Die Diagnostik von Brustkrebs zu verbessern, ist das erklärte Ziel der beiden Richtzenhain-Preisträger 2020, Sebastian Bickelhaupt und Paul Jäger. Die beiden Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum passten die diffusionsgewichtete Magnetresonanztomografie (MRT) speziell für die Untersuchung der Brust an und kombinierten die Bildgebung mit intelligenten Verfahren zur Bildanalyse, um bösartige Veränderungen aufzuspüren. Die Methode könnte künftig die Notwendigkeit für Kontrollbiopsien nach einem auffälligen Mammographie-Befund reduzieren.

Jedes Jahr nehmen etwa 2,8 Millionen Frauen in Deutschland am Mammographie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs teil. Etwa jede zwanzigste Frau, die diese Untersuchung wahrnimmt, muss mit einem auffälligen Befund rechnen. Erhärtet sich der Verdacht, schlagen Ärzte in der Regel vor, eine Gewebeprobe (Biopsie) zu entnehmen. Das betrifft jährlich über 30.000 Frauen, doch nur bei rund der Hälfte von ihnen findet sich bei der Gewebeuntersuchung tatsächlich ein bösartiger Tumor.

Die beiden Preisträger haben das Ziel, nicht-invasiv und ohne den Körper mit Strahlen oder Kontrastmitteln zu belasten, das Gewebe der Brust besser klinisch zu beurteilen und damit vielen Frauen die unnötige Biopsie zu ersparen. Dazu haben sie die diffusionsgewichtete Magnetresonanz-Tomografie für die Untersuchung der weiblichen Brust optimiert und mit intelligenten computerbasierten Bildanalyseverfahren kombiniert.

Die Preisträger konnten ihre Kombination aus MRT und Bildanalyseverfahren in einer von der Dietmar Hopp-Stiftung geförderten klinischen Studie an über 200 Patientinnen entwickeln. Alle Studienteilnehmerinnen hatten vor der Teilnahme an der Studie aufgrund einer auffälligen Mammographie die Empfehlung zur Durchführung einer Biopsie erhalten. Vor der Entnahme der Gewebeprobe wurde das Brustgewebe mit der neu entwickelten Methode untersucht, mit dem Ergebnis: Die Zahl der falsch positiven Befunde und damit der unnötigen Biopsien hätte durch die neue Methode um 70 Prozent gesenkt werden können.

Bevor die Methode routinemäßig in der Klinik eingesetzt werden kann, muss sie sich in einem nächsten Schritt in größeren multizentrischen Studien bewähren. "Die MRT-Aufnahmen werden mit Hilfe einer speziell entwickelten, intelligenten Software ausgewertet, was die Methode weitgehend unabhängig von der Interpretation durch einzelne Ärzte macht. Auf diese Weise lässt sich gewährleisten, dass die Methode an verschiedenen Studienzentren gleichermaßen zuverlässige Ergebnisse erzielt", erklärt Paul F. Jäger. Inzwischen ist es dem KI-Spezialisten gelungen, die Bildauswertung so zu verbessern, dass verdächtige Gewebeveränderungen vollautomatisch erkannt werden, was den Arbeitsaufwand und die Fehleranfälligkeit in der klinischen Routine weiter reduzieren kann. Dieses Projekt wird von der Else Kroemer-Fresenius-Stiftung gefördert.

Die beiden Preisträger konnten inzwischen zusätzliche Fördermittel einwerben, um die kombinierte Methode für die klinische Anwendung weiterzuentwickeln. Zudem weisen erste Studienergebnisse darauf hin, dass die MRT-Technik auch bei anderen Krebsarten die Diagnostik unterstützen könnte, unter anderem die Abklärung von unklaren Veränderungen an den Eierstöcken. "Vor einer möglichen Anwendung der Methode in der Klinik sind zunächst weitere, umfangreichere Studien notwendig. Um diese nächsten Schritte nun gemeinsam gehen zu können, haben wir eine enge Zusammenarbeit zwischen dem DKFZ und Universitätsklinikum Erlangen aufgebaut", ergänzt Radiologe Sebastian Bickelhaupt.

Sebastian Bickelhaupt, Facharzt für Radiologie, promovierte am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), wo er im Anschluss in der Abteilung Radiologie als Arzt arbeitete und forschte und von 01/2019 an eine von der Dieter Morszeck Stiftung finanzierte Junior-Forschungsgruppe leitete. Anfang 2020 wechselte er als Leiter des d.hip digital health data centers und Oberarzt ans Universitätsklinikum Erlangen. Der Physiker und KI-Spezialist Paul F. Jäger promovierte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und am DKFZ. Nach einem Forschungsaufenthalt in Kanada kehrte er 2020 als Postdoc ans DKFZ zurück und leitet seit 01/2021 die Junior-Forschungsgruppe "Interactive Machine Learning". Die beiden Preisträger teilen sich das Preisgeld von 10.000 Euro.

Den Richtzenhain-Preis der Stiftung des Neurologen Walther Richtzenhain und seiner Frau Christine wird seit 1975 durch das Deutsche Krebsforschungszentrum verliehen. Die Auszeichnung geht im Jahresrhythmus abwechselnd an Doktoranden in Heidelberger Forschungsinstitutionen und Wissenschaftler aus der gesamten Bundesrepublik für Arbeiten auf dem Gebiet der translationalen Krebsforschung.

Über Deutsches Krebsforschungszentrum

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.

Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.

Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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