Am 15. März 2021 begann unter deutscher Beteiligung das zweiwöchige NATO-Manöver „Baltic Mine Countermeasures Squadron Exercise“, bei dem in dänischen Gewässern alte Minen und Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg aufgefunden und gesprengt werden sollen. Der Nachweis von getöteten Schweinswalen bei einer ähnlichen NATO-Übung Ende August 2019 im Naturschutzgebiet (NSG) Fehmarnbelt lässt beim NABU die Befürchtung aufkommen, dass die vom Aussterben bedrohten Ostseeschweinswale durch diese Operation erneut in akuter Gefahr schweben.

2019 wurden durch einen NATO-Verband unter Beteiligung der Deutschen Marine in der Ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands innerhalb des NSG Fehmarnbelt 42 britische Grundminen aus dem 2. Weltkrieg durch Sprengung beseitigt. Die Sprengungen fanden in der besonders sensiblen Fortpflanzungszeit statt. Die von der NATO zuvor ergriffenen Maßnahmen der Vergrämung entsprachen nicht dem aktuellen Kenntnisstand und waren unzureichend. Infolge der Minensprengungen wurden 41 Schweinswale an den Küsten Schleswig-Holsteins tot angeschwemmt, 24 davon auf explosionsbedingte Folgen untersucht. 10 der Tiere wiesen in den Obduktionen Explosionstraumata auf. Dazu gehören schwere Verletzungen des für Schweinswale lebenswichtigen Gehörs oder starke Blutungen im akustischen Fett der Unterkiefer und Melone.

„Durch den Einsatz von Vergrämern und eines Blasenschleiers nach dem heutigen Stand der Technik hätten die Todesfälle vermieden werden können, weil die Schockwelle von Explosionen durch Luftblasen stark gedämpft wird“, erklärt Ingo Ludwichowski, Geschäftsführer des NABU Schleswig-Holstein. Seit diesen Vorfällen hat die NATO unter Beteiligung deutscher Einheiten in deutschen Hoheitsgewässern der Ostsee nach Kenntnis des NABU keine Sprengungen durchgeführt, wohl aber auf dänischer Seite in der Nähe des Fehmarnbelts und in wichtigen Schweinswalgebieten südlich von Langeland und nördlich von Seeland. Jetzt sind hier weitere Sprengungen geplant. Auch der Isefjord ist in den dänischen nautischen Informationen als Manövergebiet gekennzeichnet. Er beherbergt seit alters her eine große Schweinswalpopulation und ist sogar nach dem Schweinswal benannt (‚ise‘, ‚nise‘). Dort ist zur Heringslaichzeit im März der Tisch für Schweinswale reich gedeckt. Die Gefahr eines großen Kollateralschadens durch Unterwasserexplosionen ist hier also besonders groß.

„Die Natur kennt keine Hoheitsgewässer. Die Grenze spielt für die Ausbreitung gefährlicher Schockwellen und das Vorkommen von Schweinswalen keine Rolle. Für die beiden in der Ostsee vorkommenden Schweinswalpopulationen tragen alle Ostseeanrainerstaaten eine gemeinsame Verantwortung. Der Schweinswal ist überall nach europäischem Naturschutzrecht streng geschützt. Es kann nicht sein, dass die NATO dort sprengt, wo der Widerstand am geringsten ist und die EU-Richtlinien zu wenig beachtet werden“, so Ludwichowski.

Beide hier vorkommenden Populationen führt die Rote Liste Deutschlands als vom Aussterben bedroht. Sprengungen können noch im Abstand von über 10 km für Schweinswale tödlich sein oder Hörschäden verursachen, die den Tieren die Orientierung und Ortung ihrer Nahrung mit ihrem Biosonar unmöglich machen. Die Tiere sterben in der Folge an Unterernährung oder enden als Beifang in Fischernetzen.

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