Der Versuch, einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Pflege zu erwirken, wird entgegen zahlreicher öffentlicher Wortmeldungen der Wirklichkeit nicht gerecht. „Wir sind in Deutschland stolz darauf, ein vielfach gegliedertes und dezentrales Wohlfahrtssystem zu haben“, erklärt Prof. Dr. Dr. Ulrich Hemel, Bundesvorsitzender des BKU, der selbst einige Jahre als CEO im Pflegebereich tätig war. Dort gebe es kommunale Anbieter, private Unternehmer und unterschiedliche Wohlfahrtsverbände. Jeder Träger habe eine eigene Geschichte, eine eigene Organisation und ein eigenes Vergütungssystem.

Daran scheitert, so Hemel, auch der Versuch eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags. Wenn ein Arbeitsminister versucht, mit einer dieser Parteien eine Übereinkunft zu erzielen, stößt er auf den Widerstand vieler anderer. „Gerade eine solche Einmischung der Politik ist kontraproduktiv, weil sie den föderalen und subsidiären Grundsätzen widerspricht, auf denen unser Pflegesystem bis heute aufgebaut ist“, betont der BKU Vorsitzende.

„Übersehen wird dabei erst recht, dass entgegen vielen Behauptungen nicht allein die Bezahlung, sondern die Attraktivität der Arbeitsverhältnisse ein Grundproblem der Pflege darstellt“, zeigt Hemel auf. Eine der größten Herausforderungen sei die Vertretungssituation. Wenn jemand krank wird, müsse jemand einspringen und so immer wieder ungeplant auf freie Tage und Wochenenden verzichten. Einen Lösungsansatz sieht Hemel darin, dass verbindliche Festlegungen für eine Springertätigkeit gefunden werden. Denn zur Attraktivität eines Arbeitsplatzes gehöre die Planbarkeit von Freizeit. Hier läge eine wesentliche Aufgabe für ein Arbeitsministerium, nicht aber in einer realitätsfernen Sonderregelung mit einem von vielen Tarifpartnern, die dann allen übergestülpt werden soll.

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