„Tradition und Innovation“ – unter diesem Motto treffen sich vom 9.-11. Dezember 2021 Wirbelsäulenexperten zum wissenschaftlichen Austausch in Münster. Die Halle Münsterland bietet dafür auch angesichts der aktuellen Entwicklungen ideale Bedingungen mit einem großzügigen Raumangebot und für die Umsetzung aller notwendiger Infektionsschutzmaßnahmen. Der derzeitige Präsident der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft ist der Münsteraner Ulf Liljenqvist. Er ist Chefarzt der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie und des Skoliosezentrum des St. Franziskus-Hospital und gibt im folgenden Interview Einblick in die Inhalte des Kongresses:

Sind Sie heute mit dem Fahrrad zur Klinik gekommen, Professor Liljenqvist?

Ich fahre immer mit dem Rad – bei Wind und Wetter.

Damit schaffen Sie es, Bewegung in Ihren Alltag zu integrieren. Wäre „Rücken“ vielleicht nicht eine solche Volkskrankheit, wenn die Menschen sich mehr bewegen würden?

Ich denke, dass ich noch aktiver sein könnte. Obwohl ja auch mein Beruf ein gewisses Maß an Bewegung mit sich bringt. Generell ist es sicherlich richtig, dass viele Rückenbeschwerden, mit denen man sich beim Arzt vorstellt, durch mehr oder gezieltere Bewegung möglicherweise nicht entstanden wären. Das liegt zum einen an den Gegebenheiten unserer Zeit, manches ist aber sicherlich auch einem gewissen Grad an Bequemlichkeit zuzuschreiben.

Sie sind in diesem Jahr Präsident der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft (DWG) und damit auch Gastgeber des Kongresses der Gesellschaft. Welche persönliche Ausrichtung haben Sie dem Kongress gegeben?

Ich habe bedingt durch meine persönliche berufliche Ausrichtung die Thematik der Deformitäten im Kindes- und Erwachsenenalter sowie von Knochentumoren im Bereich der Wirbelsäule im Programm verankert. Dazu werden wir Vorträge von ausgewiesenen internationalen Experten auf diesen Gebieten hören.

Welche aktuellen Themen gibt es noch im wissenschaftlichen Programm?

Das Fachgebiet der Wirbelsäulenchirurgie ist eng verbunden mit technischem Fortschritt. Insofern wird es im Programm um die neuesten technischen Innovationen und OP-Techniken in verschiedenen Bereichen gehen. Ein weiteres sehr zeitgemäßes Thema behandelt die Podiumsdiskussion mit Susanne Holst. Es geht um Frauen in der Wirbelsäulenchirurgie. Diese sind derzeit noch unterrepräsentiert im Fach, obwohl 70 Prozent der Medizinabsolventen weiblich sind. Hier muss man sicherlich noch mehr Anreize schaffen. Ich denke hier zum Beispiel an flexiblere Arbeitszeitmodelle, aber auch an ganz praktische Dinge, wie die Veränderung von bestimmten chirurgischen Instrumenten, die für Frauenhände teilweise nicht optimal nutzbar sind.

Das Fachgebiet der Orthopädie und Unfallchirurgie hat den größten Zuwachs an Studentinnen in den letzten Jahren zu verzeichnen. Macht sich das noch gar nicht in Ihrem Fachbereich bemerkbar?

Das stimmt und sicherlich macht sich das auch in der Wirbelsäulenchirurgie bemerkbar. Wir haben jetzt 20-30 Prozent Assistenzärztinnen im Team. Aber man kann die Bedingungen für Ärztinnen noch verbessern und so weitere Anreize schaffen, sich für diesen Bereich zu entscheiden. Es ist zum Beispiel ein körperlich recht anstrengendes Gebiet, was man aber – gemeinsam mit der Industrie – durch die Weiterentwicklung von Instrumenten und Geräten verändern könnte. 

Sie sagten, dass auch internationale Kollegen auf dem Kongress sein werden. Wie steht die deutsche Wirbelsäulenversorgung im internationalen Vergleich da?

Global ist das schwierig zu vergleichen, aber europaweit hervorragend. Die DWG ist die größte europäische Wirbelsäulengesellschaft und wir haben mit unserem Aus- und Weiterbildungskonzept sowie unserer Centrumszertifizierung neue Maßstäbe gesetzt, die von anderen Ländern bereits übernommen werden.

Seit einigen Jahren gibt es auf dem Wirbelsäulenkongress sehr erfolgreich einen eigenen Programmteil für Pflegepersonal und Therapeuten. Welchen Stellenwert hat die Zusammenarbeit der Gesundheitsfachberufe und der Ärzte im Klinikalltag und wurde konsequenter Fortbildungsbedarf gesehen?

Ja, das wurde er. Die Zusammenarbeit ist enorm wichtig und die Hierarchien sind erfreulicherweise flacher geworden. Wir in Münster machen etwa immer gemeinsam Visite, um eine optimale Patientenversorgung zu erzielen. Die Liegezeit der Patienten wird immer kürzer – auch das ist der Verdienst der funktionierenden Teamarbeit.

Generalstabsarzt Hans-Ulrich Holtherm wird zum Thema Auswirkungen von Epidemien und Pandemien referieren. Ohne Zweifel ein spannendes Thema. Aber wie schlägt man da einen Bogen zu den Wirbelsäulenerkrankungen?

Die Pandemie und deren Folgen geht uns alle an – egal welcher Profession wir angehören. Insofern ist es eigentlich nicht unbedingt notwendig einen Bogen schlagen zu müssen. Ich bin ganz sicher, dass der Vortrag von Dr. Holtherm sehr informativ und erkenntnisreich sein wird – gerade auch vor den aktuellen Entwicklungen. Und die Pandemie hatte durchaus auch Auswirkungen auf die wirbelsäulenchirurgische Versorgung. Es kam über knapp zwei Monate zu Versorgungsengpässen im Rahmen des Lockdowns.

Medienvertreter sind eingeladen, sich über die Themen des Kongresses zu informieren und darüber zu berichten. Wir freuen uns über Ihr Interesse und unterstützen Sie gern, zum Beispiel bei der Suche nach Interviewpartnern. Melden Sie sich dazu und mit all Ihren Fragen gern beim Pressekontakt!

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