»Zählen. Hölderlin mit den Fingern lesen« heißt eines der Kapitel der gerade wieder geöffneten Ausstellung ›Hölderlin, Celan und die Sprachen der Poesie‹ im Literaturmuseum der Moderne (verlängert bis zum 19. September). Im Mittelpunkt steht hier der quantitative Zugang zu Hölderlins Gedichten: Was können wir buchstäblich mit den Fingern zählen, wo und wie hilft der Computer dabei? Ergänzt und erweitert wird dieser Raum nun durch einen Marbacher ›Poesie-Hackathon‹: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Halle, Marbach, Moskau, Potsdam, Stuttgart und Würzburg haben an kuratierten Daten zu den Gedichten von Schiller, Mörike, Hölderlin und Celan digitale Analysen durchgeführt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Online-Kolloquiums diskutieren Methoden und Ergebnisse und versuchen sich an deren Interpretation: Was ist Poesie, wenn wir sie als Ansammlung von Daten betrachten, bearbeiten, analysieren? Was für Strukturen, was für Muster lassen sich erkennen? Was fangen wir mit diesen an – was können sie uns über Poesie sagen, was können wir dazu erzählen? Im Mittelpunkt steht dabei die Frage: Ist die Poesie gegenüber den typischen computerphilologischen bzw. computerlinguistischen Routinen widerständiger als andere literarische Gattungen? Und wenn ja: Welches Erkenntnispotenzial liegt dann in dieser Widerständigkeit?

Im Anschluss an die Präsentation und Diskussion der einzelnen Forschungsprojekte findet ein Gespräch mit dem Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Hannes Bajohr über Poesie und künstliche Intelligenz statt. Bajohr hat 2015 für seinen Roman Durchschnitt alle Bücher aus dem 2002 von Marcel Reich-Ranicki herausgegebenen 20-bändigen Kanon der deutschen Literatur als Textkorpus verwendet, mit Hilfe eines Computerskripts dessen durchschnittliche Satzlänge bestimmt (18 Wörter), alle Sätze anderer Länge aussortiert und das Ergebnis anschließend alphabetisch geordnet. 2018 veröffentlichte er den Gedichtband Halbzeug. Textverarbeitung, in dem ebenfalls Methoden der digitalen Textanalyse als Verfahren der Textproduktion genutzt werden.

Konzept: Heike Gfrereis und Peer Trilcke (Theodor-Fontane-Archiv | Universität Potsdam). In Kooperation mit dem Forschungsverbund Marbach Weimar Wolfenbüttel, dem SDC4Lit und dem Netzwerk für Digitale Geisteswissenschaften der Universität Potsdam.

Die virtuelle Veranstaltung beginnt am 18. Juni um 9 Uhr. Interessierte können sich bis zum 17. Juni anmelden unter: digital-humanities@uni-potsdam.de 

 

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