Das renommierte Karolinska-Institut in Schweden hat ein Diskussionspapier über neue Methoden ohne Tierversuche herausgegeben, das klar auf einen Paradigmenwechsel abzielt, bei dem der Tierversuch nicht länger als „Goldstandard“ gilt. Die schwedische Regierung hatte bereits verlauten lassen, Weltführer auf dem Gebiet der tierversuchsfreien Forschung werden zu können. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche zeigt sich erfreut über das 5. Land nach den Niederlanden, den USA, Großbritannien und Norwegen, das einen wichtigen Schritt weg vom Tierversuch macht.

„Von einem Ausstieg aus dem Tierversuch ist in dem Papier des Karolinska Institut noch nicht die Rede, aber ein wichtiger erster Schritt ist getan, nämlich zu erkennen, dass den tierversuchsfreien Methoden die Zukunft gehört“, erläutert Dr. med. vet. Corina Gericke, Vizevorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. So wird ein Placement, nicht Replacement gefordert, also Etablierung tierfreier Verfahren statt eines 1-zu-1-Ersatzes von Tierversuchen. Auch das Wort „Alternativen“ wird nicht gewählt, sondern es wird von „neuen Methoden“ gesprochen. Diese seien kein bloßer Ersatz und auch keine Alternative, da sie sehr viel mehr Möglichkeiten böten als der Tierversuch. Die neuen Techniken bergen nach Überzeugung der Autoren ein großes Potenzial für die Wissenschaft, die menschliche Umwelt und Gesundheit, ebenso wie für die Innovationskraft der Industrie.

In dem 114-Seiten starken Papier wurden mehrere Akteure aus den Bereichen Forschung, Behörden, Politik und Industrie (L’Oréal und AstraZeneca) interviewt. Viele stellen den Tierversuch als „Goldstandard“ in Frage. Mäuse würden geheilt werden, aber die Übertragung auf den Menschen funktioniere oft nicht. Die Forschung brauche mehr Humanrelevanz.

Ziel des Berichts ist zunächst, die Kommunikation zwischen Forschern und anderen Akteuren zu fördern. Die schwedische Regierung hatte im Dezember 2020 einen Fahrplan für die Forschung in den nächsten vier Jahren vorgestellt. Darin heißt es: „Schweden kann Weltführer auf dem Gebiet der Alternativmethoden werden, was sowohl zu neuen Arbeitsplätzen, als auch neuen Firmen beitragen kann. Die Nachfrage nach schnelleren, billigeren und sichereren Testmethoden ist groß.“

Das Karolinska-Institut bei Stockholm ist eine der größten und angesehensten medizinischen Universitäten Europas. Die Nobelversammlung am Karolinska-Institut bestimmt jährlich den oder die Träger des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin.

Schweden reiht sich damit in die Liste der Länder ein, die Schritte zu einem Ausstieg aus dem Tierversuch angehen: Niederlande, USA, Großbritannien und Norwegen.

Ärzte gegen Tierversuche fordert in einer gemeinsamen Kampagne mit dem Bundesverband Menschen für Tierrechte und 13 weiteren Organisationen von der Bundesregierung das Erstellen eines Ausstiegskonzeptes aus dem Tierversuch. Die Forderung kann durch Mitzeichnen einer Online-Petition unterstützt werden.

Weitere Informationen und Quellen

Karolinska Institutet: Att kommunicera om nya metoder utan djurförsök. 02/2021:
http://www.imm.ki.se/rapporter/nya%20metoder%20utan%20djurforsok.pdf

Regeringens Proposition 2020/21:60: Forskning, frihet, framtid – kunskap och innovation för Sverige. 17.12.2020:
https://www.regeringen.se/4af915/contentassets/da8732af87a14b689658dadcfb2d3777/forskning-frihet-framtid–kunskap-och-innovation-for-sverige.pdf

Weltweite Konzepte zum Übergang zu tierversuchsfreier Forschung:
https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/de/tierversuche/stellungnahmen/3331-weltweite-konzepte-zum-uebergang-zu-tierversuchsfreier-forschung

Ausstiegs-Kampagne mit Online-Petition: www.ausstieg-aus-dem-tierversuch.de

Über den Ärzte gegen Tierversuche e.V.

Die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche e.V. besteht seit 1979 und ist ein bundesweiter Zusammenschluss aus Ärzten, Tierärzten und Naturwissenschaftlern, die Tierversuche aus ethischen und wissenschaftlichen Gründen ablehnen. Der Verein engagiert sich für eine moderne, humane Medizin und Wissenschaft ohne Tierversuche, die sich am Menschen orientiert und bei der Ursachenforschung und Vorbeugung von Krankheiten sowie der Einsatz von modernen Forschungsmethoden z.B. mit menschlichen Zellkulturen und Organchips im Vordergrund stehen.

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