In Berlin wird es konkret: SPD, FDP und die Grünen haben heute ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Einige Ansätze sind sinnvoll, andere werfen viele Fragen auf. Welche Auswirkungen die Pläne auf Klima, Rente, Steuern, Finanzen und die Pandemiebewältigung haben.

Klima

Mit der Vorlage des Koalitionsvertrages ist das Ende des politischen Stillstandes absehbar. Gut, dass die zukünftigen Koalitionäre erkannt haben, dass ein deutlich beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren Energien die wesentliche Voraussetzung für erfolgreichen Klimaschutz in Deutschland ist. Nur: Damit die Klimaziele 2030 auch wirklich erreicht werden können, muss der zusätzliche benötigte Strom, beispielsweise für die geplanten 15 Millionen Elektroautos, grün und bezahlbar sein.

Ein wichtiger und richtiger Baustein ist die Abschaffung der EEG-Umlage bis Ende 2022, ebenso die geplante Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Zusätzlich sollte auch die Stromsteuer sinken. Klimaschutzverträge sollten mit der energieintensiven Industrie aufgesetzt werden, damit Klimaschutztechnologie Made in Germany zum Geschäftsmodell werden kann.

Rente

Die Ampel-Koalitionäre haben der gesetzlichen Rentenversicherung ein enges Korsett angelegt. Sie garantieren das Rentenniveau, versprechen, die Rente nicht zu kürzen, bekennen sich zur Rente mit 67. Dadurch fehlen Handlungsspielräume, um auf die Alterung der Gesellschaft und die Herausforderungen des umlagefinanzierten Rentensystems zu reagieren, wodurch der Beitragssatz steigen dürfte. Die Einführung einer Aktien-Rente kann entlasten, wenn die Rendite an den Kapitalmärkten über der Produktivität am Arbeitsmarkt liegt. Allerdings fehlt im Koalitionsvertrag ein konkreter Vorschlag zur Finanzierung. Der Fonds muss unabhängig und professionell verwaltet werden, damit er Erfolg hat. Und er muss langfristig angelegt sein – nur so lässt sich die Beitragssatzentwicklung bremsen. 

Steuern

Die Gegensätze der Ampel-Parteien in der Steuerpolitik finden sich im Koalitionsvertrag wieder: Die Koalitionäre wollen keine größeren Projekte in Angriff nehmen. Weder die von SPD und Grünen gewollten Erhöhungen für Spitzenverdiener und Vermögende noch die von der FDP gewollte breite Entlastung bei Einkommen- und Unternehmenssteuer oder beim Solidaritätszuschlag haben es in den Vertrag geschafft. Lediglich kleinere, wenn auch wichtige Projekte wie zum Beispiel die Vermeidung einer Doppelbesteuerung von Renten, die Erhöhung des Sparerpauschbetrags oder die Einführung einer Mindeststeuer für große Konzerne stehen drin. Bei großen Steuerfragen droht weiterhin Stillstand. Einen Wachstumsimpuls könnte immerhin die sogenannte Investitionsprämie für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter in Form einer Gewinnverrechnung leisten. 

Finanzen

Die Schuldenbremse soll nicht angetastet werden, die beabsichtige Überprüfung der Konjunkturkomponente kann den Verschuldungsspielraum nur geringfügig erhöhen. Die Ampel braucht Finanzierungsspielräume und will dafür vor allem die KfW stärker einbeziehen, außerdem soll es eine bessere Eigenkapitalausstattung öffentlicher Unternehmen wie der Deutschen Bahn und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben geben. Zudem soll der Energie- und Klimafonds mit Haushaltsmitteln aus den Jahren 2021 und 2022 gefüllt werden und so über Jahre einen Beitrag zur Transformation der Wirtschaft leisten. Insgesamt bleibt jedoch fraglich, ob die erforderlichen Zukunftsinvestitionen so finanziert werden können. Es droht Stückwerk. Gleichzeitig finden sich zu Ausgabenkürzungen und Subventionsabbau weitgehend nur Absichtserklärungen. Ausnahmen bilden die Überprüfung des Dieselprivilegs und die Subventionierung von Hybrid-Fahrzeugen. Der anvisierte gemeinsame Kraftakt mit den Ländern zum Abbau der kommunalen Altschulden ist ein wichtiger Schritt, um kommunale Handlungsfähigkeit sicherzustellen. Die Finanzierung bleibt offen.

Corona-Pandemie

Zum Umgang mit der Pandemie bleibt der Koalitionsvertrag sehr wortkarg. Die Ampel plant einen Krisenstab und einen interdisziplinär besetzten wissenschaftlichen Pandemierat, der an das Bundesgesundheitsministerium angedockt werden soll – damit ist das Thema aus Sicht der Koalitionäre offenbar abgeschlossen. Dass der Rat interdisziplinär besetzt werden soll, ist zu begrüßen. 

Wohnen

Die Ampel-Regierung will jährlich 400.000 neue Wohnungen bauen. Eine neue IW-Studie zeigt, dass dieses Ziel zu hoch angesetzt ist und langfristig Leerstände drohen. 100.000 neue Sozialwohnungen jährlich verursachen hohe Kosten, die Finanzierung ist noch unklar. Ebenso bleibt offen, wie die Ampel die Klimaschutzziele im Gebäudesektor erreichen will oder die Eigentumsförderung konkret angehen möchte. Die angekündigte Absenkung der Kappungsgrenze von 15 auf 11 Prozent über drei Jahre wird zu niedrigen Erträgen bei den Vermietern führen, dürfte darüber hinaus aber keine nennenswerten negativen Auswirkungen auf das Wohnangebot und den Umfang der Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen haben. Die Nicht-Verlängerung des hochumstrittenen § 13b BauGB über das Jahr 2022 ist zu begrüßen, da es kleinteilige Siedlungsentwicklung befördert.

Zum Artikel

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
Konrad-Adenauer-Ufer 21
50668 Köln
Telefon: +49 (221) 4981-1
Telefax: +49 (221) 4981-533
http://www.iwkoeln.de

Ansprechpartner:
Dr. Tobias Hentze
Senior Economist für Finanz- und Steuerpolitik
Telefon: +49 (221) 4981-748
E-Mail: hentze@iwkoeln.de
Dr. Thilo Schaefer
Leiter des Kompetenzfelds Umwelt, Energie, Infrastruktur
Telefon: +49 (221) 4981-791
E-Mail: thilo.schaefer@iwkoeln.de
Dr. Ruth Maria Schüler
Economist für Soziale Sicherung und Verteilung
Telefon: +49 (221) 4981-885
E-Mail: schueler@iwkoeln.de
Dr. Ralph Henger
Telefon: +49 (221) 4981-744
E-Mail: henger@iwkoeln.de
Für die oben stehende Pressemitteilung ist allein der jeweils angegebene Herausgeber (siehe Firmenkontakt oben) verantwortlich. Dieser ist in der Regel auch Urheber des Pressetextes, sowie der angehängten Bild-, Ton-, Video-, Medien- und Informationsmaterialien. Die United News Network GmbH übernimmt keine Haftung für die Korrektheit oder Vollständigkeit der dargestellten Meldung. Auch bei Übertragungsfehlern oder anderen Störungen haftet sie nur im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die Nutzung von hier archivierten Informationen zur Eigeninformation und redaktionellen Weiterverarbeitung ist in der Regel kostenfrei. Bitte klären Sie vor einer Weiterverwendung urheberrechtliche Fragen mit dem angegebenen Herausgeber. Eine systematische Speicherung dieser Daten sowie die Verwendung auch von Teilen dieses Datenbankwerks sind nur mit schriftlicher Genehmigung durch die United News Network GmbH gestattet.

counterpixel