Ein Neues Europäisches Bauhaus soll entstehen, so der Anspruch und die Vision von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Wie beim ursprünglichen Bauhaus der 1920er Jahre ist heute im Zeichen des Klimawandels ein Umdenken, sind gar Umbrüche in Politik und Gesellschaft erforderlich. Das Europäische Bauhaus wird aus vielen Räumen bestehen, von denen ein „Zimmer“ auch in Hessen stehen wird. Doch wie sieht dieser Raum aus? Wie muss er gestaltet sein, um einen substanziellen Beitrag zum Green Deal zu leisten – im Einklang mit den anderen Räumen Europas? Damit beschäftigte sich der diesjährige Hessische Architektentag, die größte Zusammenkunft von Architekt*innen aller Fachrichtungen in Hessen. Wie kann schöneres, nachhaltigeres und inklusiveres Wohnen gestaltet und die geplante Renovierungswelle sowie die Entwicklung einer wirkungsvollen Kreislaufwirtschaft unterstützt werden? Was bedeutet diese europäische Vision konkret für Hessen? Diese Fragestellungen standen im Mittelpunkt der Tagung am 26. Oktober 2021, die erneut als Livestream stattfand.

Brigitte Holz, Präsidentin der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen und Gastgeberin der Tagung mit knapp 700 Teilnehmenden, eröffnete den Hessischen Architektentag 2021. Es ging um aktuelle und zukünftige Herausforderungen des Green Deals: Von Klima- und Ressourcenschutz, Bestandserhaltung und -aufwertung über den Umgang mit sozialverträglichem Bauen bis hin zur Digitalisierung und der Mobilitätswende. In ihrer Begrüßungsrede erklärte sie: „Wir sollten uns von Gebäudebestand nur sehr wohlüberlegt trennen. Seine energetische, funktionale und gestalterische Sanierung ist eine Herkules-Aufgabe, die eng verknüpft ist mit Urban Mining und der von der EU-Kommission ausgerufenen Renovation Wave. Hier sind wir als Architekt*innen besonders gefordert, da wir für Generationen die Verwendung von Ressourcen in Form von grauer Energie bestimmen. Unser Handeln beeinflusst die energetische Bilanz und die Klimaresilienz von Stadt und Land. Eine ganzheitliche Betrachtung von Gebäude und Quartier, von Landschafts- und Infrastrukturplanung ist die entscheidende Voraussetzung für nachhaltige Entwicklungen.“

Der Staatssekretär im Hessischen Wirtschaftsministerium, Jens Deutschendorf, betonte in seinem Grußwort: „In Hessen arbeiten wir an einem grünen Faden für das Planen und Bauen: für eine enge Verflechtung zwischen Städten und Umland, für möglichst geschlossene Ressourcenkreisläufe, für klimafreundliches und gleichzeitig bezahlbares Wohnen. Gerade im Gebäudebestand warten noch große Aufgaben auf uns – aber auch beachtliche Potenziale.“

Von der Europäischen Kommission war Ruth Reichstein aus dem I.D.E.A.-Beratungsgremium der Kommissionspräsidentin angereist. Sie erklärte: „Das Neue Europäische Bauhaus verbindet Nachhaltigkeit mit Ästhetik und Inklusion. Es erweitert den Europäischen Green Deal um eine kulturelle Dimension und hat zum Ziel, klimafreundliche Produkte für alle zugänglich zu machen. Das gilt fürs Bauen genauso wie für Möbel oder Kleidungsstücke. Das Neue Europäische Bauhaus zeigt, dass der grüne Wandel unserer Wirtschaft das Leben jedes und jeder Einzelnen verbessern kann. Dafür brauchen wir alle mit ihren Erfahrungen und Kompetenzen: Wissenschaftlerinnen, Architekten, Designer, Unternehmerinnen, Studierende und Bürgerinnen und Bürger.“

Der Schwerpunkt des diesjährigen Hessischen Architektentags Green Deal: Planen und Bauen – den Wandel gestalten ist Teil der Aktivitäten der Kammer zur Stärkung des nachhaltigen Planens und Bauens. Er steht in logischer Folge der Themenreihe der vergangenen Hessischen Architektentage. Nach der Auseinandersetzung mit kostengünstigem Wohnen für alle (2016), der Analyse des Zukunftsbilds Wohnen in mittel- und kleinstädtischen sowie ländlichen Räumen (2017) und der Beschäftigung mit Smart Home – Wie werden wir in Zukunft wohnen (2018) setzte die Veranstaltung 2019 auf ungenutzte Potenziale für den Wohnungsbau. Im vergangenen Jahr bestimmten Chancen von Urban Mining die Diskussion, da sie einen wichtigen Beitrag zur Realisation des Green Deal bieten.

Neben AKH-Präsidentin Brigitte Holz und dem hessischen Staatssekretär Jens Deutschendorf referierten beim Hessischen Architektentag 2021:

  • Ruth Reichstein, Europäische Kommission, I.D.E.A.-Beratungsgremium der Kommissionspräsidentin (New European Bauhaus – Die Idee),
  • Jette Cathrin Hopp von Snøhetta, Oslo (Continuous Reinvention – Architektur neu denken)
  • Prof. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor Emeritus des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Potsdam sowie Gründer und Co-Geschäftsführer, Bauhaus der Erde gGmbH (Carbon Positive – Das Bauhaus der Erde),
  • Prof. Eike Roswag-Klinge, ZRS Architekten, Berlin (Creating Natural Change – Bauen in planetaren Grenzen),
  • Dr. Verena Brehm, cityförster, Hannover (Creating Better Places – Bauen für die Gesellschaft)
  • Susanne Wartzeck, Sturm und Wartzeck GmbH, Dipperz, Architektin und Präsidentin BDA (Renovation Wave – Den Bestand weiterbauen).
Über Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen

Die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen (AKH) ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts berufsständische Vertretung von über 11.300 Architekt*innen, Innenarchitekt*innen, Landschaftsarchitekt*innen und Stadtplaner*innen in Hessen. Die AKH vertritt die Interessen des Berufsstands, ist Partner und Dienstleister ihrer Mitglieder und unterstützt den Gesetzgeber, Behörden und Gerichte durch Gutachten, Stellungnahmen und Vorschläge. Die Organisationsstruktur der AKH wird durch das Hessische Architekten- und Stadtplanergesetz vorgegeben. 2019 feierte die AKH den 50. Jahrestag ihrer Gründung.

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