„Der Aufschwung kommt stärker und schneller und zügiger als erhofft“, hatte der scheidende Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im September des vergangenen Jahres 2020 noch mutig prognostiziert. Gegenteiliges ist mit Stand jetzt der Fall, denn bereits seit Wochen kristallisiert sich heraus: Die wahre Krise kommt erst nach der Krise.

Die Pandemie hat die Gesellschaft, wie in einem Brennglas, bis zur Kenntlichkeit entstellt. Sie war weltweiter Auslöser erheblicher Verwerfungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Stärken und massiven Schwachstellen unserer hochentwickelten Spezies traten zutage. Die Auswirkungen der Krise platzierte vor allem die Nachhaltigkeitspolitik vor neue Hürden und katapultierte sie gleichsam nach ganz oben auf die politische Agenda.

Wo stehen Deutschlands Konjunkturprognosen? Eigentlich hatten alle auf das große Erwachen aus einem tiefen Traum gehofft, die schlagartige Verjüngungskur der Wirtschaft, die mit großem Paukenschlag und der sukzessiven Rücknahme der Corona-Maßnahmen doch fortan anders und besser denn je laufen müsse – jedoch stehen alle Zeichen auf Stillstand, bedingt durch massiven Rohstoffmangel und beängstigenden Energiepreisanstieg. Ein düsteres Bild zeichnet sich am Horizont, blickt man auf die Berichterstattung der vergangenen Tage: Die aktuelle Inflationsrate steht seit fast 30 Jahren erstmals wieder auf über vier Prozent Anstieg, was für die Industrie ein Auftragsminus von 7,7 Prozent mit sich zieht – im August noch vier Prozent Produktionsminus. Der Optimismus Altmaiers büßt an Strahlkraft ein gegenüber des aktuellen Abwärtstrends des Exports. Das Wirtschaftswachstum ist gegenwärtig schwerfälliger und brüchiger, als angenommen. Woran liegt’s? Die Autoindustrie geht trotz prall gefüllter Auftragsbücher aufgrund der Enpässe in den globalen Lieferketten wieder in Kurzarbeit, da schlichtweg Teile und Komponenten für die Fertigung fehlen – von Halbleitern bis hin zu Klebstoffen. Es wird „auf Sicht“ gefahren, heißt es aktuell bei Mercedes in Stuttgart. Es können keine Autos das Band verlassen. Ungeklärte Handelsbeziehungen führen zu einem Dilemma, welches immer noch unter der „Axt-im-Walde“-Politik von US Ex-Präsident Donald Trump leidet. In die Höhe schnellende Preisspiralen werden von hohen Energiekosten angetrieben was mit sich zieht, dass jedes weiterzuverarbeitende Produkt sowie letztliche Endprodukt erhebliche Mehrkosten aufzuwerfen droht.

Unserer globale Wirtschaft, grundsätzlich auf eine „Just-in-time-Produktion“ gepolt, steht wieder ein harter Winter bevor: Die disruptiven Störungen in den Lieferketten scheinen weit stärkere Probleme aufzuwerfen, als es noch im März dieses Jahres ein Containerschiff vermochte, das mit der Sperrung eines Kanals den weltweiten Handel in die Knie zwang. Jetzt spüren die Verbraucher in unmittelbarer Nähe, dass die Störung der Lieferketten sogar den eigenen Supermarktbesuch zu einem kostspieligen Wettbewerb der Preisschilder werden lässt. Vor Rotterdam stauen sich aktuell die Containerschiffe – kein sonderlich positives Zeichen für das lang ersehnte diesjährige Weihnachtsgeschäft. Nicht unerwähnt sollte zudem auch an dieser Stelle das angespannte Verhältnis zu China bleiben: Aufgrund von Elektrizitätsproblemen will China in den nächsten Monaten (drastische Maßnahmen zur Einhaltung der Emissionsziele für 2021) die Produktionsschleifen von Magnesium erheblich, um ca. 60 Prozent reduzieren. Für die deutsche Metallindustrie ein Schlag ins Gesicht.

Chefvolkswirtin des Internationalen Währungsfonds (IWF) Gita Gopinath diagnostizierte im Rahmen der kürzlichen Herbsttagung mit Blick auf die konjunkturelle Lage, dass die weltweite wirtschaftliche Erholung zwar weitergehe, jedoch an notwendigem Schwung kranke. Deutschland hinkt definitiv hinterher: Das Wachstum unter den global Playern könnte nicht unterschiedlicher verteilt sein: Die USA können nach IWF-Prognose für 2022 sechs Prozent erwarten, Frankreich 6,3 und Italien 5,8, welches unter den Industriestaaten den größten Sprung nach vorn macht. Deutschland hinkt mit 3,1 Prozent in 2021 hinterher. Der IWF warnt: Die Wohlstandskluft weitet sich immer weiter aus.

Das Virus beeinflusst die Weltwirtschaft, alles hängt zusammen und führt zu einem Domino-Effekt, bei dem wir in einem Boot sitzen: Es muss mehr Impfstoff an die ärmeren Länder verteilt werden, in denen gerade einmal vier Prozent der Bevölkerung geimpft sind – exakt dies ist eine wesentliche Stellschraube, an der gedreht werden muss, um ein Maß an Normalität zurückzugewinnen. Der Sportartikelhersteller Puma beispielsweise verzeichnet bereits seit Monaten Lieferengpässe, da hauseigene Produktionsstätten in Regionen der Welt mit niedriger Impfquote verortet sind. Vietnam steckt bereits seit Monaten immer noch in einem harten Lockdown – die Produktionen stehen quasi still, sodass in unseren Sportgeschäften zunehmend Lücken zu verzeichnen sind.

Peter Nußbaum, Vorstandsvorsitzender des Internationalen Wirtschaftssenat e. V.: „Neue Krisen sind in vielerlei Hinsicht die unmittelbare Folge alter Krisen. Die globale Wirtschaft kann und wird sich erst wieder zementieren, wenn das Virus weltweit beherrschbar geworden ist. Was wir jetzt brauchen, sind strukturelle Hilfen für langfristige Lösungen. Die fundamentale Basis wirtschaftlicher Erholung kann aus meiner Sicht nur durch Maßnahmen gebildet werden, die ein engmaschiges Netz für eine neue, zukunftsstarke und dynamische wirtschaftliche Prosperität setzen. Der Blickpunkt liegt hier insbesondere auf der Expansion bereits vorhandener und der Förderung neuer Innovationen – technischer, digitaler als auch sozialer Natur. Die Resilienz in unserer Gesellschaft muss erhöht und in der Politik moderner Industriegesellschaften stärker diskutiert werden, um insbesondere das wirtschaftliche und gesellschaftliche Wohlergehen nicht zu Lasten folgender Generationen zu demontieren.“

Wie können wir darüber hinaus auch das dringliche Thema der Nachhaltigkeit, unter Berücksichtigung der UN-Nachhaltigkeitsziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030, zum Zielpunkt der Wirtschaftsbelebung und darüber hinaus zu einem wesentlichen Treiber für eine klimaneutrale Gesellschaftsstruktur machen? Das Dach dieser Gesamtarchitektur nationaler Bestrebungen und Maßnahmen bildet in Gesamtverantwortung letztlich ganz Europa und allem voran der European Green Deal, als einer der zentralen Mechanismen wirtschaftlicher Wiederbelebung.

Dr. Alexandra Kohlmann, Geschäftsführerin der ROWE MINERALÖLWERK GMBH & Senatorin des Internationalen Wirtschaftssenat e. V.: „Die Folgen des Wintereinbruchs in Texas mit erheblichen Produktionsausfällen zu Beginn des Jahres, die Sperrung des Suezkanals und die ständigen Schließungen der Häfen u.a. in China aufgrund von lokalen Covid19-Ausbrüchen sind immer noch kräftig spürbar und haben die Lieferketten massiv unterbrochen. Auswirkungen hiervon sind vermutlich weit über das Jahr 2021 hinaus zu erwarten. Hinzu kommt die Containerknappheit, welche im Bereich der Logistik zu langen Lieferzeiten führt. Dies führte bei fast allen Rohstoffen im Bereich der verarbeitenden Schmierstoffindustrie zu massiven Preissteigerungen und Verknappung der Ressourcen sowie zu erheblichen Mehrkosten für Logistikkapazitäten.“

Jürgen Schlote, CEO der Schlote Holding GmbH & Senator des Internationalen Wirtschaftssenat e. V.: „Die Komplexität der Situation und die unterschiedlichen Wirkzusammenhänge werden sehr deutlich. Insbesondere in der Automobilzulieferindustrie führt das zu teilweise dramatischen Entwicklungen mit erheblicher Kurzarbeit und Werkschließungen. Die Mikro- und Makroauswirkungen auf Unternehmen und Gesellschaft werden erst mit einem Zeitversatz richtig sichtbar werden. Wir brauchen jetzt maximale Transparenz und einen kühlen Kopf um die richtigen Entscheidungen zu treffen! Es wird ein harter und schwerer Weg zurück zu einem Stück Normalität. Hoffen wir, dass unsere Gesellschaft das aushält.“

 

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