und Ernährung. Über 400 Teilnehmende nutzen die Gelegenheit, sich über die Rolle der Ernährung und des Mikrobioms für die Entwicklung chronischer Erkrankungen zu informieren.

Seit etwa einem Jahrzehnt ist die Forschung verstärkt dem Mikrobiom und genetischen Analysen von Mikroorganismen auf der Spur. Auch wenn die Studienergebnisse der letzten Jahre zeigen konnten, dass das Darmmikrobiom wichtig für die Gesunderhaltung des Menschen ist, steckt die Mikrobiom-forschung noch in den Kinderschuhen. Das Darmmikrobiom als mikrobielles Ökosystem und sein Einfluss auf das Immunsystem und Stoffwechsel-krankheiten wirft noch viele Forschungsfragen auf. International forschen hierzu interdisziplinäre Teams von Wissenschaftler*innen, um ein funktionelles Verständnis der Mikroben-Wirt-Interaktionen in Gesundheit und Krankheit zu erlangen.

Mikrobielle Diversität – Unsichtbare Vielfalt

„Als Marker für ein stabiles Mikrobiom beim Gesunden gilt die Reichhaltigkeit der Bakterien. Auch Stoffwechselprozesse wie die Fermentation von Ballaststoffen sind Merkmal eines gesunden mikrobiellen Ökosystems“, sagt Prof. Dirk Haller Lehrstuhl für Ernährung und Immunologie an der TU München und Wissenschaftlicher Leiter des Symposiums, in seinem Einführungsvortrag. Protektive Bakterien bauen Kohlenhydrate ab und produzieren kurzkettige Fettsäuren, v. a. Butyrat. Sie stabilisieren die Darmbarriere und regulieren somit das Immunsystem. Schädliche Bakterien bilden hingegen Lipopolysaccharide, fördern Entzündungen, bauen Proteine ab und setzen Toxine frei. Die Ernährung prägt die Zusammensetzung der Bakterien – so kann man davon ausgehen, dass die Art und Menge an Ballaststoffen die Zusammensetzung des Mikrobioms wesentlich beeinflusst, vor allem langfristige Ernährungsmuster. Denn während kurzfristige Ernährungsumstellungen die Darmmikrobiota schnell, aber reversibel verändern, können sich längerfristige Änderungen auf das Genom und die Stoffwechselaktivitäten der Mikrobiota auswirken.

Prof. Jeroen Raes, Universität Leuven, Center for Microbiology, Belgien, schildert seine Erfahrungen aus Populationsstudien. Er zeigt, wie die Entwicklung dezidierter Computeransätze bei der Mikrobiom-Analyse und -Interpretation helfen kann und welche Störfaktoren unbedingt in der Forschung von Mikrobiom und Erkrankung berücksichtigt werden müssen. Er stellt die Ergebnisse einer groß angelegten Studie vor, die die mikrobielle Diversität im Darm des Menschen in einer geografisch begrenzten Region in Flandern ausgewertet hat.

Mit den Besonderheiten des Darmmikrobioms im Alter beschäftigt sich Prof. Paul W. O’Toole von der Abteilung für Mikrobiologie des University College Cork. Seine Studien zeigen, dass sich das Darmmikrobiom älterer Menschen von jenem junger unterscheidet. Es gibt signifikante Zusammenhänge zwischen Ernährung, Mikrobiom und Gesundheitszustand. In einer seiner Studien, dem NuAge-Projekt, war eine 12-monatige Mittelmeer-Diät bei älteren Menschen aus fünf europäischen Ländern mit Veränderungen des Mikrobioms verbunden. Diese gingen mit geringeren Entzündungswerten, besseren kognitiven Leistungen und verminderter Gebrechlichkeit einher.

Die Rolle von Darmbakterien bei Erkrankungen

Prof. Andre Franke, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, geht in seinem Vortrag „Was ist dran an der Blutgruppendiät – Einfluss unseres Genoms auf das Mikrobiom?“ auf die Rolle der Blutgruppen im Darm ein. Denn das Mikrobiom wird durch die Ernährung, aber auch durch manche Blutgruppen beeinflusst. Clavel zeigt Daten aus jüngsten Studien, in denen er u. a. Beziehungen zwischen der AB0-Blutgruppe und bestimmten Bakterien herstellen konnte.

Das Forschungsteam um Prof. Dirk Haller fand in einer Studie heraus, dass sich Anzahl und Zusammensetzung des Darmmikrobioms im Tagesverlauf verändern. Bei Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 jedoch gehen diese tageszeitlichen Schwankungen verloren. „Auf epidemiologischer Ebene trägt diese arrhythmische Signatur bestimmter Bakterienarten zur Diagnose eines Diabetes mellitus Typ 2 bei und macht deutlich, dass es zwischen dem zirkadianen Rhythmus und dem Mikrobiom bei Stoffwechselerkrankungen Zusammenhänge gibt“, fasst Haller die Ergebnisse der Studie zusammen. Er betont aber, dass jeder Mensch eine individuelle Mikrobiota aufweist und gibt zu bedenken: „Bisher sehe ich nicht, wie man mit einer bestimmten Ernährung das Mikrobiom in eine klar definierte Richtung beeinflussen kann“.

Ballaststoffe als essentielle Nährstoffe für ein gesundes Mikrobiom?

Anhand von Längsschnittanalysen zeigt Prof. Gary D. Wu, Institute for Diabetes, Obesity and Metabolism, University of Pennsylvania, USA, die Auswirkungen von drei unterschiedlichen Ernährungsweisen – vegan, omnivor sowie einer ballaststofffreien synthetischen enteralen Ernährung – auf das menschliche Darmmikrobiom und sein Metabolom. Die Ergebnisse unterstreichen, dass die Ernährung, insbesondere Ballaststoffe, das Metabolitenprofil des menschlichen Mikrobioms beeinflusst, was sich auf die Gesundheit auswirken kann. Diese Beobachtung kann insbesondere für Patienten von Bedeutung sein, die mit Antibiotika behandelt werden und eine begrenzte Ballaststoffaufnahme haben, wie z. B. auf der Intensivstation.

Auch die Studien von Prof. Stephen O’Keefe, University of Pittsburgh, USA, legen nahe, dass die Menge an Ballaststoffen entscheidend für die Gesundheit ist. Eine hohe Zufuhr fördert die Aufnahme von kurzkettigen Fettsäuren in den systemischen Kreislauf, wo sie zur Prävention von Entzündungen und Krebs beitragen können. Diese Ergebnisse unterstützen die Empfehlungen der DGE, sich überwiegend pflanzlich und ballaststoffreich zu ernähren.

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