These 1: Während der Pandemie wurden Trampoline stärker genutzt, entsprechend stieg die Zahl der Trampolinunfälle.
Prof. Martin Lacher, UKL: Das können wir so nicht mit Sicherheit sagen. Unsere Daten zeigen zumindest keinen Anstieg in den Corona-Monaten. Im ersten Quartal 2019, also vor der Pandemie, haben wir 31 Kinder aufgrund eines Trampolinunfalls zum Röntgen geschickt, dabei wurden 13 Brüche festgestellt. Im ersten Quartal 2021 waren es 33 Kinder und 14 Brüche – also keine Veränderung. Es gibt zwar Studien, wonach es in den Corona-Monaten vermehrt Trampolinunfälle gab, aber wir hier in Leipzig können das so nicht bestätigen. Trampoline sind sehr populäre Sportgeräte, deren Beliebtheit stark gestiegen ist. Vor 15 Jahren gab es daher ganz klar weniger Verletzungen durch das Springen auf Trampolinen. Heute stehen diese Geräte ja in jedem Hinterhof, und entsprechend häufig führt exzessives Hüpfen auch mal zu uns in die Kinderchirurgie.
These 2. Trampolinspringen ist generell riskant und verursacht viele Unfälle.
Prof. Martin Lacher: Ich würde eher sagen, Trampolinspringen ist ein kalkuliertes Risiko. Wir alle kennen die Gefahren, die damit verbunden sein können, aber auch, wie wir damit umgehen müssen. Um keine ernsten Unfälle zu riskieren, sollte man es langsam angehen lassen und sich einüben. Drei von vier Unfällen passieren in den ersten 15 Minuten, in 40 Prozent der Fälle ist etwas gebrochen. Es kann dabei auch komplizierte Brüche geben, Verletzungen am Oberarm, Sprunggelenk oder Ellenbogen. Viele der Verletzungen sind aber gut behandelbar, vor allem in einem spezialisierten Unfall-Zentrum wie dem unseren. Wir als Kinderchirurgen werden dabei unterstützt von unseren hervorragenden Kinderradiologen im Team von Prof. Franz Wolfgang Hirsch, die sehr erfahren sind bei der Diagnose des wachsenen Skeletts von Kindern und Jugendlichen.
Übrigens verletzen sich Mädchen deutlich häufiger beim Trampolinspringen, nur ein Drittel dieser Patienten sind Jungen. Dafür ist bei denen dann eher auch etwas gebrochen. Vermutlich sind Jungen risikobereiter und springen eher intensiver – mit den entsprechenden Folgen.
These 3: Trampoline sind vor allem für kleine Kinder gefährlich.
Prof. Martin Lacher: Unsere Patienten sind zwischen 2 und 17 Jahre alt, aber eher älter als 6 Jahre. Eine Häufung bei den Kleinsten gibt es nicht. Generell wird bei Kindern, die jünger sind als sechs, vom Trampolinspringen abgeraten, einfach, weil kleinere Kinder noch eher Schwierigkeiten mit der erforderlichen Koordination haben. Aber auch das ist Übungssache. Als Vater weiß ich aus Erfahrung – wenn es ältere Geschwister gibt, lässt sich das jüngere Kind faktisch nicht vom Trampolin fernhalten, es ist einfach unwiderstehlich. Da muss man abwägen und mit gesundem Menschenverstand entscheiden, wie weit die Kinder gehen können. Und die grundsätzlichen Sicherheitsregeln sollten eingehalten werden – das Sicherheitsnetz muss intakt sein und der Reißverschluss verschlossen. Denn wenn die Kinder rausfallen, tut es richtig weh und kann deutlich ernster werden. Es sollte nichts auf die Sprungfläche mitgenommen werden, keine Spielsachen und keine Getränke. Außerdem gilt: Barfuß in der Mitte springen, idealerweise einzeln. Das Unfallrisiko steigt um das 14-fache, wenn mehrere Personen auf einem Gerät sind. Wird natürlich trotzdem gemacht, denn das macht so richtig Spaß. Wichtig auch dann: In der Mitte bleiben, nicht zu wild hüpfen und vor allem: keine Salti! Denn gerade ältere Kinder verunfallen vor allem dann, wenn sie einen Salto versuchen.
These 4. Trampolinspringen ist gesund.
Prof. Martin Lacher: Es ist auf jeden Fall sehr förderlich. Das Hüpfen hilft großartig beim Stressabbau, daher wurde vermutlich im Lockdown tatsächlich mehr gesprungen. Trampoline werden zudem bei verschiedenen Erkrankungen auch gezielt in der Therapie eingesetzt, vor allem bei motorischen Entwicklungsverzögerungen oder Hirnschäden. Insgesamt verbessert Trampolinspringen das Körpergefühl und die Koordinationsfähigkeit, stärkt die Muskeln und steigert als Ganzkörpertraining die Fitness. Das reduziert dann wieder die Unfallgefahr im Alltag – und das wieder freut uns Kinderchirurgen.
Das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) versorgt als Klinikum der Maximalversorgung mit 1451 Betten jährlich mehr als 400.000 Patienten ambulant und stationär. Das UKL verfügt über eine der modernsten baulichen und technischen Infrastrukturen in Europa. Mehr als 6000 Beschäftigten arbeiten hier und sorgen dafür, dass die Patienten Zuwendung und eine exzellente medizinische Versorgung auf höchstem Niveau erhalten. Damit ist das UKL einer der größten Arbeitgeber der Stadt Leipzig und der Region und Garant für Spitzenmedizin für Leipzig und ganz Sachsen.
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