Bei der Analyse der heutigen globalen Wirtschaftslage ist zu beachten, dass 2/3 des Welthandels über den Seeweg abgewickelt werden. Beim Kauf eines Produkts, sei es ein Hemd, eine Puppe oder ein Telefon, können wir sicher sein, dass diese Dinge oder einige der Teile in China hergestellt werden. Die Tatsache, dass sich der größte Teil der weltweiten Produktionskapazitäten in China befindet, beunruhigt sowohl Hersteller als auch Verbraucher.

In diesem Interview teilt Vladislav Martin, Leiter der Abteilung Bahncontainerverkehr China-EU bei der AsstrA-Associated Traffic AG, einige seiner Einblicke in die aktuelle Lage des globalen Transportmarktes.

Vor der Pandemie wurden die enormen Entfernungen, die Waren zu den Märkten zurücklegten, nicht berücksichtigt. Nur der Gewinn war wichtig. Inzwischen sind die Transportpreise jedoch rapide gestiegen und die Lieferzeiten verzögern sich ziemlich oft.

Seetransport

Vor der Pandemie kostete der Transport eines 40-Fuß-Containers von China nach Europa je nach Monat 1.400 bis 2.200 Dollar. Bis Ende 2021 stiegen die Kosten auf 15.000 Dollar. Diese Versandkosten reduzieren den Gewinn erheblich und Lieferzeiten sind oft nicht vorhersehbar. Außerdem herrscht akuter Containermangel. China ist der größte Warenexporteur der Welt, der Absatz des Landes übersteigt die eingekauften Rohstoffe deutlich. Vor der Pandemie kehrten Metallcontainer aus Europa leer nach China zurück, befüllt mit neuer Ware und wieder auf Schiffe verladen. Der Prozess war ziemlich einfach. Nun sitzen beladene Containerschiffe aufgrund ständiger Lockdowns oft in Häfen fest, was einen Mangel an Arbeitskräften mit sich bringt. Es gibt einfach niemanden, der sie entlädt, daher werden keine leeren Container mehr zurückgegeben. Zudem sind die Preise für neue Container in die Höhe geschossen. Nur drei chinesische Unternehmen transportieren den größten Teil der weltweiten Containerfracht per See. Außerdem mangelt es an Stahl.

Schienentransport

Als Reaktion auf Probleme im Seeverkehr begannen die Kunden massiv vom Schiff auf die Schiene umzusteigen. Unter normalen Bedingungen fährt ein Zug von China nach Polen 15-18 Tage. An chinesische Terminals mit einem ausgedehnten Gleisnetz wurde zusätzliches Rollmaterial geliefert, die lokalen Kapazitäten wurden nicht wesentlich beeinträchtigt. Über 70% der Eisenbahnexporte werden jedoch über den Kontrollpunkt Mandschurei-Sabaikalsk nach Kasachstan oder in die Mongolei geleitet, und dementsprechend hat sich aufgrund des Vorhandenseins nur eines Gleises ein riesiger Stau gebildet. Obwohl an der Grenze ein Umladen erforderlich ist, da die Breite der chinesischen Gleise 1.435 mm und die Breite der GUS-Gleise 1.520 mm beträgt, trägt dies nicht zur Reduzierung des Staus bei.

Autotransport

Das Unternehmen Ti Insight schätzt, dass die europäische Güterkraftverkehrsbranche im Jahr 2020 weniger als 400.000 Fahrer hatte. Laut Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (DSLV BGL) fehlten allein auf dem deutschen Markt im Jahr 2020 45.000 bis 60.000 Fahrer. In Großbritannien hingegen fehlen über 60.000 Fahrer, in Polen sind es 123.000. Ein solcher Mangel ist auf viele Faktoren zurückzuführen. Der wichtigste ist jedoch, dass die Arbeit von Fahrern oft mit Unberechenbarkeit, Verantwortung und mangelnder Regelmäßigkeit im Familienleben verbunden ist, die oft nicht durch hohe Löhne ausgeglichen werden.

Die aktuelle Situation auf dem Logistikmarkt ist eine „rote Karte“ für die Weltwirtschaft. Viele Unternehmen, die Produkte nach Europa exportieren, gründen oder bereiten den Aufbau lokaler Produktionsstätten vor. Allerdings gibt es am Ende der Lieferkette immer wieder Verbraucher, die mit erhöhten Wartezeiten und/oder Preisen unzufrieden sind. Diese Neujahrsfeiertage werden nicht billig sein.

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