COVID-19 lässt andere Krankheitsbilder wie Schlaganfälle und Herzinfarkte, die oft auf Bluthochdruck zurückzuführen sind, in den Hintergrund treten. Dabei versterben pro Jahr in Deutschland über 45.000 Menschen an einem Herzinfarkt und über 27.000 Menschen an einem Schlaganfall – und die Hälfte dieser Erkrankungen geht auf das Konto der Hypertonie, so der Fachbegriff für Bluthochdruck. Zudem leidet fast jeder dritte erwachsene Deutsche an Hypertonie, Tendenz steigend. Viele Betroffene nehmen die Krankheit auf die leichte Schulter. Die Gründe: Eine Hypertonie ist eine eher stille Gefahr, tut nicht weh und zeigt anfangs oft keine Symptome. Unbehandelt kann sie aber zu schweren Folgeerkrankungen führen und letztlich eben auch einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verursachen. Was es zu beachten gilt, erklärt Prof. Anil Martin Sinha Chefarzt der Abteilung Kardiologie am Sana Klinikum Hof

Herr Prof. Sinha, Bluthochdruck wird vor allem mit Blick auf COVID-19-Risikogruppen thematisiert. Wie beurteilen Sie diese Diskussionen?

Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie herrscht gerade bei Menschen mit angeborenen und erworbenen Herz- oder Kreislauferkrankungen eine gewisse Verunsicherung über individuelle Risiken vor. Denn gleich zu Beginn der Pandemie wurde aus China berichtet, dass Menschen mit Vorerkrankungen wie beispielsweise Bluthochdruck einen schwereren Krankheitsverlauf hatten. Darüber hinaus kam der Verdacht auf, dass die Einnahme von Blutdruckmedikamenten eine COVID-19-Infektion verkompliziert.  Aktuelle Studien haben aber gezeigt, dass Blutdruckmedikamente kein zusätzlicher Risikofaktor für schwere COVID-19-Verläufe sind.

Menschen mit Bluthochdruck können hier also etwas aufatmen?

Grundsätzlich gilt: Trotz eines Rückgangs der neu gemeldeten COVID-19-Fälle pro Tag ist weiterhin Vorsicht geboten. Es besteht jedoch kein Anlass zur Panik. Mit Bezug auf die Behandlung von Bluthochdruck kann man davon ausgehen, dass die Wirkstoffe die Prognose von COVID-19-Patienten nicht verschlechtern. Sie können also weiter zum Einsatz kommen und sollten auch keinesfalls abgesetzt werden.

Was aber genau ist eigentlich der Blutdruck?

Das ist der Druck, mit dem das Herz das Blut durch die Arterien pumpt. Der Blutdruck ist abhängig von der vom Herzen gepumpten Blutmenge, der Dehnbarkeit der großen Gefäße sowie von dem Strömungswiderstand in den kleinen Gefäßen. Verschiedene Hormone beeinflussen ihn. Er steigt bei z. B. Stress oder körperlicher Aktivität oder und sinkt, wenn wir schlafen. Bei gesunden Menschen pendelt er sich stets im Normalbereich ein.

Wie kommt es dann, dass immer mehr Menschen an Bluthochdruck leiden?

Das Alter spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle; dies ist am ehesten durch die Abnahme der Dehnbarkeit der großen Gefäße bedingt. Großen Einfluss hat zudem der Lebensstil, so können zum Beispiel Übergewicht, Bewegungsmangel oder das Rauchen schon im jüngeren Lebensalter den Bluthochdruck begünstigen.

Und was macht zu hohen Blutdruck so gefährlich?

Das Problematische ist eben, dass Bluthochdruck meist keine Beschwerden verursacht, viele Betroffene sich also gesund fühlen. Das ist insofern tückisch, als Hypertonie teils lebensbedrohliche Langzeitfolgen haben kann. Durch den dauerhaft erhöhten Blutdruck werden Organe und Gefäße übermäßig belastet und langfristig geschädigt. Die Folgen eines länger bestehenden und unzureichend therapierten Bluthochdruckes können gravierend sein – es drohen Herzinfarkt, Herzschwäche, Schlaganfall, Nierenschwäche und vieles mehr. Dafür reicht übrigens schon ein nur leicht erhöhter Blutdruck.

Und ab wann ist der Blutdruck zu hoch?

Bluthochdruck liegt dann vor, wenn durch einen Arzt in der sogenannten »Praxismessung« wiederholt Blutdruckwerte von 140/90 mmHg oder höher zu mindestens zwei verschiedenen Zeitpunkten gemessen werden. Auch eine Langzeitblutdruckmessung über 24 Stunden kann einen Bluthochdruck aufdecken. Der Blutdruck, der zu Hause selbst gemessen wird, sollte unter 135/85 mmHg liegen.

Kann man hier selbst etwas tun?

Es gibt viele Faktoren, die Bluthochdruck bedingen. Manche – wie z. B. das Alter oder die erbliche Veranlagung – können nicht vom Patienten selbst beeinflusst werden. Andere hingegen lassen sich mit einem gesunden Lebensstil reduzieren oder sogar ganz eliminieren. Allgemein gilt: Trinken Sie Alkohol nur moderat. Essen Sie wenig Salz. Ernähren Sie sich generell gesund. Rauchen Sie nicht. Reduzieren Sie Übergewicht. Bauen Sie Stress ab und machen Sie regelmäßig Sport im Sinne von moderatem Ausdauertraining, am besten zweimal bis dreimal in der Woche, zum Beispiel Wandern, Laufen oder Schwimmen.

Wie kann Bluthochdruck behandelt werden? Sie hatten schon von Medikamenten gesprochen.

Wenn der Verzicht auf Zigaretten, Gewichtsreduzierung und eine Ernährungsumstellung nicht hilft, greifen wir zu Medikamenten. Es gibt verschiedene Wirkstoffe, die der Arzt kombinieren muss, um einen Behandlungserfolg schnell zu erreichen und somit die Folgen des Bluthochdrucks zu verhindern. Heute werden verschiedene Wirkstoffe in einer einzigen Tablette kombiniert und damit die Einnahme vereinfacht. Das soll die Motivation und Therapietreue der Betroffenen steigern. Letzteres ist Voraussetzung dafür, dass die Behandlung funktioniert und gut vertragen wird.

Zum Hintergrund (www.hypertonietag.de):

Der diesjährige Welt-Hypertonie-Tag findet wegen der Corona-Krise unter besonderen Bedingungen statt. Traditionell durchgeführte, immer sehr gut besuchte Informationsveranstaltungen auf Marktplätzen, in Apotheken, in Kliniken und öffentlichen Einrichtungen wird es aufgrund der Corona-Pandemie nur mit den mittlerweile üblichen Einschränkungen geben. Umso wichtiger ist es, angesichts des ebenso pandemischen Ausmaßes und der tödlichen Gefahr dieser Erkrankung die Hypertonie multimedial zu thematisieren und ihr auch am Welt-Hypertonie-Tag 2021 große Aufmerksamkeit zu widmen. Denn die WHO stuft die Hypertonie weiterhin als größte globale Gesundheitsgefahr ein.

Über die Sana Klinikum Hof GmbH

Das Sana Klinikum Hof gehört mit seinen 465 vollstationären Betten und 22 teilstationären Plätzen zu den größten somatischen Akutkrankenhäusern in Bayern. In 14 Fachabteilungen behandelt das Haus der Schwerpunktversorgung jährlich etwa 25.000 stationäre und 30.000 ambulante Patienten.

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