerdings nicht so einfach an der Tatsache festmachen lasse, dass es sich um Einweg- oder Mehrwegverpackungen handelt, hat Sonja Bähr, Packaging Analyst bei TILISCO Verpackungsmanagement und Dozentin an der Beuth Hochschule für Technik Berlin, im Interview mit Packaging 360 deutlich gemacht. Und auch Kim Cheng, Geschäftsführerin des dvi (Deutsches Verpackungsinstitut) gibt in einer aktuellen Stellungnahme zu bedenken, dass Mehrweglösungen im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft durchaus vorteilhaft sein könnten. Ob sie jedoch wirklich ökologische Vorteile generieren, müsse im Einzelfall überprüft werden. „Denn eine Mehrwegverpackung muss nach Gebrauch gereinigt werden. Hier fallen Transportwege und der Einsatz von Energie, Wasser und gegebenenfalls Chemikalien an. Je nachdem, wie groß dieser Aufwand ist, rechnet sich eine Mehrwegvariante – oder eben auch nicht. Wichtig wären deshalb Entscheidungen auf der Grundlage von Fakten, am besten im Rahmen einer Ökobilanz für das jeweilige Anwendungsfeld. Entscheidend bleibt in allen Fällen, dass die Verpackung kreislauffähig ist und so viel recyceltes Material wie möglich verwendet.“
Pfandpflicht und Recyclat-Anteile sollen regulierend wirken
Neben dem Fokus auf Mehrwegverpackungen erfährt auch die Pfandflicht eine Neuregelung. Ab 2022 sollen Einweggetränkeflaschen aus Kunststoff (bis zu drei Litern) grundsätzlich pfandpflichtig sein. Auch Getränkedosen werden ausnahmslos pfandpflichtig. Ab 2024 wird die Pfandpflicht auch auf Plastikflaschen mit Milchgetränken ausgeweitet.
Ab 2025 müssen zudem PET-Einweg-Getränkeflaschen mindestens 25 Prozent Recycling-Plastik enthalten. Ab 2030 wird diese Quote auf mindestens 30 Prozent für sämtliche Getränkeflaschen aus Einweg-Kunststoff erhöht. Bereits im Jahr 2015 enthielten PET-Getränkeflaschen durchschnittlich 26 Prozent Recyclingmaterial. Das Bundesumweltministerium sieht die technischen Voraussetzungen für das Produzieren von Getränkeflaschen aus 100 Prozent Rezyklat als gegeben. „Getränkeverpackungen sind volumenstark, der weitaus größere Teil unserer täglich benötigten Verpackungen fällt jedoch in den Bereich Nahrungsmittel. Hier wäre der Einsatz von kreislauffähigem Rezyklat ökologisch besonders interessant. Aber dafür fehlen nicht zuletzt die politischen Rahmenbedingungen“, kommentierte Kim Cheng die Neuregelung.
Die neuen Richtlinien und Gesetze auf Länderebene sind also alles andere als perfekt. Bei der Komplexität des Themas ist dies allerdings nicht anders zu erwarten. Durch die bereits eingeplanten, regelmäßigen Novellierungen sollte es allerdings möglich sein, schneller und flexibler auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und damit dem gemeinsamen Ziel einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft für Verpackungen näher zu kommen.
Dass die Branche bereit ist, mit innovativen Ideen Verpackung unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit neu zu denken, zeigen die Aussteller der FACHPACK, die seit 2019 unter dem Leitthema „Umweltgerechtes Verpacken“ steht.
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