Die AOK Baden-Württemberg sieht im vorgestellten Koalitionsvertrag von SPD, Grüne und FDP deutliches Potential, um die Pflege „zukunftsfest weiterzuentwickeln“. Die Koalitionäre haben sich vorgenommen, die Arbeitsbedingungen der Gesundheitsberufe und Pflegekräfte deutlich zu verbessern und die Attraktivität des Berufsfelds zu erhöhen. Außerdem wollen sie Pflegebedürftige und deren Angehörige entlasten und die Pflege insgesamt stabil finanzieren. „Die Ampel-Parteien sprechen viele wichtige Punkte in ihrem Koalitionspapier an, und das Thema Pflege erhält zu Recht einen großen Raum“, fasst Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg zusammen. Die Weiterentwicklung und Reformierung der Pflegeversicherung sei dringend notwendig und gehe grundsätzlich in die richtige Richtung.

Die Koalitionäre streben eine nachhaltige Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung (SPV) an. „Der Bund übernimmt bei der Finanzierung der Pflege endlich deutlich stärkere Verantwortung. Sehr positiv und ordnungspolitisch richtig ist, dass versicherungsfremde Leistungen, wie etwa die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige und die pandemiebedingten Zusatzkosten, aus Steuermitteln finanziert werden sollen und die Pflegeversicherung damit entlastet wird“, betont Bauernfeind. Für Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen plant die neue Regierung eine Begrenzung beim Eigenanteil, die über eine moderate Beitragserhöhung sowie die Kostenübernahme der medizinischen Behandlungspflege durch die gesetzliche Krankenversicherung ausgeglichen werden soll. „Beim Eigenanteil für die Pflege in vollstationären Einrichtungen ist eine dringende Umsetzung erforderlich und nachvollziehbar, um pflegebedürftige Menschen vor einer wirtschaftlichen Überforderung zu bewahren. Doch auch die finanzielle Belastung von Pflegebedürftigen, die in einem ambulanten Setting gepflegt werden, darf nicht vergessen werden.“ So sei die Dynamisierung des Pflegegeldes der richtige Weg – auch wenn er nicht nachvollziehen könne, weshalb dies bei den Sachleistungen nicht ähnlich geregelt wird. „Ohne Dynamisierung der Pflege-Sachleistungen werden die von den Pflegebedürftigen zu tragenden Eigenanteile bei häuslicher Pflege weiter steigen“, stellt Bauernfeind klar. „Daher sind wir interessiert, wie die Idee einer Ergänzung der sozialen Pflegeversicherung um eine freiwillige, paritätisch finanzierten Vollversicherung, welche die Koalition mit einer Expertenkommission bis 2023 prüfen möchte, in der konkreten Umsetzung ausgestaltet werden soll“.

Positiv bewertet die Krankenkasse auch die Schaffung eines rechtssicheren Rahmens für die 24-Stunden-Betreuung im familiären Bereich, den bedarfsgerechten Ausbau der Tages- und Nachtpflege und vor allem der solitären Kurzzeitpflege sowie die Maßnahmen zur Stärkung der Pflege vor Ort. „Besonders zu begrüßen ist die Ergänzung der Pflegeversicherung um innovative quartiernahe Wohnformen. Damit werden die von der AOK Baden-Württemberg unterstützten und lange geforderten Modelle aus ambulanter und stationärer Pflege endlich im Sozialgesetzbuch verankert und das Leistungsspektrum der Pflegeversicherung entsprechend erweitert“, so Bauernfeind. „Unverständlich ist jedoch, weshalb dann in der Konsequenz auf eine echte Strukturreform zur Aufhebung der starren Trennung des ambulanten und stationären Bereichs und der Flexibilisierung des Leistungsrechts verzichtet wird“.

Das Thema Digitalisierung in der Pflege wird ebenfalls im Koalitionsvertrag aufgegriffen. In Ausbildungen der Gesundheits- und Pflegeberufe sowie in Fort- und Weiterbildungen steht die Vermittlung digitaler Kompetenzen zukünftig mehr im Vordergrund. In der Digitalisierung im Gesundheitswesen sieht Bauernfeind das Land Baden-Württemberg bereits auf einem sehr guten Weg: „Die AOK Baden-Württemberg hat schon vor Jahren mit relevanten Partnern, besonders im Umfeld der Haus- und Facharztverträge, die Digitalisierung vorangebracht. Wir sind hier als Bundesland exzellent aufgestellt und sollten jetzt die Chancen der Digitalisierung auch bei der Pflege verstärkt nutzen“. Die Digitalisierung könne beispielsweise eine Entlastung der Pflegekräfte bei der Dokumentation darstellen.

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