Heute hat die EU-Kommission verkündet, Deutschland in einem weiteren Naturschutzfall vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu bringen. Es geht um den unzureichenden Schutz von artenreichen Mähwiesen in FFH-(Fauna-Flora-Habitat-)Gebieten, die Teil des EU-Schutzgebietsnetzes Natura 2000 sind. Nach EU-Recht darf sich der Zustand der geschützten Arten und Lebensräume in diesen Gebieten nicht verschlechtern. In den deutschen FFH-Gebieten sind jedoch rund 18.000 Hektar Mähwiesen verschwunden; in Berlin betrifft die EU-Klage die Schutzgebiete Tegeler Fließtal, Spandauer Forst, Falkenberger Rieselfelder, Pfaueninsel und Grunewald.

Schuld daran ist in den Berliner FFH-Gebieten vor allem intensive Nutzung, aber auch die Umwandlung von Grünland in Acker sowie Überdüngung und Pestizideinsatz. Schon lange beobachten Umweltverbände die Übernutzung der Schutzgebiete mit Sorge. Hierbei sind vor allem Müll, Trampelpfade, Wildcamper oder freilaufende Hunde ein Problem. Eine Aufstockung des Personals in den Naturschutzbehörden ist zwingend notwendig. um eine angemessene Pflege und das Monitoring der FFH-Gebiete zu gewährleisten.

Dazu Juliana Schlaberg, Naturschutzreferentin des NABU Berlin: „Die heutige Ankündigung der EU-Kommission ist ein klarer Appell sowohl an den Bund als auch an unseren künftigen Senat, das Thema Naturschutz ernst zu nehmen. Im Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Rot spielt der Naturschutz leider fast keine  Rolle, aber immerhin versprechen die Parteien,  den Naturschutz personell zu stärken. Das begrüßen wir ausdrücklich und fordern konkret mindestens zehn neue Stellen für die Oberste Naturschutzbehörde! Denn die EU-Kommission ist in ihrer Klage sehr klar: Neben Flächenverlust und der fehlenden Überwachung der Gebiete kritisiert sie vor allem, dass keine verbindlichen Schutzmaßnahmen wie Mahd- oder Düngebeschränkungen festlegt worden sind. Es muss den Politiker*innen klar werden: Wenn der Senat den Naturschutz jetzt nicht endlich konsequent anpackt, geht Berlin nicht nur seine Artenvielfalt verloren, sondern es wird auch richtig, richtig teuer!“

Bereits im Februar hatte die EU-Kommission Deutschland wegen unzureichendem Schutz der Natura 2000-Gebiete verklagt. Die weitere, heute angekündigte Klage geht auf eine NABU-Beschwerde aus dem Jahr 2014 zurück. 

Hintergrund 

Mähwiesen sind mit ihrer Vielfalt an Kräutern und blühenden Pflanzen ein wichtiger Lebensraum bedrohter Tiere,  zum Beispiel den Schmetterlingen Großer Feuerfalter und Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Der NABU drängt seit Jahren darauf, artenreiches Grünland besser zu schützen und Landwirt*innen dafür  ausreichend zu honorieren. In den letzten Jahrzehnten sind viele wertvolle Mähwiesen jedoch komplett verloren gegangen, oder ihr Zustand hat sich so stark verschlechtert, dass die typischen Pflanzenarten nicht mehr zu finden sind. 

Weitere Infos: 

Historie des Grünland-Verfahrens vom NABU
https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/landnutzung/landwirtschaft/artenvielfalt/lebensraum/28000.html 

Pressemitteilung der EU-Kommission zum Klageverfahren:
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_6263

Über NABU Berlin

Der NABU Berlin (Naturschutzbund Landesverband Berlin e.V.) ist ein Mitgliederverband. Über 20.000 Naturschützer*innen unterstützen die Arbeit des NABU Berlin, viele von ihnen engagieren sich in den zehn Bezirks- und acht Fachgruppen für den Erhalt der Natur und eine lebenswerte Umwelt. Weitere Informationen über den NABU Berlin finden Sie unter berlin.nabu.de.

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