In dieser Woche wurde die S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patient*innen“ veröffentlicht. Darin sind 155 Empfehlungen bzw. Statements formuliert, die wichtige Hinweise zur vorliegenden Evidenz der verschiedenen Maßnahmen bieten. Die Frauenselbsthilfe Krebs (FSH), die an der Erstellung der Leitlinie mitgewirkt hat, begrüßt es sehr, dass Ärztinnen und Ärzten nun qualitätsgesicherte Informationen zur Verfügung stehen, die es ihnen ermöglichen, ihre Patientinnen und Patienten gut zu beraten.

Viele Menschen, die mit einer Krebserkrankung leben, haben das dringende Bedürfnis, über die sogenannte Schulmedizin hinaus etwas für ihre Heilung tun. Eine große Zahl von ihnen interessiert sich daher für komplementäre, also ergänzende Maßnahmen. Die möglichen Nebenwirkungen und auch Gefahren, die durch Wechselwirkungen mit der Tumortherapie und anderen Therapien entstehen können, kennen allerdings die wenigsten.

„Die FSH fordert schon seit vielen Jahren, dass Ärztinnen und Ärzte evidenzbasierte Informationen erhalten, um sachgerecht über komplementäre Methoden beraten zu können“, erläutert Hedy Kerek-Bodden, FSH-Bundesvorsitzende. „Bisher gab es jedoch weder die entsprechende Leitlinie, noch den konkreten Willen der Ärzteschaft, sich ernsthaft und systematisch mit diesem Thema auseinanderzusetzen.“

Die Erfahrung zeige, so Kerek-Bodden, dass die meisten Erkrankten gern mit ihrer behandelnden Ärztin oder ihrem behandelnden Arzt über Maßnahmen sprechen möchten, die sie ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung nutzen können. Viele trauten sich jedoch nicht, das Thema anzusprechen, aus Sorge, kritisiert oder belächelt zu werden. Die Folge: komplementäre Methoden würden ohne Rücksprache genutzt.

Die FSH verbindet mit der nun veröffentlichten S3-Leitlinie die Hoffnung, dass im ärztlichen Sprechzimmer das Thema Komplementärmedizin aus der Tabuzone geholt wird. Das sei auch wichtig, da insbesondere schwer an Krebs erkrankte Menschen in Ihrer Angst nach jedem Strohhalm griffen, der sich ihnen bietet. „Wir bekommen immer wieder mit, dass Betroffene unnötige und teure oder sogar schädliche Maßnahmen in Eigenregie ergreifen“, berichtet Kerek-Bodden. „Im schlimmsten Fall werden unerfüllbare Hoffnungen geweckt und Chancen, die die Schulmedizin bietet, nicht genutzt.“

Von den Ärztinnen und Ärzten erhofft sich Kerek-Bodden, dass sie die Leitlinie nutzen, um mittels patientenverständlicher Aufklärung und Gesprächen auf Augenhöhe gemeinsam mit ihren Patientinnen und Patienten zu beraten, welche Maßnahme hilfreich und sinnvoll sein könnte. „Das sind die Voraussetzungen dafür, dass komplementäre Maßnahmen nicht unkritisch und ohne Kenntnis von Neben- bzw. Wechselwirkungen angewendet werden.“

Zur S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der onkologischen Behandlung“

Die S3-Leitlinie wurde vom sogenannten Leitlinienprogramm Onkologie unter Federführung der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO), der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) erarbeitet. Weiterführende Informationen zur neuen Leitlinie bietet die gemeinsame Pressemitteilung der Leitlinienersteller.

Interviewpartnerin auf Anfrage

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