Klimaschutz braucht effektivere Anreizsysteme, um die Staaten zu einer stärkeren Vermeidung von Treibhausgasemissionen zu bewegen. Aus Sicht des ZEW besteht auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow (COP26) jetzt die Chance, zumindest über einen Klimaklub zu verhandeln, wenn nicht sogar ihn zu gründen. Dies wäre ein wirksamer Schritt, um das Ambitionsniveau für den Klimaschutz zu steigern. Für ZEW-Ökonomen ist es dagegen fraglich, ob die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte schrittweise Erhöhung der länderspezifischen Klimaschutzbeiträge wirklich geeignet ist, das globale Klimaschutzziel zu erreichen. Laut Berechnungen von Climate Action Tracker haben nämlich zahlreiche Länder bisher kaum Ambitionen entwickelt, ihre Reduktionsziele zu verschärfen. Gleichzeitig sind nur wenige Mitgliedstaaten des Pariser Abkommens auf Kurs mit dem 2-Grad-Ziel. Grund für die Zögerlichkeit vieler Staaten ist sicher auch das Kalkül, sie können von den Anstrengungen anderer profitieren, ohne selbst viel zum Klimaschutz beitragen zu müssen. „Die internationale Staatengemeinschaft steht bei der Klimakonferenz in Glasgow unter enormen Erfolgsdruck. Die zentrale Frage ist, ob es gelingt, die selbstgesteckten Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen zeitnah in konkrete und wirksame Maßnahmen zur Vermeidung der globalen Treibhausgasemissionen zu überführen. Statt allein darauf zu setzen, dass die Mitgliedstaaten einzeln ihre Klimaschutzbeiträge schrittweise erhöhen, sollte aus ökonomischer Sicht das Prinzip ‚Leistung gegen Gegenleistung‘ (Reziprozität) stärker in den Mittelpunkt rücken. Ein Klimaklub kann dazu den richtigen Ansatz bieten“, sagte Prof.  Dr.  Martin Kesternich, stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement“.
 Ein Klimaklub setzt auf internationale Kooperation, um das Problem des Klimaschutzes zu lösen. Die Mitgliedstaaten einigen sich dabei auf einen CO2-Preis und schaffen so einen Anreiz für stärkere Emissionseinsparungen. Gleichzeitig vereinbaren sie exklusive Vorteile untereinander wie etwa freien Handel oder finanzielle Anreize für weniger Emissionen. Wie Studien gezeigt haben, sind solche positiven Anreize zur Aufnahme von Kooperation sogar wirksamer als eine Bestrafung bei Nicht-Kooperation. Das derzeit geltende Verfahren der schrittweisen Erhöhung von länderspezifischen Klimaschutzzielen (Ratcheting) setzt lediglich auf die Hoffnung, dass die Emissionsreduktionen in Zukunft ambitionierter werden. Fraglich bleibt jedoch, welche Anreize Ratcheting im internationalen Klimaschutz tatsächlich setzt.
 „Der Ratcheting-Mechanismus ändert aus ökonomischer Sicht nichts an dem grundlegenden Anreizproblem. Vielmehr kann dieser Mechanismus sogar schaden. Länder mit aktiver Klimapolitik tragen die Kosten weiterhin allein, aber alle Länder profitieren von verminderten Emissionen. Somit besteht eine große Versuchung, wenig bis nichts zum Klimaschutz beizutragen. Unsere Studie aus der experimentellen Wirtschaftsforschung dazu zeigt sogar, dass Ratcheting eine negative Wirkung entfaltet. Akteure mit anspruchsvollen Zielen zügeln nämlich ihren Ehrgeiz in einem solchen Umfeld, um einer Ausbeutung durch sogenannte Trittbrettfahrer vorzubeugen.“, sagte Prof.  Dr.  Bodo Sturm von der HTWK Leipzig und Forschungsprofessor am ZEW.
Über ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.

Forschungsfelder des ZEW

Arbeitsmärkte und Personalmanagement; Digitale Ökonomie; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement; Marktdesign; Soziale Sicherung und Verteilung; Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft, Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik.

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