Mehr als 400 Tage Strukturstärkungsgesetz – in Sachsen scheinen sich die Befürchtungen des BUND Sachsen zu bewahrheiten. So ist bereits der größte Teil der sächsischen Strukturwandelmilliarden an technischer Innovation und industriellen Großprojekten gebunden. Doch dem BUND Sachsen ist es wichtig, dass das Geld nicht an den Menschen vor Ort vorbeifließt und dem Klimakiller Kohle nicht neue ökologisch unsinnige Projekte folgen. Deshalb hat der BUND Sachsen am gestrigen Montag zum 2. digitalen Strukturwandelforum eingeladen. Knapp 90 Teilnehmende aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Verbänden und Zivilgesellschaft nahmen teil und tauschten sich über einen umweltverträglichen und zukunftsfesten Strukturwandel aus.

Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen: „Deutschland hat Klimaneutralität bis 2045 beschlossen, um die fatalen Folgen der Erdüberhitzung einzugrenzen. Will man die völkerrechtlich verbindliche 1,5-Grad-Grenze einhalten, muss sogar bis allerspätestens 2035 die Null stehen. Alle ökonomischen Planungen müssen darauf ausgerichtet werden und damit vereinbar sein. Den Menschen dann einen erneuten Umbau und Strukturbruch in den nächsten 25 Jahren zuzumuten, wäre nicht verantwortungsvoll. Eine Erneuerbare-Energien-Vorbildregion Lausitz könnte sogar mehr Wertschöpfung als bislang die Kohle generieren, wie in einer ausführlichen Studie für die Bundesregierung vorgerechnet wurde.“

Dr. David Greve, Geschäftsführer BUND Sachsen: „Im Strukturwandel muss ein Perspektivwechsel stattfinden. Den Menschen vor Ort werden teilweise Projekte übergestülpt, statt zu erkennen, dass vor Ort bereits viel Potential und Wille da ist. Die kleinen Akteure dieses Prozesses müssen deutlich mehr gestärkt werden und die Partizipation – das eines der wichtigsten Ergebnisse von gestern – weiter verstärkt werden.“

Wichtig ist es, die Tatkraft der Menschen, vor allem der jungen Menschen, vor Ort zu entfesseln. Für eine resiliente Wirtschaft in der Lausitz braucht es Diversität, also auch eine Stärkung kleiner und mittelständischer Unternehmen – mit transparenten Beteiligungsprozessen. Durch den demografischen Wandel droht eine große Anzahl an Arbeitskräften zukünftig zu fehlen. Deswegen müssen junge Menschen gefragt werden, was sie für Bleibeperspektiven brauchen – und es müssen Menschen zum Rückkehren und Zuziehen bewegt werden.

Dafür sind eine Vielzahl an Faktoren wichtig: nicht nur wirtschaftliche Perspektiven spielen eine Rolle, sondern auch ein attraktives, gesundes Wohnumfeld, Natur statt Industriegroßprojekte, nachhaltige Bildung, Kultur und Tourismus. Damit aber auch solche Projekte umgesetzt werden können, braucht es Unterstützung in der Antragsstellung und vor allem auch Kapazitäten in den Behörden für Genehmigungsverfahren. Vorrangig auf technische Innovation zu setzen – und dabei Natur- und Klimaschutz wieder als untergeordneten Wert anzusehen, ist derzeit die größte erneute Bedrohung der Heimat der Lausitzer*innen.

Weitere Informationen zum Strukturwandelforum: https://www.bund-sachsen.de/themen/mensch-umwelt/braunkohle/tagungen/

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