Eine Legalisierung des Cannabiskonsums bei Erwachsenen muss einen effektiven Schutz Jugendlicher beinhalten. Maßnahmen des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe sind auszuweiten, langfristig sicherzustellen und ausreichend zu finanzieren.

Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge, die neben Alkohol und Tabak auch in den jugendlichen Lebenswelten auftaucht. Während der Konsum von Alkohol und Tabak insgesamt rückläufig ist, ist der Cannabiskonsum in den letzten Jahren gerade bei jungen Erwachsenen gestiegen. Laut der Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) haben 10,4% der 12- bis 17-Jährigen und 46,4% der 18- bis 25-Jährigen Cannabis zumindest einmal ausprobiert (Lebenszeitprävalenz). Der in der Pubertät auftretende sogenannte temporäre Probierkonsum kann dabei leicht zu einer Verfestigung des Gebrauchs führen.

Die aktuelle Diskussion

Im Rahmen der aktuellen Koalitionsverhandlungen wird diskutiert, den Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken an Erwachsene zu legalisieren. Dadurch werde der Jugendschutz gewährleistet und eine Entkriminalisierung des Konsums erreicht. Bislang ist der legale, regulierte Handel mit Cannabis zu Genusszwecken in Deutschland verboten. Die Regelung zur kontrollierten Altersbeschränkung beim legalen Verkauf soll nach vier Jahren evaluiert werden. Gleichzeitig wollen die Parteien die Regelungen für Marketing und Sponsoring bei Alkohol, Nikotin und Cannabis verschärfen. Über das Pro und Contra einer Freigabe wird auch in der Suchtprävention seit vielen Jahren diskutiert.

Die Sicht des Kinder- und Jugendschutzes

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e.V. (BAJ) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch Kinder und Jugendliche potenzielle Konsumentinnen und Konsumenten sind und dies bei der Diskussion um eine Neuregelung berücksichtigt werden muss.

So stehen für die BAJ die kurz- und langfristigen Risiken für die Gesundheit von konsumierenden Kindern und Jugendlichen im Vordergrund, z.B. Störungen der Bewusstseinslage, der kognitiven Fähigkeiten, Einschränkungen der Aufmerksamkeit und der Psychomotorik bei akutem Rausch sowie eine Erhöhung des Risikos für Verkehrsunfälle. Besonders beim frühem Konsumbeginn besteht ein höheres Risiko für psychische Störungen, die Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung und für Schädigungen des Herz- und Gefäßsystems sowie Herz-Kreislaufkomplikationen.

Der Vorstand der BAJ stellt demzufolge die Frage, wie junge Menschen bei einer legalisierten Abgabe von Cannabis effektiv geschützt werden und fordert in diesem Zusammenhang:

  • Die anvisierte Entkriminalisierung des Besitzes von Cannabis bis zu einer festgelegten Menge muss auch für jugendliche Konsumentinnen und Konsumenten gelten.
  • Im Jugendschutzgesetz (JuSchG) muss analog zu den Bestimmungen zur Abgabe und Konsum von Alkohol und Tabak auch die Abgabe und der Konsum von Cannabis geregelt werden.
  • Verstöße gegen das Verbot einer Abgabe an Minderjährige müssen gesetzlich geregelt und sanktioniert werden.
  • Die Abgabe muss strengen Kontrollen unterliegen.
  • Eine Legalisierung darf keine Verharmlosung des Cannabiskonsums zur Folge haben, da die allgemeine Risikowahrnehmung von Cannabis in der Bevölkerung ansonsten zurückgehen könnte.
  • Es ist zu verhindern, dass Jugendliche bei der Beschaffung auf den illegalen Schwarzmarkt ausweichen – auf dem es keinen Jugendschutz gibt – und (synthetische) Substanzen konsumieren, deren Zusammensetzung unbekannt ist.
  • Um einer möglichen Zunahme des Cannabiskonsums und damit der Suchtproblematik entgegenzuwirken, müssen flächendeckende Aufklärungs-, Präventions- und Beratungsangebote finanziell abgesichert und langfristig angelegt sein. Die Risikokompetenz als auch die Handlungskompetenz Jugendlicher müssen gefördert werden.
  • Aus den zu erwartenden Steuereinnahmen des legalen Verkaufs ist ein prozentualer Anteil für präventive Maßnahmen des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe sowie für Beratungsangebote und Frühintervention bereitzustellen.
  • Die Forschung zu den gesundheitlichen und psychosozialen Folgen des Cannabiskonsums bei Kindern und Jugendlichen sowie den Risikofaktoren für die Entwicklung eines problematischen Konsums ist auszuweiten.
  • Die Evaluation von Modellprojekten und Präventionsmaßnahmen ist zu verstetigen.
  •  Ein Werbeverbot für die legale Abgabe von Cannabis und weiterer Produkte, die Cannabis enthalten, ist zwingend notwendig.

Fazit

Ein Policy-Mix aus Verhaltens- und Verhältnisprävention bildet die Grundlage eines erfolgreichen Kinder- und Jugendschutzes – auch bei der Freigabe von Cannabis! Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e.V. (BAJ) appelliert an die Politik, den Jugendschutz ernst zu nehmen und entsprechende Präventions-, Beratungs- und Interventionskonzepte in der Kinder- und Jugendhilfe verbindlich zu verankern.

Sie fordert unbedingt flächendeckende Präventions- und Beratungsangebote als Maßnahmen des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes einzurichten. Diese müssen Aufklärung, Prävention, Früherkennung und Frühintervention umfassen und aus den zu erwartenden Steuereinnahmen ausreichend finanziert werden.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz steht mit ihren Mitgliedsverbänden und einer jahrzehntelangen Expertise in der Suchtprävention und dem erzieherischen Kinder- und Jugendschutz für die weitere Diskussion zur Verfügung und wird die Debatte kritisch begleiten. Dieser muss sowohl auf politischer, gesellschaftlicher und fachlicher Ebene fortgesetzt werden, um Kinder und Jugendliche auch zukünftig wirksam zu schützen.

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