Schweizer Milchkühe als Biodiversitätsfördererinnen? Wer die wissenschaftlich belegten Hauptfaktoren von Artenverlust und Lebensraumverarmung kennt, reibt sich die Augen. Fleisch- und Milchproduktion gehören zu den Haupttreibern des Biodiversitätsverlusts in der Schweiz. Das liegt insbesondere an der durch die Landwirtschaft verursachten Stickstoffbelastung. Sie führt flächendeckend zum Rückgang der Artenvielfalt und zum Verlust an wertvollen Lebensräumen. Zudem sind die meisten in der Milchwirtschaft futterbaulich oder als Weide genutzten Flächen sehr artenarm.
Publikum für dumm verkauft
Den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten wird vorgemacht, dass der Konsum von Schweizer Milch die Biodiversität fördert. «In Wirklichkeit schädigt die heute in der Schweiz praktizierte intensive Milchproduktion eindeutig die Biodiversität!», analysiert Marcel Liner, Landwirtschaftsexperte von Pro Natura. Liner: «Die Aussagen des SMP sind fachlich ganz klar falsch. Herr und Frau Schweizer werden irrgeführt, vermutlich auch mit Blick auf die kommenden politischen Diskussionen um die Massentierhaltungsinitiative und die Biodiversitätsinitiative».
Beschwerde eingereicht
Die Swissmilk-Werbung ist aus Sicht von Pro Natura irreführend und gemäss dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb UWG (Art. 3 Abs. 1 lit. b UWG) auch unlauter. Das will die Naturschutzorganisation, die sich für eine umweltverträgliche, standortgerechte Landwirtschaft einsetzt, nicht durchgehen lassen. Marcel Liner: «Es ist schwerwiegend, wenn der Bevölkerung mitten in einer bedrohlichen Biodiversitätskrise solche Fehlinformationen aufgetischt werden.» Deshalb reicht Pro Natura Beschwerde bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission SLK ein (Link zur Beschwerde s. unten). In ihren Begründungen legt sie detailliert dar, inwiefern die aktuelle Rindviehhaltung in der Schweiz keineswegs «Teil des ökologischen Kreislaufs» ist, wie das Swissmilk-Plakat behauptet, sondern diesen im Gegenteil vielfach stört.
«…. viele Kühe machen Mühe»
Pro Natura stellt keineswegs infrage, dass eine standortangepasste Nutzung der Kulturlandschaft mit Rindvieh zu einem artenreichen Lebensraummosaik beitragen kann. Doch von einem solchen Produktionssystem ist die Schweiz weit entfernt. Stickstoffhaltige Luftschadstoffe stammen zu 70 Prozent aus der Landwirtschaft. Diese entspringen grösstenteils der Tierproduktion. «Der Handlungsbedarf ist gross», schliesst Liner, «und er liegt wesentlich in einer Abkehr vom zu hohen Tierbestand – und damit auch in einer Abkehr von der irreführenden, biodiversitätsschädigenden Werbung für Fleisch- und Milchprodukte.»
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