Der Engpass bei Halbleitern wird die weltweite Wirtschaft noch lange Zeit beschäftigen. Zu dieser Einschätzung kommt Frank Schwarz, Tech-Experte und Portfoliomanager bei der unabhängigen Multi-Investment-Boutique MainFirst. „Wir gehen davon aus, dass es auch in den kommenden Jahren eine Unterversorgung mit Computerchips geben wird“, sagt Schwarz. Noch im Frühjahr dieses Jahres seien viele Marktteilnehmer der Meinung gewesen, dass die Knappheit im zweiten Halbjahr 2021 vorbei sei. Doch jetzt stelle sich die Situation ganz anders dar – mit negativen Folgen, insbesondere für die Automobilbranche. Der Toyota-Konzern zum Beispiel habe bekannt gegeben, dass er seine Autoproduktion um 40 Prozent reduzieren müsse. Auch bei Mercedes, VW, Audi und BMW werde wegen fehlender Halbleiter die Fertigung gedrosselt.

Corona hat die Digitalisierung beschleunigt und die Chip-Nachfrage erhöht

Der akute Engpass sei zum einen auf die geänderten Gewohnheiten der Menschen während der Covid-19-Pandemie zurückzuführen. „Während des Corona-Lockdowns hat sich das Tempo der Digitalisierung stark beschleunigt. Die Menschen haben viel stärker als zuvor im Home-Office gearbeitet und Videokonferenzen für Besprechungen mit Kolleginnen und Kollegen sowie Kunden genutzt. Distanzunterricht hatte vorübergehend das Lernen im Klassenraum abgelöst. Zugleich haben Computerspiele und der eCommerce einen neuen Boom erlebt“, erklärt Schwarz. „Hinzu kommen zum anderen die Erfolge bei neuen Technologien wie Elektroautos, Drohnen, dem Internet of Things und bei Robotern. All das führt zu einer deutlich höheren Nachfrage nach Halbleitern. Zum Beispiel ist der Halbleiterbedarf bei Elektroautos doppelt so hoch wie bei Dieselautos oder Benzinern.“ Und der Bedarf an Chips dürfte in der Automobilbranche künftig weiter zunehmen. „Wenn das autonome Fahren Realität wird und das Fahrzeug bei der Automationsstufe Level 4 während der Fahrt alle Manöver vollautomatisiert durchführt, verzehnfacht sich der Umsatz noch einmal“, prognostiziert Schwarz.

Die Situation auf der Angebotsseite bleibt angespannt

Auf der Angebotsseite hätten Produktionsausfälle das Problem verschärft. In Texas konnten einige Fabriken nach Stromausfällen, aufgrund von Winterstürmen, monatelang nicht mehr produzieren. In Japan gab es in einer der größeren Fabriken der Firma Renesas ein Großfeuer. Zugleich werde die Halbleiterproduktion komplexer. „Es wird technisch immer schwieriger, die leistungsstärksten Logic Chips herzustellen. Vor 20 Jahren waren noch mehr als zehn Unternehmen dazu in der Lage. Mittlerweile hat hier Taiwan Semi fast eine Monopolstellung. Samsung ist in etwa auf dem gleichen Niveau, braucht die Chips aber zum Großteil selbst. Die wohl bekannteste Halbleiterfirma Intel hat hier schon einen zeitlichen Rückstand von 2 bis 3 Jahren und lässt auch von Taiwan Semi produzieren“, so der Experte.

Schwarz hat den Chip-Mangel schon früh antizipiert. In den beiden Aktienfonds MainFirst Global Equities Fund und MainFirst Global Equities Unconstrained Fund sind er und sein Team bis zu 20 Prozent in Halbleiteraktien investiert. „Wir sehen hier in den kommenden Jahren ein großes Potenzial“, sagt Schwarz. 

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