Die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland stehen vor enormen Herausforderungen: Umbau der Tierhaltung, Schutz der biologischen Vielfalt und des Klimas, Reduzierung von Pestiziden und Stickstoffüberschüssen, Ausbau des Ökolandbaus, Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten. Diese Herausforderungen kann die Landwirtschaft nicht allein stemmen und braucht gesellschaftliche Unterstützung. Die Höfe sind bei dem anstehenden sozial-ökologischen Transformationsprozess zu begleiten. Genau dafür muss auch die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) genutzt werden. Die nationale Umsetzung der GAP darf den Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft nicht entgegenstehen. Die gesellschaftliche Akzeptanz der EU-Agrarpolitik steht und fällt damit, ob die Gelder zukünftig gezielt und wirksam an die Erfüllung gesellschaftlich gewünschter Leistungen gebunden oder weiterhin größtenteils allein nach Flächenausstattung ausgeschüttet werden. Die Förderperiode 2021-2027 sollte für den Ausstieg aus den pauschalen Flächenprämien genutzt werden.

Die nationale Umsetzung der GAP in Deutschland bietet die Chance, die Bäuer*innen und Landwirtschaftsbetriebe auf ihrem sozial-ökologischen Transformationspfad zu begleiten. Die Entscheidungsträger*innen im Bund und in den Bundesländern sind aufgefordert, die nationalen Spielräume für eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu nutzen.

Die Verbände des Thüringer Agrarbündnisses fordern daher:

  • Von der ersten Säule sind mindestens 30 Prozent für die Eco-Schemes1 als Mindestbudget ab 2023 festzulegen. Diese sind anhand eines Punktesystems zur einkommenswirksamen Honorierung von Gemeinwohlleistungen („Gemeinwohlprämie“2) auszugestalten. Die avisierte Festlegung von nur 20 Prozent für die Eco-Schemes wird entschieden abgelehnt.
  • Die pauschalen Direktzahlungen müssen im Laufe der Förderperiode schrittweise reduziert werden. Das Budget der Eco-Schemes ist entsprechend jährlich anzuheben. Somit wird der „Einstieg in den Ausstieg“ aus den pauschalen Flächenprämien gewährleistet.
  • Alle auf nationaler Ebene zur Verfügung stehenden Spielräume zur Aufstockung des Budgets der Eco-Schemes oder der Umschichtung in die 2. Säule sind von Deutschland voll zu nutzen. Es sind ab 2023 mindestens 16 Prozent umzuschichten, damit das Budget der zweiten Säule nicht sinkt. Das Budget ist zudem jährlich zu erhöhen. Die avisierten 8 Prozent Umschichtung und Anhebung auf 10 Prozent im Laufe der Förderperiode untergräbt alle Ambitionen für mehr Umwelt-, Natur- und Klimaschutz.
  • Ziel muss sein, dass am Ende der Förderperiode im Jahr 2027 70 Prozent der Mittel für die Honorierung von freiwilligen Umwelt-, Natur- und Klimaschutzleistungen der Landwirtschaft eingesetzt werden.
  • Der Ausbau des Ökolandbaus muss finanziell abgesichert sein. Neben der Erzeugung ist auch die Verarbeitung und Vermarktung zu fördern. Umstellungswillige Agrarbetriebe dürfen nicht an leeren Fördertöpfen der Bundesländer scheitern! In Thüringen muss zudem der Öko-Aktionsplan fortgeschrieben werden.
  • Kleine und mittlere Betriebe sind besser zu unterstützen. Der maximal mögliche Prozentsatz der Direktzahlungsmittel ist für die Erste-Hektare-Prämie festzulegen und eine verbindliche Kappung der Direktzahlungen – mit Ausnahme der Eco-Schemes und abzüglich der Beträge für Löhne und Gehälter – ab 100.000 Euro vorzunehmen.
  • Im Rahmen der Konditionalität sind die „nicht-produktiven Landschaftselemente“ ohne Zwischenfrüchte oder andere produktive Kulturen umzusetzen. Ein Anteil von 5 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche eines jeden konventionell wirtschaftenden Betriebes ist dafür festzulegen.
  • Existenzgründungen sowie Förderungen von Junglandwirten*innen sind zur Zukunftsabsicherung ausreichend zu finanzieren (z.B. angelehnt an die Junglandwirt*innen-Förderung der 2. Säule in Sachsen-Anhalt). Die Nutzung von mindestens 4 Prozent der Direktzahlungen für die Junglandwirt*innen-Förderung sowie die Ausgestaltung derselben als qualifizierte Niederlassungs- statt pauschaler Flächenprämie sind anzustreben.
  • Eine bundesweite extensive Weidetierprämie ist einzuführen (zw. 0,3 – 1,4 GVE/Hektar). Hierfür bieten sich die Eco-Schemes oder eine gekoppelte Prämie für Schafe, Ziegen und Mutter-/Milchkühe an. Wir unterstützen den Vorstoß der Länder ausdrücklich, Mittel für eine gekoppelte Tierprämie bereitzustellen.
  • Eine regionale, flächengebundene und artgerechte Tierhaltung in bäuerlichen Strukturen und eine Reduzierung der absoluten Tierzahlen in sehr viehintensiven Gebieten ist umzusetzen. Den Empfehlungen der Borchert-Kommission ist zu folgen.
  • Unnötige Bürokratie muss beseitigt werden. Dies betrifft vor allem Maßnahmen, die gegen Umweltinteressen stehen, wie Grünlandumbruch, um den Ackerstatus zu erhalten. Des Weiteren ist die Grünlanddefinition anzupassen.
  • Einen rechtssicheren Ausschluss außerlandwirtschaftlicher Investoren von den Zahlungen ist sicherzustellen, ausgenommen davon sind gemeinwohlorientierte Investoren wie bspw. die BioBoden Genossenschaft3.
  • Die EU-Biodiversitätsstrategie und die Farm-To-Fork Strategie müssen Einzug in den Nationalen Strategieplan halten.

Liste der Unterzeichner:

  • Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Mitteldeutschland,
  • Bioland Ost e.V.,
  • Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland,
  • Landesverband Thüringen (BUND Thüringen),
  • Gäa e.V. Ökologischer Landbau,
  • Grüne Liga Thüringen e.V.,
  • Naturschutzbund, Landesverband Thüringen (NABU Thüringen),
  • Thüringer Ökoherz e.V.
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