Die Corona-Krise hat auch in der Türkei große Auswirkungen auf die Situation geflüchteter Menschen. „Wir unterstützen Geflüchtete in der Türkei schon seit vielen Jahren, doch die Herausforderungen sind seit Beginn der Pandemie deutlich größer geworden“, sagt Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe. „Die Zahl der Menschen, die sich hilfesuchend an unseren Partner gewandt haben, ist während der Corona-Krise in die Höhe geschnellt. Gleichzeitig mussten die Mitarbeitenden ihre Beratungen vergangenes Jahr von einem Tag auf den anderen auf Chats und Video-Gespräche umstellen.“ Die Diakonie Katastrophenhilfe setzt sich mit ihrer Partnerorganisation – und unterstützt von der Generaldirektion Europäischer Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe (ECHO) – etwa dafür ein, dass Flüchtlinge in der Türkei registriert werden und sie Zugang zu staatlicher Gesundheitsversorgung und Bildung bekommen.

Da die Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge in der Türkei sehr begrenzt sind, müssen viele Menschen im informellen Sektor, etwa in der Landwirtschaft, arbeiten. Tausende dieser Jobs sind während der Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen jedoch weggefallen. Dadurch haben Geflüchtete in einigen Fällen ihre Wohnung oder den Zugang zu medizinischen Behandlungen verloren. „Die Mitarbeitenden unseres Projektpartners vor Ort sind speziell für die Beratung und Unterstützung von Menschen in Notsituationen geschult. Doch wenn gleichzeitig die Not zunimmt und Hilfe angepasst werden muss, ist das auch für sie eine große Herausforderung“, sagt Thomas Molitor, Projektverantwortlicher bei der Diakonie Katastrophenhilfe. „Es ist beeindruckend, wie sie es trotz allem geschafft haben, den Menschen etwa eine neue Wohnung zu verschaffen oder einen Krankenhausbesuch zu organisieren.“ Möglich sei dies durch die gute Vernetzung des Partners mit anderen Hilfsorganisationen und staatlichen Stellen.

Das mit humanitärer Unterstützung der EU finanzierte Projekt erreicht nicht nur syrische Flüchtlinge, sondern auch viele andere Flüchtlinge aus unterschiedlichen Ländern durch Angebote in verschiedenen Sprachen. Die Anzahl der Flüchtlinge aus Afghanistan ist bisher in der Türkei nicht signifikant angestiegen. Durch Online-Angebote erreicht das Projekt auch Flüchtlinge außerhalb der eigentlichen Projektstandorte und ermöglicht die kontinuierliche Zusammenarbeit mit den türkischen Behörden.

Die Diakonie Katastrophenhilfe und ihr lokaler Partner „Support to Life“ (STL) sind außer in Istanbul auch in Diyarbakir und vier weiteren Provinzen im Süden und Südosten der Türkei tätig. Ein wichtiger Teil des Hilfsprojektes ist die Rechtsberatung für Geflüchtete und psychosoziale Unterstützung. Die Teams von STL begleiten sie zu Behörden und helfen ihnen z.B. bei der Übersetzung wichtiger Dokumente. Da viele Flüchtlingsfamilien von Kriegs- und Fluchterlebnissen traumatisiert sind, werden zudem sowohl psychologische Einzelberatung als auch Gruppengespräche angeboten. „Gerade psychologische Unterstützung ist ein hochsensibler Bereich. Diese Gespräche nicht persönlich, sondern online zu führen, setzt ein hohes Maß an Vertrauen voraus. Wir sind froh, dass unser Projektpartner dieses Vertrauen unter den Geflüchteten genießt“, sagt Molitor.

Laut den Vereinten Nationen leben fast vier Millionen Flüchtlinge in der Türkei, so viele wie in keinem anderen Land der Welt. Darunter sind 3,6 Millionen Menschen, die vor dem Krieg in Syrien geflohen sind, sowie ungefähr 330.000 Flüchtlinge aus anderen Ländern. Diese zu erreichen ist eine tägliche Herausforderung, aber auch möglich durch den verstärkten Einsatz von online Angeboten in verschiedenen Sprachen, selbst außerhalb der eigentlichen Projektstandorte in der Türkei.

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