Unter dem Titel „Hinsehen. Und darüber reden.“ veröffentlicht das Grimme-Institut auf der Website www.goa-talks.de fünf Zweiergespräche zwischen Nominierten und Preisträger(inne)n des Grimme Online Award. Sie sprechen über ihre ausgezeichneten Arbeiten, die alle den Blick dorthin richten, wo sonst die mediale Aufmerksamkeit fehlt. Es geht um die Entstehungsgeschichte, die Motivation, sich mit dem jeweiligen Thema auseinanderzusetzen, und ihren Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen. Die gefährliche Wirkung von Rassismus, Antisemitismus oder Homophobie wird dabei genauso diskutiert wie Erinnerungskultur und ihre Wirkung in die Gegenwart oder die Möglichkeiten, wie Medienangebote Menschen erreichen können.

Aufmerksamkeit schafft Comedienne Enissa Amani immer wieder – auch gerade jetzt, wo sie öffentlich gemacht hat, dass ihr Haft droht, weil sie eine Strafe wegen Beleidigung nicht zahlen will, solange ein AfD-Politiker, den sie beleidigt hat, nicht für seine Äußerungen belangt wird: „Dass wir immer noch einen großen Teil mit Rassismus, Sexismus, mit Queerfeindlichkeit, mit all diesen Problemen zu kämpfen haben in der Gesellschaft, ist für mich die eine Sache. Und die bedarf sehr viel Arbeit, sehr viel Aufklärung, sehr viel Veränderung in der Gesellschaft“, so Amani, „aber der Moment, wo eine Staatsanwaltschaft oder Richter und Richterinnen dafür dann auch noch einen rechtlichen Freibrief geben, war der Moment, wo ich das Gefühl hatte, dass da mehr Aufmerksamkeit drauf gelenkt werden muss“. Enissa Amanis Gesprächspartner bei GOA talks, der Blogger, Podcaster und Aktivist gegen Homophobie Johannes Kram, spricht ihr die volle Solidarität für ihr Handeln aus und ergänzt: „Das Rechtssystem ist auch nur eine Konsequenz von unseren Normen. Es ist sehr wichtig, was Enissa macht, dass sie darauf hinweist, wie das Ungleichgewicht ist und was da noch passieren muss. Aber wir dürfen auch nicht aus dem Blick lassen, dass das nicht nur eine juristische Sache ist, sondern dass wir in der Gesellschaft erkämpfen müssen, was immer durchgeht.“

Neben Enissa Amani und Johannes Kram sind in den Zweiergesprächen dabei: Floriane Azoulay, die Direktorin der Arolsen Archives, von denen das Angebot „#StolenMemory“ stammt; die Journalistin und Dokumentarfilmerin Julia Oelkers, die für die Webdokumentationen „Eigensinn im Bruderland“ und „Gegen uns“ jeweils mit einem Grimme Online Award ausgezeichnet wurde; die Journalistin Alena Jabarine, die für den Podcast „190220“ mit Angehörigen von Opfern und Überlebenden des Attentats von Hanau gesprochen hat; eine der Macherinnen des Podcasts „Halle nach dem Anschlag“, Christina Brinkmann; der Journalist Jonas Feldt, einer der Redakteure des Projekts „Hong Kong Diaries“; Eva Deinert, die in ihrer Funktion als Innovationsmanagerin und Digitaljournalistin beim Bayerischen Rundfunk das Projekt „Die Befreiung“ verantwortet; Celia Parbey, die Chefredakteurin von „RosaMag“, dem einzigen Online-Magazin für afrodeutsche Frauen; sowie der Journalist Marco Reinke, der das multimediale Projekt gegen Antisemitismus „Jeder Vierte“ mitgestaltet hat. Moderiert werden die Gespräche von Ninia LaGrande.

Die ausgewählten Online-Angebote setzen sich auf besondere Weise überzeugend mit den Fragen auseinander, die in unserer Gesellschaft als ungelöst gelten müssen oder auch weiterhin eine nicht nachlassende Aufmerksamkeit verdienen. „Es geht um kritische Diskurse, bei denen es um Analysen, Aufklärung, Erinnerungskultur und nicht zuletzt um gesellschaftliche, politische und mediale Verantwortung geht“, fasst Frauke Gerlach, die Direktorin des Grimme-Instituts, die Motivation der Medienmacherinnen zusammen. Ihnen und ihren Angeboten gebühre Aufmerksamkeit, Respekt und Dank, denn sie leisten in jeweils eigener Art und Weise einen Beitrag zur Stärkung einer offenen und freiheitlichen Gesellschaft.

„Gerade in dieser Zeit der Pandemie erleben wir, wie essentiell wichtig eine gute Kommunikationskultur für unsere Gesellschaft ist“, sagte Nathanael Liminski, Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, in seinem Grußwort zu GOA talks. „Klar ist leider, sie ist kein Selbstläufer, ganz im Gegenteil. Notwendig sind klare Spielregeln – Spielregeln, die ein echtes Miteinander überhaupt erst möglich machen; die Raum schaffen für freien und fruchtbaren Meinungsaustausch, für einen respektvollen Umgang miteinander. Formate wie GOA talks können das Bewusstsein der Zuschauer dafür schärfen, wie wichtig es ist, konstruktiv an digitalen Diskursen teilzuhaben, teilzunehmen.“

GOA talks ist der Nachfolger der Veranstaltungsreihe Social Community Day (SCD). Mit letzterem hat das Grimme-Institut seit 2010 Menschen zusammengebracht, die – auf der Bühne und in Workshops – über ihre Online-Angebote geredet und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten verdeutlicht haben. Der SCD hat in den vergangenen Jahren bereits zunehmend die Zusammenarbeit mit dem Grimme Online Award vertieft. Mit GOA talks ist daraus nun eine jährliche Veranstaltung geworden, die das aufgreifen soll, was sich jeweils im Frühsommer beim Grimme Online Award als besonders wertvoll für den gesellschaftlichen (Medien-)Diskurs erwiesen hat.

Die Veranstaltungsreihe GOA talks wird unterstützt durch die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen.

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