Bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta gewann Frank Busemann Silber im Zehnkampf und wurde über Nacht zum Liebling der Massen. Im Sporthilfe-Interview blickt der 46-Jährige auf seine magischen zwei Tage vor 25 Jahren zurück und spricht über die Medaillen-Chancen der deutschen Zehnkämpfer in Tokio. Busemann, heute als TV-Experte, Berater und Speaker tätig, wurde von 1992 bis 2000 von der Deutschen Sporthilfe gefördert und ist heute Mitglied im Sporthilfe Alumni-Club.

Deutsche Sporthilfe: Frank, diesen Sommer jährt sich Deine olympische Silbermedaille von Atlanta zum 25. Mal. Welche Erinnerungen hast Du an den 1. August 1996?

Frank Busemann: Es war der Moment meines Lebens, vor dem der komplette Rest meiner sportlichen Karriere verblasst. Auch im Nachgang betrachtet hat sich alles darauf zugespitzt, besser ist es nicht mehr geworden. Ich werde immer mit diesen zwei Tagen von Atlanta in Verbindung gebracht und davon profitiere ich noch bis heute. Das zeigt einfach auch den riesigen Stellenwert von Olympischen Spielen.

Eine über zehnjährige Leichtathletik-Karriere reduziert auf zwei Tage, das ist schon verrückt.

Ich bin unendlich dankbar für diese beiden Tage. Vielen bleibt das ein ganzes Leben verwehrt. Es muss natürlich auch zum richtigen Moment passen: Wenn du bei Kreismeisterschaften in Olympia-Form bist, bringt das letztlich nichts und umgekehrt. 1996 hat alles gepasst, darauf bin ich wahnsinnig stolz. Olympia überstrahlt einfach alles.

Wie hat die Olympia-Medaille Dein Leben verändert?

Normalerweise ist es ja so: In einer Sportart, in der nicht Millionen verdient werden, beendest du irgendwann deine Karriere, suchst dir einen Job und gehst vernünftig arbeiten. Das hatte ich 2003 auch vor, aber dann kamen Anfragen von Unternehmensberatungen, von Medien und so ging es weiter – alles wegen der Tatsache, dass ich Zehnkämpfer war und sieben Jahre zuvor bei den Olympischen Spielen zwei sehr gute Tage hatte. Was ich jetzt 25 Jahre mache, basiert also auf der Medaille von Atlanta.

Gleichzeitig war es die letzte deutsche Zehnkampf-Medaille bei Olympischen Spielen, obwohl es viele auch international erfolgreiche Athleten gab. Woran liegt das?

Das macht Olympia eben so besonders. Es ist der wichtigste Wettkampf unseres Sports und wenn du dort nicht alles zeigen kannst, musst du wieder vier Jahre warten. Letztendlich hatten unsere Jungs in den letzten Jahren auch etwas Pech. Olympia ist ja kein Selbstläufer.

Mit Kai Kazmirek und Niklas Kaul treten in Tokio der Olympia-Vierte von 2016 und der amtierende Weltmeister für Deutschland an. Was traust Du den beiden zu?

Eine Medaille wäre eine Sensation, machen wir uns nichts vor. Auf dem Papier sind beide zwar im erweiterten Kandidatenkreis, aber keine Favoriten. Allerdings hat man das vor Niklas‘ WM-Titel 2019 auch gedacht und das ist ja das Geile am Zehnkampf: Du musst zehn Disziplinen mit jeweils zehn Gefahren überstehen, es gibt also unter dem Strich einhundert Fettnäpfchen, in die du treten kannst. Ich gehe aus deutscher Sicht aber davon aus: Eine Medaille ist außerhalb der Reichweite – und wenn es doch eine wird, umso schöner.

Publikum wird es in Tokio diesmal nicht geben. Was bedeutet das für die Zehnkämpfer?

Das wird nicht leicht. Mit Zuschauern ist es unbestritten immer schöner, sie können dich auf einer Welle tragen. Das musst du nun selbst schaffen. Aber alle Athleten wissen, worum es geht und kennen mittlerweile das Gefühl, ohne Publikum anzutreten. Wir werden trotzdem viele gute Leistungen sehen, davon bin ich überzeugt.

Ist es richtig, dass die Olympischen Spiele unter diesen Bedingungen ausgetragen werden?

Aus Athletensicht: Klar, die Spiele müssen stattfinden, sonst haben wir eine verlorene Sportler-Generation. Aus Pandemiegesichtspunkten wird ein Riesenaufwand betrieben, um die Spiele auf jeden Fall durchzuziehen. Du darfst in Tokio nicht joggen, nicht einkaufen, nicht ins Restaurant gehen. Unter diesen Rahmenbedingungen Sport zu machen, ist eine riesige Herausforderung. Gewinnen wird nur, wer das annimmt und komplett akzeptiert.

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