suche nach Strategien im Klimawandel
Neue Strategien entwickeln die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, um die Herausforderungen des Klimawandels in den historischen Schlossgärten zu bewältigen: Es geht darum, das überlieferte Erscheinungsbild des Gartenkunstwerks zu erhalten. Viele der bisher üblichen Baumarten kommen mit den zunehmend heißen und trockenen Jahren nicht mehr zurecht – Baumarten, die für das typische Erscheinungsbild unerlässlich sind. Sehr oft sind es die großen alten Bäume, teilweise über 200 Jahre alt und damit noch aus der Entstehungszeit des Gartens, die den Klimastress nicht mehr aushalten und absterben.
Naturverjüngung in der eigenen Baumschule
Die Fachleute der Staatlichen Schlösser und Gärten haben sich auf die Suche nach gärtnerischen Möglichkeiten gemacht. „Naturverjüngung“ – das ist der Schlagwort für eine der Strategien. Dabei wird einerseits der im Garten selbst auflaufende „Baumnachwuchs“ verpflanzt und kultiviert. Darüber hinaus mit Sämlingen gearbeitet, die aus dem Saatgut der Bäume gezogen werden, die im Schlossgarten wachsen – angepasster Nachwuchs. Andererseits wird nach Bäumen gesucht, die mit den zukünftigen Bedingungen zurechtkommen. „Wir müssen Bäume finden werden, die das veränderte Klima aushalten“, erklärt Prof. Dr. Hartmut Troll, bei den Staatlichen Schlössern und Gärten für die historischen Gärten zuständig.
Die baumschule, eine alte Schwetzinger tradition
Ein Schlüssel, um herauszufinden, welche Bäume mit der Klimaentwicklung zurechtkommen, ist die eigene Aufzucht: Bei Jungbäumen, deren Entwicklung vom Sämling an in der Situation des Schwetzinger Gartens beobachtet werden konnte, lässt sich gut abschätzen, ob sie in das Klima passen. Dafür haben die Staatlichen Schlösser und Gärten jetzt begonnen, die große Baumschule zu reaktivieren. Über Generationen gehörte sie zum Schlossgarten. Dort sollen Jungbäume gezogen werden, die an die aktuelle Klimasituation angepasst sind – von Anfang an. Darüber hinaus wird die Baumschule ein Standort sein, an dem besondere Bäume des Schlossgartens als genetische Ressource für die Zukunft gesichert werden. „Wir greifen mit der Baumschule eine Tradition auf, die es gab, seit der Schlossgarten existiert“, sagt Hartmut Troll.
sonderfördermittel des Landes
Ein weiterer Baustein der Klimaanpassungsstrategie ist die Anwendung von Pflanzenkohle zur Bodenverbesserung. Im Schlossgarten Schwetzingen soll erprobt werden, inwieweit die Speicherkapazität der sandigen Böden für Wasser und Nährstoffe erhöht und die Baumgesundheit unterstützt werden können. Auch das ist ein Arbeitsschritt, für den die Baumschule die richtige Umgebung bietet. Für die Einrichtung und Betreuung der alten und neuen Baumschule hat das Land Baden-Württemberg mit dem „Sonderprogramm für Klimafolgenanpassung im Schwetzinger Schlossgarten“ für zwei Jahre je 150.000 Euro zur Verfügung gestellt.
baumschule beim schwarzen meerle
Jetzt im Frühjahr ist schon einiges passiert. Auf einer Fläche von etwa 1.000 qm konnten die ersten Setzlinge gepflanzt werden – ca. 650 Stück. Das bepflanzte Terrain gehört zum Gelände der historischen Baumschule, gelegen westlich vom „Schwarzen Meerle" – beim Tempel der Botanik – aber vom Lustgarten getrennt durch ein Bäume und Sträucher. „Was wir jetzt bepflanzt haben, dient zur Vorkultivierung für die Baumschule, die derzeit noch in Planung ist“, erläutert Hartmut Troll. „Zugleich ist das Areal eine Versuchsfläche: Hier testen wir, welche Methoden der Kultivierung für den Standort in Schwetzingen je nach Baumart am besten geeignet ist. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen dann bei der Umsetzung der „richtigen“ Baumschule mit ein.“
zöglinge aus verschiedenen Regionen
Die Vielfalt der Setzlinge ist groß – und von manchen Baumarten werden auch Exemplare gezogen, die aus besonders trockenen Gegenden stammen. So kann untersucht werden, ob sich Gehölze aus entsprechenden Herkunftsgebieten für den Schlossgarten Schwetzingen im Klimawandel besser eignen. Von der Rotbuche, ganz besonders typisch für den Schlossgarten, werden Exemplare aus verschiedenen Regionen getestet: Setzlinge aus dem immer schon warmen Oberrheingraben, andere aus dem Rheinischen und dem Saarpfälzer Bergland, aus dem Württembergisch-Fränkischen Hügelland – aber auch aus Nordspanien. Um das Wuchsverhalten der Gehölze auf unterschiedlichen Bodenverhältnissen und Bodenzusatzstoffen zu testen, wurden Teilbereiche der Fläche mit Pflanzenkohlesubstrat angereichert.
Arboristikerin und Baumschuler
Die Entwicklung der neu gepflanzten Gehölze wird wissenschaftlich begleitet. In den Schlossgarten ausgepflanzt können die Bäume, je nach Art, frühestens in fünf bis sieben Jahren werden. So konnten in diesem Frühjahr die ersten Eichen, die vor sechs Jahren aus eigener Naturverjüngung gewonnen wurden, im Garten ausgepflanzt werden. Die nächsten Jungbäume werden im Herbst „aufgeschult“. Für die Betreuung der Versuchsfläche verfügen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg jetzt über eine eigene Arboristikerin, spezialisiert auf Schutz, Pflege und nachhaltige Entwicklung von Gehölzen und Bäumen.. Dazu kommt ein externer Baumschul-Spezialist. Hartmut Troll: „Wir hoffen, dass wir für die Betreuung der Plantage hoffentlich bald einen eigenen Baumschuler einstellen können.“ Baumschuler – so man ausgebildete Baumschulgärtner, in der Ausbildung von Gärtnern eine spezielle Fachrichtung.
information
Aktuell sind Schloss und Schlossgarten Schwetzingen wie die meisten Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen des Landes geschlossen.
KOMMEN. STAUNEN. GENIESSEN. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg öffnen, be-wahren, vermitteln und vermarkten 62 historische Monumente im deutschen Südwesten. 2019 besuchten rund 4 Mio. Menschen diese Originalschauplätze mit Kulturschätzen von höchstem Rang: darunter Schloss Heidelberg, Schloss und Schlossgarten Schwetzingen, das Residenzschloss Ludwigsburg, Schloss und Schlossgarten Weikers-heim, Weltkulturerbe Kloster Maulbronn, Kloster und Schloss Salem sowie die Festungsruine Hohentwiel.
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