Diabetes in der Schwangerschaft ist ein ernstzunehmendes Problem, so Dr. Ariane Sporkmann, Oberärztin in der Mutter-Kind-Klinik (MKK) am Eli: „Zu uns kommen im Jahr etwa 500 Frauen mit einem diagnostizierten Schwangerschaftsdiabetes. Das sind 14,8 Prozent unserer werdenden Mütter. Die Tendenz ist steigend.“ Die hohe Zahl erkläre sich u.a. aus dem konsequenten Screening auf Diabetes in der Schwangerschaft, aber auch durch die veränderten Lebensgewohnheiten, den Lifestyle, Übergewicht und dem vergleichsweise höheren Alter der Schwangeren.

Kinder dieser Mütter seien mit einem deutlich höheren Risiko behaftet: „Fast 40 Prozent von ihnen sind bei Erreichen des 12. Lebensjahrs übergewichtig. Das belegt auch eine großangelegte Studie mit 25.000 Schwangeren in neun Ländern.“ Aus dem Übergewicht (Adipositas) resultiere mitunter ein Bluthochdruck, der schon im Kindesalter behandlungsbedürftig sei, so die Medizinerin. „Die Schwangerschaftsdiabetes darf also von den Betroffenen auf keinen Fall auf die leichte Schulter genommen werden“, betont Ariane Sporkmann weiter. Die Studie hat aber auch gezeigt, dass das angesprochene Risiko durch ausschließliches Stillen für drei bis sechs Monate wieder mehr als halbiert werden kann.

Seit geraumer Zeit wird in der MKK ein besonders effektives Mittel eingesetzt, um den betroffenen Kindern den Start ins Leben zu erleichtern. Bei der Geburt können Kinder ihre durch den Diabetes erhöhte Insulinproduktion nicht sofort stoppen und unterzuckern unter Umständen: „Das Angebot an Zucker fällt schlagartig weg und wir brauchen innerhalb der ersten 30-60 Minuten eine Frühfütterung und hier am liebsten mit Muttermilch.“ Allerdings, so Sporkmann weiter: „Zum Zeitpunkt der Geburt haben wir aber häufig nicht genug davon. Wir ermuntern daher die Mütter sogenanntes Kolostrum zu sammeln, die Vormilch. Sie kann ab der 37. Schwangerschaftswoche ganz einfach gewonnen werden.“

Zunächst kämen nur wenige Tropfen zusammen, erklärt Ariane Sporkmann: „Aber sie sind eminent wichtig. Wenn die Patientin sich konsequent bemüht, kommen schon nach einigen Tagen mehrere Milliliter zusammen." Eingefroren bringen die Mütter das Kolostrum mit. In der Hand angewärmt, kann es dann nach dem ersten Anlegen zusätzlich verabreicht werden bzw. den Kindern, die erst mal nicht angelegt werden möchten, als erstes gegeben werden. Durch die Gabe von Vormilch könne somit „ein Krankheitsbaustein, die Unterzuckerung nach der Geburt“ vermieden werden. Schon vorgeburtlich werde das Prozedere, „also die Gewinnung und der Umgang mit dem Kolostrum, in unserer Geburtsplanungssprechstunde mit der Patientin besprochen. Unsere Patientinnen sind alle sehr zufrieden und nehmen unser Angebot gerne an, das sich inzwischen schon weit über die Stadtgrenzen herumgesprochen hat.“ Die Patientinnen, denen dies alleine zu Hause nicht gelingt, haben die Möglichkeit einen individuellen Termin mit den Laktationsberaterinnen der Wochenstation zu vereinbaren.

Ein weiterer Vorteil sei auch, dass durch die Gabe dieser Vormilch die Verlegungsraten der Kinder in die Kinderklinik wegen Unterzuckerung deutlich abgenommen haben, „d.h. Mutter und Kind müssen räumlich nicht getrennt werden. Und auch die Zahl der Mütter, die Milch abpumpen, ist weniger geworden, da die Milchbildung schneller in Gang kommt.“ Insgesamt gelte: „Den Patientinnen mit einem Diabetes wird gemäß der aktuellen Leitlinien unserer Fachgesellschaft empfohlen in einem Haus mit angeschlossener Pädiatrie zu entbinden.“

Dr. Ariane Sporkmann lässt keinen Zweifel: "Stillen ist eine Win-Win Situation für Mutter und Kind."

Was passieren kann, wenn eine Mutter ihren mitunter schweren Diabetes ignoriert, hat die Oberärztin tragischerweise erleben müssen: „Wir haben ein fast sechs Kilo schweres Neugeborenes entbunden. Es hat über die Mutter viel zu viel Zucker bekommen. An ihm war alles zu dick, auch der Herzmuskel, der so nicht richtig arbeiten konnte und die Membran der Lungenbläschen. Dieses Kind ist leider trotz aller intensivmedizinischer Maßnahmen nach 48 Stunden an Multiorganversagen verstorben.“

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