Wegen der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan befinden sich erneut viele Menschen auf der Flucht – im Inland und über die Grenzen in die Nachbarländer. Dazu erklären die Präsidentin von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe, Dagmar Pruin, und der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie:

Dagmar Pruin:
"Viele Menschen, die sich in den letzten Jahren – auch mit Geldern der deutschen und internationalen Entwicklungszusammenarbeit – für den Aufbau von Demokratie, Menschenrechten und einer kritischen Zivilgesellschaft stark gemacht haben, sind jetzt in akuter Lebensgefahr. Was wir dringend brauchen, sind großzügige Schutzkontingente und die sofortige Evakuierung dieser besonders gefährdeten Personengruppen.

Schon vor der Machtübernahme der Taliban waren die Lebensumstände vieler Menschen in Afghanistan verzweifelt. Elf Millionen Menschen litten unter Hunger, mindestens 390.000 Menschen wurden seit Jahresbeginn vertrieben. Leider müssen wir davon ausgehen, dass sich die Not jetzt weiter verschärft. Wir werden alles dafür tun, dass wir unsere humanitären Hilfsprojekte im Land fortführen können."

Ulrich Lilie:
"Deutschland und die EU müssen den Tatsachen ins Auge blicken: Es steht angesichts des Unrechtsregimes der Taliban eine neue Fluchtbewegung bevor. Anrainerstaaten wie die Türkei, Pakistan und der Iran brauchen Unterstützung, damit sie diese Menschen aufnehmen und mit dem Nötigsten versorgen können. Perspektivisch müssen Resettlement-Programme zur Aufnahme in der gesamten EU und natürlich auch in Deutschland entstehen. Niemand muss vor der neuen Aufnahme von Geflüchteten Befürchtungen haben. Etliche erfolgreiche Projekte haben gezeigt: Die Integration von Geflüchteten gelingt, sie ist aber kein Selbstläufer. Dazu braucht es Geduld, Engagement und einen langen Atem – auch in der Politik. Für Menschen, die bereits früher nach Deutschland geflohen sind, brauchen wir außerdem eine Bleiberechtsregelung, die unabhängig von einer Einzelfallprüfung für ein humanitäres Aufenthaltsrecht sorgt. Denn spätestens jetzt muss jedem klar sein: Weitere Abschiebungen sind nicht zu verantworten."

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