Der Wahlkampf und die Bundestagswahl haben das politische Koordinatensystem grundlegend verschoben, so das erste Fazit der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Der Klimaschutz war für die meisten Wählerinnen und Wähler sowie alle demokratischen Parteien das zentrale Thema dieser Wahl“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Dass die Grünen zwar stark, aber schwächer abgeschnitten haben als in den Monaten zuvor erwartet, spricht nicht dagegen. Alle demokratischen Parteien haben sich zum 1,5 Grad-Limit, zur Klimaneutralität bis spätestens 2045 und zu einer starken Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien bekannt – und dafür sind sie auch gewählt worden. Daran werden sie sich nun messen lassen müssen.“

Vor allem das starke Abschneiden der SPD zeige aber auch: „Die notwendige Transformation der Wirtschaft, des Verkehrs und der Landwirtschaft sowie der internationale Klimaschutz müssen sozial gerecht gestaltet werden. Diese Wahl war ein klares Votum für eine sozial-ökologische Wende“, so Bals weiter. „Das bedeutet für die Klimaschutzstrategie: sowohl öffentliche als auch private Zukunftsinvestitionen müssen massiv ausgebaut, die Subventionen für die fossile Vergangenheit hingegen abgebaut werden." Die Wahl sei ein klares Votum dafür, die Rolle des CO2-Preises so mit dem Ordnungsrecht zu kombinieren, dass die Klimaziele sicher erreicht werden, aber die CO2-Bepreisung sozial ausgewogen ist. "Das Wahlergebnis ist auch ein klares Signal, das Klimathema nicht alleine, sondern als Teil einer gesamtgesellschaftlichen Transformation auf vielen Ebenen anzugehen“, so Bals.

Koalitionsverhandlungen bei Klimaschutz unter enormem Zugzwang

Die starke Konzentration aller demokratischen Parteien auf Klimaschutz und die sozial gerechte Transformation unterscheidet diese Wahl grundlegend von vorherigen. Christoph Bals: „Anders als vor vier Jahren ist nun Klimaneutralität und die sozial gerechte Gestaltung der entsprechenden Transformation die grundlegende Messlatte für alle demokratischen Parteien. Die Parteien, die die neue Regierung stellen, haben einen klaren Auftrag für eine Klimapolitik erhalten, die dem Ausmaß der Krise sozial und ökologisch Rechnung trägt.“ Damit stehen künftige Koalitionsverhandlungen unter einem enormen Zugzwang, den versprochenen Klimaschutz, der sich am 1,5 Grad-Limit und zumindest den Klimazielen Deutschlands und der EU orientiert, zu liefern – und zwar in Deutschland sowie international sozialverträglich.

Die klimapolitische Situation der neuen Bundesregierung ändert sich auch dadurch, dass Gewerkschaften und Industrie einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren und verlässliche Vorgaben für den Weg in die Klimaneutralität einfordern. Sozialverbände stellen sozialverträglichen Klimaschutz ins Zentrum ihrer Agenda und Hunderttausende demonstrieren für mehr Klimaschutz.  Damit sind die gesellschaftlichen Grundlagen für einen ernsthaften klimapolitischen Aufbruch der neuen Regierung gelegt.

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