Einführend umriss Herr Dr. Gosten, Berliner Stadtreinigung und Vorstandssprecher der DGAW, die aktuellen Herausforderungen auf dem Frisch- und Altholzmarkt. Nach seiner Auffassung beeinflussen aktuelle Entwicklungen der nationalen und internationalen Forstwirtschaft maßgeblich auch den Altholzmarkt. Durch die ausgelastete Holzwerkstoffindustrie ist die Nachfrage am Altholzmarkt für die stoffliche Verwertung weiterhin hoch und auch die thermische Verwertung hat ausreichend Holzbrennstoffe zur Verfügung. In Bezug auf die Sperrmüllerfassung und -verwertung wird abzuwarten sein, ob über die bereits bestehenden Getrennterfassungs- und Verwertungsvorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes hinaus Impulse für mehr Investitionen gesetzt werden. Nach Einschätzung der DGAW wird der Altholzeinsatz gegenüber dem Frischholz durch den Gesetzgeber diskriminiert, so dass die Entwicklung der stofflichen Verwertung von Altholz durch den Gesetzgeber mehr gebremst als gefördert wird. Da auch frisches Holz nicht chemisch „rein“ ist, weil Bäume auch eine Schadstoffsenke sein können, sollten die Anforderungen an Altholz auch nicht höher sein als bei frischem Holz.
Frau Prof. Dr. Sabine Flamme, FH Münster, stellte das Altholzaufkommen und die -verwertung dar. Dabei ging sie zunächst auf die Zusammensetzung und Verwertungssituation der Gesamtmenge von rund 10 Mio. t Altholz ein. Rund 10% der Gesamtmenge beläuft sich auf Sperrmüll, der zum Großteil (ca. 80%) der Kategorie AII zugeordnet werden kann; gemäß Regelvermutung aber der Kategorie AIII zugeordnet wird. Von der Gesamtmenge werden 15% stofflich und 85% thermisch verwertet.
Im Rahmen des UBA-Projekts „Evaluierung der Altholzverordnung im Hinblick auf eine notwendige Novellierung“ (Juni 2020, FKZ: 3717 35 340 0) wurden die folgenden Punkte als Impuls für die Novellierung der AltholzV fokussiert: Verstärkte Wiederverwendung von z. B. Altmöbeln, verstärkte Prüfung, ob eine Vorbereitung zur Wiederverwendung möglich ist sowie die Stärkung des Recyclings und der Kaskadennutzung und der Qualitätssicherung bei der Altholzaufbereitung und –verwertung. Die Vorschläge wurden im Diskussionsentwurf für eine novellierte Altholzverordnung (24.04.2020) im Wesentlichen aufgenommen.
Anschließend zeigte Frau Anemon Strohmeyer, Verband der deutschen Holzwerkstoffindustrie e.V. (VHI) die Möglichkeiten der stofflichen Verwertung von Altholz auf. Mit Blick auf die Kohlenstoffspeicherung im Produkt steht die Nutzung von Holzprodukten in mehreren Produktlebenszyklen (z. B. Wiederverwendung, Gebrauchtwarenhäuser) und der Einsatz von Sekundärrohstoffen, insbesondere in Spanplatten, im Vordergrund. Beim Holzabfall im Sperrmüll sieht Frau Strohmeyer noch Potenzial für die stoffliche und hochwertige (also energieeffiziente) Verwertung. Voraussetzung seien jedoch getrennte bzw. werterhaltende Erfassung, Sortierung und Aufbereitung. Diese ist bereits im Kreislaufwirtschaftsgesetz in §20 Abs. 2 gefordert. Die Einwendung der technischen Unmöglichkeit und wirtschaftlichen Unzumutbarkeit kann hier seitens des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers übrigens nicht geltend gemacht werden. Auch in der Gewerbeabfallverordnung ist bereits festgelegt, dass die Hölzer aus gewerblichen Siedlungsabfällen und Bau- und Abbruchabfällen getrennt zu sammeln und entsprechend der Abfallhierarchie zu verwerten sind. Daher steht beim Sperrmüll die Umsetzung bestehender Regelungen vor der Setzung weiterer Anreize.
Frau Katrin Metternich, Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz NRW stellte das Spannungsfeld der Rechtssysteme Kreislaufwirtschaftsgesetz und Immissionsschutzgesetz im Bereich der energetischen Altholzverwertung dar. Insbesondere ging sie dabei auf die 1. BImSchV, die 13. BImSchV, die 44. BImSchV und die 17. BImSchV ein und erläuterte die verschiedenen Anwendungsbereiche für Altholz. Die Voraussetzungen des Immissionsschutzrechts für die thermische Verwertung weist in jeder BImschV begriffliche Diskrepanzen zu den in den Altholzkategorien der Altholzverordnung auf, dies hat Folgen für die Brennstoffklassifikation. Eine Harmonisierung der Begrifflichkeiten zwischen der 13./17./ 44. BImSchV und den Altholzkategorien AII-AIV der AltholzV sowie die Übernahme des Begriffs „Holzabfälle“ (entsprechend der §§ 2 der 13. bzw. 44. BImSchV in die Nrn. 8.1.1.4 oder 8.1.1.5 des Anh. 1 der 4. BImSchV) seien deshalb sehr wünschenswert.
Abschließend unternahm Rechtsanwalt Ludolf C. Ernst, Köhler & Klett Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, den Versuch, eine Zuordnung zwischen den Altholzkategorien und dem Abfallverzeichnis der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) herzustellen. Ein weiterer Bereich, der einige Diskrepanzen aufweist und damit zeigt, dass der Stoffstrom Altholz einem komplexen Regelungssystem unterliegt.
Die herkunftsbezogene, auf Entstehungsprozesse und Anfallort von Holzabfällen ausgerichtete Systematik der AVV erleichtert die Zuordnung zu Abfallschlüsseln in der Praxis nicht, da zunächst in einem der Kapitel 01 bis 12 und 17 bis 20 nach der Herkunft zu suchen ist. Sollte keine zu finden sein, müssen die Kapitel 13, 14 und 15 geprüft werden. Sollte dies auch zu nichts führen, muss nach Kapitel 16 geprüft werden.
Vereinfachung soll die Regelvermutung in der Altholzverordnung schaffen, die eine Zuordnung gängiger Altholzsortimente im Regelfall ermöglicht. Problematisch bleibt die Zuordnung zu den sog. Spiegeleinträgen, da für die Einstufung der Gefährlichkeit von Altholz in den verschiedene Regelungswerken verschiedene Methoden verankert sind.
Fazit der Veranstaltung war auf jeden Fall, dass der Stoffstrom Altholz einer Regelungsflut aus unterschiedlichen Rechtsquellen unterlegen ist. Ob die Novellierung der Altholzverordnung hier eine Verbesserung schafft, ist eher fraglich. Vielmehr wird der Vollzug einer derartigen Regelungsdichte immer herausfordernder. Umso wichtiger ist es, dass die Altholzverordnung als maßgebliches Regelwerk für die Aufbereitung den Stand der Technik reflektiert, die fortentwickelten rechtlichen Rahmenbedingungen wie die Abfallhierarchie umsetzt und vollzugsfähig ausgestaltet ist. Weitere Grenzwerte führen außerdem nicht dazu, die langjährige Forderung der DGAW, die Diskriminierung des Sekundärmaterials Altholz gegenüber Frischholz aufzuheben, vielmehr wird dessen Einsatz erschwert. Daneben wirken die zahlreichen Regelungen auch der Hebung des Potenzials weiterer Altholzströme entgegen, was ebenfalls nicht gewollt sein kann.
Die DGAW wird den weiteren Gesetzgebungsprozess beobachten.
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