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Die deutsche Bevölkerung verbraucht mit ihren derzeitigen Ernährungsgewohnheiten jedes Jahr weltweit 2,4 Milliarden Kubikmeter Wasser für künstliche Bewässerung – so viel wie der Chiemsee. Der Großteil davon wird außerhalb Deutschlands eingesetzt. Insbesondere Obst, Gemüse oder Nüsse aus trockenen Regionen wie Spanien, der Mittelmeerküste oder Kalifornien benötigen im Anbau viel Bewässerung. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Umweltschutzorganisation WWF. Sie untersucht erstmals das Risiko der Wasserknappheit für Menschen und Natur, das vor Ort dadurch entsteht. Deutschlands Art der Ernährung verstärkt demnach in vielen mit Wassermangel kämpfenden Regionen die Konflikte um die lebenswichtige Ressource. Und die Erderhitzung verschärft die Wasserknappheit vielerorts weiter. „Unsere derzeitige Ernährung belastet das Klima stark. Ihr Flächenfußabdruck trägt zur Zerstörung wertvoller natürlicher Lebensräume bei. Treiber sind hier Fleisch und Milchprodukte. Erhöhen wir folgerichtig unseren Anteil pflanzlicher Nahrungsmittel im Warenkorb, dann müssen wir ran an deren Lieferketten, um Warenströme und Produktionsweisen nachhaltiger zu gestalten. Denn sonst steigt der Verbrauch an Bewässerungswasser und das Wasserknappheitsrisiko. Auch beim Wasser gilt es die planetaren Grenzen unbedingt zu beachten“, sagt WWF-Ernährungsexpertin Tanja Dräger des Teran.
Die Umweltschutzorganisation fordert daher nach der Bundestagswahl eine ressortübergreifenden Ernährungsstrategie samt Zielen und Maßnahmen. Dazu gehören politische Konzepte für mehr „Made in Germany“ bei Obst, Gemüse, Nüssen oder Hülsenfrüchten. Notwendig ist auch ein weitreichenderes Lieferkettengesetz, das entlang der gesamten Lieferkette aller Unternehmen neben Menschenrechten auch die Umwelt adressiert – und damit auch einen nachhaltigeren Umgang mit Wasser gerade in wasserkritischen Regionen einfordert, so der WWF.
Pro Person und Jahr verbraucht unsere Ernährung 29.000 Liter, oder etwa 242 Badewannen Bewässerungswasser weltweit. Den größten Durst auf zusätzliche Bewässerung haben derzeit mit 6.900 Litern pro Person und somit 58 Badewannen Zitronen, Orangen oder Mandarinen aus wasserarmen Regionen wie Spanien. Aber auch die bundesdeutsche Lust auf Mandeln führt zu einer zusätzlichen Bewässerung von 2.500 Litern pro Person beziehungsweise 20 Badewannen.
Die WWF-Analyse zeigt außerdem: Aktuell werden nur 37 Prozent des hier verzehrten Gemüses auch in Deutschland angebaut – bei Tomaten sogar nur vier Prozent. Obst aus Deutschland kommt auf knapp 20 Prozent. Bei Erbsen oder Bohnen, als wichtige alternative Proteinquelle, liegt der Anteil bei etwas über 20 Prozent. Fast nicht vorhanden ist der heimische Anbau von Nüssen, die bei einer planetarisch-kulinarischen Ernährung aufgrund ihrer wertvollen Inhaltstoffe eine bedeutende Rolle spielen. Obwohl zum Beispiel Haselnüsse in Deutschland heimisch sind, stammen 98 Prozent derzeit aus dem Ausland.
Wie schon der wissenschaftliche Beirat für Ernährung forderte zuletzt auch die Zukunftskommission Landwirtschaft, den Anteil pflanzlicher Nahrung deutlich zu steigern und den Konsum von tierischen Lebensmitteln zu reduzieren. „Damit aus der dringend notwendigen Ernährungsumstellung auch beim Thema Wasser ein Gewinn wird, muss die neue Regierung nach der Bundestagswahl zügig die Weichen passend stellen“, sagt Tanja Dräger de Teran. Nötig sind laut WWF unter anderem politische Maßnahmen, um den derzeit niedrigen deutschen Selbstversorgungsgrad bei Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen zügig und deutlich zu erhöhen. „Je höher der Anteil an Nüssen, Hülsenfrüchten, Obst und Gemüse aus heimischem Anbau, desto geringer unser Anteil an der Wasserknappheit andernorts“, so Dräger de Teran.
Bei importierten Erzeugnissen gilt es den Verbrauch von Bewässerungswasser zu senken. Nachlegen muss die nächste Bundesregierung dazu beim Lieferkettengesetz. Es umfasst nur große Unternehmen und hier nur Teile der Lieferkette. Zusätzlich deckt es Umweltrisiken nur unzureichend ab. „Druck in der Lieferkette auch beim Thema Wasser entsteht aber nur dann, wenn zum Beispiel Lebensmittelunternehmen und der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland für Wasserrisiken entlang ihrer gesamten Lieferkette in die Bütt müssen“, sagt Dräger de Teran. Das würde in den Anbauländern auch den Druck erhöhen, vorhandene Wassergesetzgebung konsequent umzusetzen.
Über die Studie „So schmeckt Zukunft. Der kulinarische Kompass für eine gesunde Erde. Wasserverbrauch und Wasserknappheit“:
Im Auftrag des WWF hat die corsus – corporate sustainability GmbH die Umweltwirkungen der derzeitigen deutschen Ernährung analysiert und mit den globalen EAT-Lancet-Empfehlungen verglichen. Diese Empfehlungen zeigen, dass wir uns grundsätzlich gesund ernähren können, ohne die Erde zu überlasten. Gemessen an den Empfehlungen der EAT-Lancet-Kommission wird deutlich, dass hierzulande zu viel Fleisch und zu wenig Gemüse gegessen wird. Im Ergebnis heißt dies, für eine planetarisch-flexitarische Ernährung müsste der Fleischkonsum um 43 Prozent reduziert und der von Gemüse um 51 Prozent erhöht werden. Auch der Konsum von Hülsenfrüchten und von Nüssen sollte laut den Empfehlungen deutlich wachsen. Empfohlen wird neben der Mäßigung beim Fleischkonsum eine deutliche Verringerung des Konsums von Butter, Sahne und Käse.
In einem weiteren Schritt wurden gemäß der globalen EAT-Lancet-Empfehlungen für Deutschland drei Szenarien für die flexitarische, vegetarische und vegane Ernährungsweise ermittelt. Für die Berechnung der Umweltauswirkungen wurde allein die Konsummenge beziehungsweise die Veränderung der Konsummenge pro Lebensmittel betrachtet. Unverändert blieben landwirtschaftliche Produktionsweisen und Herkunftsländer.
Die vorliegende Analyse „So schmeckt Zukunft. Der kulinarische Kompass für eine gesunde Erde. Wasserverbrauch und Wasserknappheit“ nimmt die Umweltauswirkungen beim Faktor Süßwasser in den Fokus. Anders als beim Thema Klima und CO2-Ausstoß ist bei Wasser eine globale Betrachtung innerhalb planetarer Grenzen nicht zielführend. Jede Region der Erde hat andere Wasserverfügbarkeiten und -qualitäten. Beim Thema Süßwasser ist daher eine regionale Betrachtung nötig. Untersucht wird das so genannte blaue Wasser, also das zusätzlich eingesetzte Bewässerungswasser. Die Studie ermittelt, welches Risiko in den betreffenden Anbauregionen besteht, dass durch die zusätzliche Wasserentnahme Menschen und Ökosystemen Wasser entzogen wird. Der so ermittelte Wasserknappheitsfußabdruck der aktuellen bundesdeutschen Ernährung liegt fast vollständig außerhalb Deutschlands. Spanien ist mit großem Abstand mit fast 60 Prozent am meisten betroffen, gefolgt von den USA mit fast 13 Prozent. In Deutschland liegt das Risiko dagegen nur bei 0,3 Prozent.
Die erste Analyse „So schmeckt Zukunft. Ein kulinarischer Kompass für eine gesunde Erde. Klimaschutz, landwirtschaftliche Fläche und natürliche Lebensräume“ (veröffentlicht im April 2021) konzentriert sich auf die Umweltauswirkungen unserer bundesdeutschen Ernährung bei den Umweltfaktoren Treibhausgasemissionen und Flächenfußabdruck. Sie zeigt, dass unsere derzeitigen Ernährungsgewohnheiten in erheblichem Ausmaß das Klima belasten, zur Zerstörung wertvoller natürlicher Lebensräume beitragen und einen zu großen Flächenfußabdruck hinterlassen. Insgesamt ist ein Fünftel unseres Klimafußabdruckes in Deutschland auf unsere Ernährung zurückzuführen. Jährlich 2,5 t CO2e pro Person. Davon gehen 69 Prozent auf das Konto tierischer Produkte. Auch der Flächenbedarf zur Erzeugung unserer Lebensmittel geht zu 75 Prozent auf das Konto tierischer Produkte und führt vor allem durch den Anbau von Soja zur Zerstörung von Savannen und Regenwäldern. Die planetarisch-kulinarischen Szenarien verdeutlichen, dass eine flexitarische, vegetarische und vegane Ernährungsweise dort erhebliche Reduktionspotenziale besitzt. So ließen sich die ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen durch eine Veränderung unserer Ernährungsgewohnheiten um bis zu 48 Prozent reduzieren, insgesamt 102 Mio. t CO2e. Zum Vergleich: Die Gesamtemissionen aller Sektoren in Deutschland beliefen sich 2018 auf 858 Mio. t CO2e. Auch der Bedarf an landwirtschaftlicher Fläche könnte um fast die Hälfte, um 8 Millionen Hektar, reduziert werden, die derzeit benötigte Soja-Anbaufläche gar um bis zu 92 Prozent. Die Ergebnisse machen deutlich: Ohne eine Ernährungswende können weder ein wirksamer Klimaschutz noch der Schutz wertvoller Lebensräume gelingen.
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