Ihr Look ist extravagant, ihre tanzenden Sprünge sind legendär – und sie gehören zu den seltensten Lemuren der Welt: In diesem Sommer haben zum ersten Mal die hoch bedrohten Coquerel-Sifakas europäischen Boden betreten – ihre Mission: Die eigene Art vor dem Aussterben zu retten. Am Aufbau des neuen Europäischen Erhaltungszuchtprogramms war der Tierpark Berlin maßgeblich beteiligt.

Zusammen mit zwei weiteren Tieren für den Zoo Köln kamen Ende Mai Männchen Hostilian (5) und Weibchen Euphemia (10) am Flughafen in Frankfurt an. Kurz zuvor war im Zuge der Gründung einer europäischen Reservepopulation ein weiteres Paar in den Zoo Chester nach England gereist. Alle sechs Tiere stammen aus dem Duke Lemur Center in den USA. Dort war 2019 bereits ein kleines Team aus dem Tierpark Berlin zu Besuch, um sich über die besonderen Anforderungen dieser seltenen Primaten umfassend zu informieren. Darunter war auch Dr. Andreas Pauly. Durch sein langjähriges Engagement für den Schutz von verschiedenen Lemurenarten in internationalen Fachverbänden verfügt er nicht nur über viel theoretisches Wissen, sondern als Tierpark-Tierarzt und zuständiger Kurator für Primaten außerdem über viel praktische Erfahrung in Haltung, Pflege und Behandlung dieser bedrohten Tiere. Aufgrund dieser Expertise wurde er im Herbst 2020 zum Koordinator des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) ernannt. „Die Haltung der Tiere ist sehr anspruchsvoll, deshalb wurde auch der Tierpark samt seiner Mitarbeiter*innen sorgfältig auf seine Eignung überprüft, bevor wir die Zusage für zwei Tiere erhalten haben“, erklärt Dr. Pauly. „Das Weibchen Euphemia ist uns gegenüber deutlich zurückhaltender, vorsichtiger und zögerlicher als Hostilian. Ihrem Männchen gegenüber ist sie – wie bei Sifakas üblich – allerding die dominantere“, beschreibt er die beiden Neuankömmlinge, die sich derzeit noch in Quarantäne befinden. Die sensiblen Tiere sind echte Nahrungsspezialisten, ihre Verdauung ist an Blattnahrung angepasst. Für den Umzug aus den USA mussten sich Hostilian und Euphemia erst an die lokale deutsche Küche gewöhnen: Statt Sumach und Mimose steht hier nun heimisches Laub von Robinien und Eichen auf dem Speiseplan. Die Blätter von Feldahorn und Rosen zählen bereits zu den neuen Leibspeisen der beiden Feinschmecker.

Bedrohte Heimat Madagaskar

Coquerel-Sifakas kommen – wie alle Lemuren – ausschließlich auf Madagaskar vor. Zusammen mit ihren nächsten Verwanden, den Indris, sind Sifakas die größten aller Lemuren. Die tagaktiven Kletterkünstler verbringen einen Großteil ihres Lebens auf Bäumen. Auf der Suche nach Nahrung bewegen sie sich kletternd und springend fort und können mit einem Sprung Distanzen von bis zu 10 Metern überwinden. Sind sie doch einmal auf dem Boden unterwegs, beginnt aber erst die eigentliche Show: Ihre hüpfenden Balanceakte auf zwei Beinen sind ein echter Hingucker. Der Name „Sifaka“ ist von den Rufen einiger Arten abgeleitet, die wie ein „si-fak“ klingen. Insgesamt gibt es innerhalb der Gattung neun verschiedene Sifaka-Arten. Coquerel-Sifakas leben in kleinen Gruppen von bis zu 3 -10 Tieren mit Männchen, Weibchen und Jungtieren zusammen. Die Damen geben dabei in der Regel den Ton an. Unter den ohnehin schon sehr gefährdeten Lemuren zählen die vom Aussterben bedrohten Coquerel-Sifakas zu den am stärksten bedrohten. Die Weltnaturschutzunion IUCN schätzt, dass die Gesamtpopulation in den letzten drei Jahrzehnten aufgrund des Verlusts von Waldflächen um mehr als 80 % zurückgegangen ist. „Deshalb engagiert sich der Tierpark Berlin nicht nur durch den Aufbau einer europäischen Reservepopulation für den Erhalt dieser seltenen Primaten, sondern unterstützt auch vor Ort den Schutz der Tiere und ihres natürlichen Lebensraumes“, berichtet Zoo- und Tierparkdirektor Dr. Andreas Knieriem. „Das vom Tierpark geförderte Artenschutzprojekt „Sifaka Conservation“ setzt sich für den Schutz und Erhalt der einzigartigen Artenvielfalt Madagaskars ein.“ Neben den Coquerel-Sifakas sind die ebenfalls vom Aussterben bedrohten Kronensifakas und Mongozmakis weitere Flagschiffarten dieses Projekts. Der Coquerel-Sifaka ist dabei eine der am wenigsten untersuchten Sifaka Arten in Madagaskar. Die Forschungsarbeit vor Ort wird durch Wissenschaftler*innen und Student*innen in enger Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung durchgeführt. Eine aktuelle Studie erfasst neben Beobachtungen zu Verhalten, Populationszahlen und –strukturen auch die Nutzung der verbliebenen Waldgebiete. So möchte man beispielsweise herausfinden, wie Kronensifakas fragmentierte Waldgebiete nutzen und sich zwischen diesen fortbewegen. Derzeit ist eine weitere Studie in Planung, die sich Aufschluss über mögliche Unterschiede in ökologischen Nischen von Kronensifaka und Coquerel-Sifaka geben soll. Nur auf der Basis fundierter, wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Verhalten und Lebensraum der Tiere ist ihr langfristiger Schutz möglich.

Die Tierpark-Besucher*innen können die bemerkenswerten Sprünge noch in diesem Sommer bestaunen, sobald die Quarantänezeit beendet und das Affenhaus wieder geöffnet ist. Dort werden sie in direkter Nachbarschaft mit den Rotbauchmakis und Madagaskar-Riesenratten schon bald behutsam an ihr neues Zuhause gewöhnt.

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