Das deutsche Lieferkettengesetz kommt. Eine Art (Wirtschafts-)Wunder, nachdem NGOs, Aktivist:innen, Bürger:innen, Unternehmen und Verbände wie der BNW sich jahrelang für Fairness per Gesetz ausgesprochen haben. Doch nur ein wirkungsvolles Lieferkettengesetz kann einen positiven Unterschied für alle Beteiligten machen. Deshalb startet der BNW jetzt eine Kampagne, in der sich Unternehmen für mehr Ambition beim Lieferkettengesetz aussprechen. Geschäftsführerin Reuter kritisiert in dem Zusammenhang den gerade veröffentlichten BDI-Verbändebrief als „rückschrittlich“. Jahrelang habe man dort versucht, das Thema auszusitzen. „Unglaublich, dass der BDI jetzt seine massiven Lobby-Blockade gegen das Lieferkettengesetz fortsetzt – nun mit infamen Schein-Argumenten beispielsweise aus entwicklungspolitischer Perspektive“, so Reuter weiter.

Dabei ist der aktuelle Gesetzentwurf für Unternehmen, die bereits jahrelang Verantwortung für ihre Lieferketten übernehmen, nicht weitreichend genug. Antje von Dewitz, Geschäftsführerin von VAUDE macht deutlich: „Wir haben aktuell Wettbewerbsnachteile, da wir freiwillig in Ent-wicklung und Herstellung von umweltfreundlichen Produkten investieren, die unter fairen Bedin€gungen produziert werden. Ein Lieferkettengesetz könnte ein Schritt sein, gleiche Wettbewerbs€bedingungen für alle zu schaffen. Mit rund 500 Mitarbeiter:innen würde der aktuelle Entwurf jedoch gar nicht für uns und die hauptsächlich mittelständisch geprägte Textilindustrie greifen.“

Das ab 2023 geltende Lieferkettengesetz richtet sich laut Entwurf zunächst an Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten, ab 2024 dann an Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Zur Einordnung: In Deutschland gibt es nur 600 Unternehmen mit 3.000 Mitarbeitenden und nur 2.900 Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden. Das Potenzial für eine positive Transformation der gesamten Wirtschaft wäre also begrenzt. „Die künstliche Beschränkung auf die großen Unternehmen trägt aktiv dazu bei, dass KMU sich nicht das notwendige Lieferkettenmanagement als moderne Business-Disziplin aneignen“, macht Antje von Dewitz (VAUDE) deutlich. Dabei wäre der Aufbau dieser Kompetenz ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunftsfähigkeit, da moderne Konsument:innen das heute bereits von den Firmen erwarten.

„Die Veränderung der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung muss durch die Politik mit passenden Instrumenten unterstützt und geleitet werden. Entscheidend bleibt also weiterhin der gesellschaftliche und vor allem politische Wille, damit es zu einer nachhaltigen Transformation der Wirtschaft kommen kann,” erklärt Professor Dr. Laura Marie Edinger-Schons, Wirtschaftswissenschaftlerin und Universitätsprofessorin für Corporate Social Responsibility an der Universität Mannheim.

Und Sozialunternehmerin Lisa Jaspers, die 2018 die Petition #fairbylaw initiierte und Ende 2019 knapp 180.000 Stimmen für unternehmerische Verantwortung per Gesetz an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales überreichte, fügt hinzu: „Als Unternehmerin und Bürgerin erwarte ich ein Gesetz, von dem alle Menschen entlang der Lieferkette profitieren, besonders diejenigen, die täglich Unrecht und Diskriminierungen am Arbeitsplatz erfahren.”

Beatrace Angut Oola, Gründerin der Online-Vernetzungs- und Informationsplattform Fashion Africa Now, die als Brückenschlag afrikanischer Kreativer nach Deutschland dient, spricht sich ebenfalls für Gerechtigkeit in der Lieferkette aus: „Wenn wir über gerechte Lieferketten sprechen, muss unser Blick sehr viel weiter reichen als nur bis zu den direkten Zulieferern von Unternehmen. Deshalb muss ein Lieferkettengesetz auch die komplette Lieferkette umfassen. Sonst laufen wir Gefahr, dass diejenigen im Globalen Süden, die aktuell am meisten Diskriminie-rung und Ausbeutung erfahren, nicht von diesem Gesetz geschützt werden.“

Ebenfalls gestärkt werden müssen aus Sicht des BNW die Standards zum Umweltschutz, die im derzeitigen Entwurf eine untergeordnete Rolle spielen und erst dann relevant werden, wenn sie sich unmittelbar auf Menschenrechte auswirken. Dazu Enrico Rima, Gründer des nachhaltigen Stoffanbieters Lebenskleidung und BNW-Vorstandsmitglied: „Das Lieferkettengesetz muss zu Umweltstandards verpflichten, denn eine Missachtung wird zwangsläufig dazu führen, dass Menschen unter unzumutbaren Bedingungen leben und arbeiten müssen.“

Im Europaparlament stimmten 504 von 695 Parlamentarier:innen für den sog. „Legislativbericht über menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten von Unternehmen“. BNW-Geschäftsführerin Dr. Katharina Reuter dazu: „Inhaltlich geht das weit über den deutschen Entwurf hinaus. Der EU-Bericht beinhaltet die Einbeziehung von weitaus mehr Unternehmen, beantwortet mehr Umweltfragen und umfasst Bestimmungen zur zivilrechtlichen Haftung – allesamt Punkte, die auf Druck von BDI, BDA und DIHK aus dem deutschen Gesetzesentwurf gestrichen wurden.” Reuter weiter: „Auch das deutsche Lieferkettengesetz muss dafür sorgen, dass die unternehmerische Verantwortung künftig nicht mehr auf dem Betriebsgelände endet, sondern die ganze Wertschöpfungskette umfasst.”

Der BNW ruft weitere Unternehmer:innen auf, unter dem Hashtag #transparenteswirtschaften zu erklären, wieso das Lieferkettengesetz zu transparenterem Wirtschaften führt.

Weitere Stimmen aus der Wirtschaft:

Michael Brenner (CFO Weleda)
„Ein wirklich ambitioniertes Lieferkettengesetz sollte ein wichtiges Bollwerk gegen die ökologische Verarmung sein. Freiwillige Initiativen sind auch unverzichtbar, aber sie reichen leider nicht aus.“

Kerstin Stromberg (sodasan)
„Nachhaltigkeit darf kein weichgespültes Lippenbekenntnis sein. Nach jahrelangen Absichtserklärungen von Politik und Großindustrie brauchen wir jetzt Taten, die zu einem Wandel in der gesamten Gesellschaft führt. Durch unsere CSE-Zertifizierung ist die Prüfung unserer Lieferketten bereits heute gelebte Praxis.“

Daniel Duarte (koawach)
„Die Wertschöpfungskette muss zur Wertschätzungskette werden – vom Endverbraucher bis zum Produktionspartner. Deshalb brauchen wir ein starkes Lieferkettengesetz, denn Wettbewerbsvorteile, die auf der Ausbeutung von Menschen basiert, wollen wir nicht.“

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