Die Weltklimakonferenz in Glasgow endet heute mit dem Abschluss vieler Verhandlungsstränge, lässt aber eine Reihe von Fragen ungelöst. Damit ist der Wendepunkt, um das 1,5-Grad-Limit sicher zu unterschreiten, noch nicht erreicht. „Nach dem gescheiterten Weltklimagipfel 2019 in Madrid macht die Staatengemeinschaft in Glasgow wichtige Schritte nach vorn. Nach zwei weiteren Jahren zunehmender Klimakrise mit Dürren, Fluten und Wetterextremen sollte dies für alle Staaten folgerichtig sein, für 1,5°C reicht es aber dennoch nicht. Entscheidend ist jetzt deshalb, dass die Länder bei ihren nationalen Klimazielen nachbessern und zuhause die Umsetzung vorantreiben. Der Blick richtet sich auf die Ampel-Koalition“, sagt Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland, anlässlich des Abschlusses der Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow.

In der Abschlusserklärung von Glasgow finden sich einige Ergänzungen, die den Vertragsstaaten das klare Signal geben, ihre Ambition und Maßnahmen für den Klimaschutz kurzfristig zu verstärken. Denn weiterhin klafft eine riesige Lücke zwischen dem, was nötig ist, und den gesetzten Zielen – und eine noch größere zwischen den Zielen und der Umsetzung. „Die Staaten haben ein Signal gesetzt, dass die Ära der fossilen Brennstoffe beendet werden muss“, sagt Viviane Raddatz. Auch wenn die Einigung auf einen Kohleausstieg in letzter Sekunde auf enttäuschende Weise zu Kohleverminderung verwässert wurde, so ist es doch ein klares Zeichen an alle Staaten und Unternehmen, dass Kohle und fossile Energieträger in einer 1,5-Grad-Welt keinen Platz mehr haben. „Es ist erstaunlich, dass es dafür 26 Klimakonferenzen gebraucht hat, obwohl völlig klar ist, dass fossile Energien die Haupttreiber der Klimakrise sind.“

Der WWF begrüßt zudem, dass alle Länder den Auftrag erhalten, ihre Klimazusagen bis 2022 zu verschärfen. Denn die bisherigen Zusagen laufen auf eine globale Erhitzung von deutlich über zwei Grad hinaus. Auch wenn in Glasgow eine Reihe von Erklärungen verabschiedet wurden, die Potential für mehr Minderung haben – die Umsetzung muss nun auch schnell und vollständig vollzogen werden. „Kurzfristige, konkrete und ernsthafte Klimabeiträge und Maßnahmen gehören jetzt bis nächstes Jahr auf den Tisch“, sagt Viviane Raddatz.

Die Finalisierung des Pariser Regelbuchs ist in Glasgow abgeschlossen worden. Dazu gehört die lange offene Frage zum Handel mit Emissionsminderungen unter Artikel 6. Einige Schlupflöcher zur Doppelanrechnung von Emissionsreduktionen wurden geschlossen. Weiterhin kritisch ist die Fortführung von Zombie-Zertifikaten aus dem Kyoto-Protokoll. Alle Akteure im internationalen Zertifikatehandel sind aufgerufen, dafür zu sorgen, dass in allen Märkten nur autorisierte Emissionsreduktionen genutzt werden, um damit eine Doppelanrechnung zu verhindern.

Mit der Anerkennung der Rolle intakter Ökosysteme für die Erreichung der Ziele des Paris-Abkommens wurde bekräftigt, dass der Schutz aller Ökosysteme und der Erhalt der Artenvielfalt ein Teil der wirksamen Bekämpfung der Klimakrise und in der Anpassung an ihre Folgen sein müssen. Der Relevanz der Meere für Klimaanpassung und -minderung zeigt sich mit der Vereinbarung eines von nun an jährlich stattfindenden Meeresdialogs im Rahmen der Konvention.

Von der Klimakonferenz gehen wichtige Signale an die Verhandler:innen der Ampel-Koalition aus. „Die Klimabeiträge werden zuhause umgesetzt, deshalb muss sich diese Verantwortung deutlich im Koalitionsvertrag der nächsten Bundesregierung wiederfinden“, sagt Viviane Raddatz. „Für die letzte Phase der Koalitionsverhandlungen ist klar, dass die Parteien deutlich nachlegen müssen, um eine Legislaturperiode der Umsetzung einzuläuten. Dazu gehört eine Anhebung des Klimaziels auf minus 70 Prozent bis 2030 und der beschleunigte Kohleausstieg bis 2030, genauso wie ein Klimaschutz-Sofortprogramm, klare Maßnahmen für einen deutlich schnelleren Ausbau der der erneuerbaren Energien und ein angemessener, sozial abgefederter CO2-Preis. Weiter muss die nächste Bundesregierung die milliardenschweren klimaschädlichen Subventionen abbauen und in klimafreundliche Lösungen umschichten. Zusätzlich braucht es deutlichere Anstrengungen zur Erhöhung der Klimafinanzierung und zur Unterstützung bei Schäden und Verlusten, um die internationale Glaubwürdigkeit zu sichern“, sagt Viviane Raddatz.

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