Der Ausbau der Windenergie vor den deutschen Küsten muss naturverträglich erfolgen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält einen Ausbau der Offshore-Windenergie auf 15 Gigawatt (GW) in den kommenden zehn Jahren für vertretbar, damit der Meeresschutz bei der Energiewende ausreichend berücksichtigt wird. „Klimaschutz nur mit Meeresnaturschutz“ heißt ein neues Hintergrundpapier, das der BUND dazu heute anlässlich der Öffentlichkeitsbeteiligung am zweiten Entwurf der Raumordnung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in Nord- und Ostsee veröffentlicht. 

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Saubere, gesunde und artenreiche Meere sind für den Klimaschutz unverzichtbar, saubere und regenerative Energie zur Begrenzung des Klimawandels notwendig. Offshore-Windenergie muss beiden Zielen ausgewogen dienen. Der Ausbau der Offshore-Windenergie und der Meeres- und Küstennaturschutz mit den dazugehörigen Kabelanbindungen durch das Wattenmeer müssen in Einklang sein, wenn die europäischen Naturschutzziele wie etwa Natura 2000, die EU-Vogelschutzrichtlinie und die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie erreicht und das UNESCO-Naturerbe Wattenmeer langfristig geschützt werden sollen. Nur so lässt sich die biologische Vielfalt der Küstenregionen erhalten.“ 

Nach den Zustandsbewertungen von Nord- und Ostsee der Bundesregierung sind die deutschen Meere in keinem guten Zustand. Die Belastung in den Meeres- und Küstenökosystemen muss verringert werden. Heiner Baumgarten, Vorsitzender des BUND Niedersachsen: „Die Offshore-Windenergie darf einmalige Meeresschutzgebiete und Küsten-Nationalparks wie den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer nicht noch weiter belasten. Nach dem jetzigen Wissensstand und unter Berücksichtigung anderer mariner Nutzungen ist ein Offshore-Ausbau in Nord- und Ostsee bis maximal 15 GW bis 2030 noch vertretbar.“

Durch die Offshore-Windenergie werden Schifffahrt, militärische Übungsgebiete und Rohstoffgewinnung in die Meeresschutzgebiete gedrängt. See- und Zugvögel sowie Schweinswale verlieren dadurch ihren Lebensraum und ihre Nahrungsgebiete. Auch wenn Offshore-Windparks nur bis an die Grenzen der Schutzgebiete errichtet werden, wirken sie dennoch in sie hinein, die Schutzgebiete werden dadurch de facto verkleinert. Die jahrelangen Ausbautätigkeiten und Kabelverlegungsarbeiten können Tiere dauerhaft stören und vertreiben. Zudem verändern Offshore-Windanlagen unter anderem die Wassertemperatur und den Salzgehalt im Meer. 

Nadja Ziebarth, Leiterin des BUND-Meeresschutzbüros: „Die Windenergie auf dem Meer bis 2040 auf 40 GW ausbauen zu wollen, würde die Meere noch stärker schädigen. Gesunde Meere sind bedeutend, um die CO2-Pufferwirkung der Ökosysteme und damit die Klimawandelbremse der Nord- und Ostsee zu erhalten. 90 Prozent des CO2 wird weltweit in den Meeren gebunden.“ 

Dezentrale Bürgerenergie kann geringeren Windenergie-Ausbau auffangen. „Regional erzeugter Strom aus Wind und Sonne ist dreimal günstiger als Offshore-Strom“, so Werner Neumann, Sprecher des BUND-Bundesarbeitskreises Energie. „Statt einer teuren Monopolisierung der Energiewende durch Offshore-Windenergie und eines überdimensionierten Netzausbaus sollte eine dezentrale, erneuerbare Energieproduktion gestärkt werden – mit mehr Investitionen in Windparks an Land, Solaranlagen auf Dächern und Batteriespeichern, die von und mit den Bürger*innen realisiert werden. So unterstützt dezentraler Klimaschutz den Schutz von Meer und Küste.“ 

Hintergrund:
Dass ein dezentraler Ausbau erneuerbarer Energien nicht nur aus Naturschutzsicht sinnvoll ist, sondern auch ökonomische und soziale Vorteile mit sich bringt, zeigt unter anderem eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Wird der Offshore-Anteil auf 15 Gigawatt begrenzt, werden erneuerbare Energien dezentral zugebaut. Die Kosten steigen dadurch nicht und die gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende könnte verbessert werden, denn dezentrale erneuerbare Energien schaffen regionale Wertschöpfung und bieten sehr viel mehr Möglichkeiten zur Teilhabe, wie sich zum Beispiel bei gemeinsam betriebenen Dach-Photovoltaik-Anlagen zeigt. Wenn die Kosten für den Netzausbau und den Transport von Strom eingepreist würden, würde sich sogar ganz automatisch eine sehr viel gleichmäßigere regionale Verteilung von erneuerbaren Energien in Deutschland ergeben. Dies wird durch eine Studie von Prof. Lorenz Jarass bestätigt, die zeigt, dass der Stromnetzausbau deutlich gemindert werden kann, wenn eine Kosten-Nutzen-Analyse erfolgen würde, wie sie das EU-Recht vorsieht. 

Mehr Informationen:
BUND-Hintergrundpapier „Klimaschutz nur mit Meeresnaturschutz“: www.bund.net/meeresnaturschutz 

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